Produktion: dagstarfilm Dagmar Niehage; Deutschland 2012 – Regie: Tina von Traben – Drehbuch: Tina von Traben, Rüdiger Bertram – Kamera: Ralf M. Mendle – Schnitt: Nicole Kortlüke – Musik: Markus Aust, Roman – Darsteller: Luise Risch (Patty), Marlene Risch (Selma), Tabea Willemsen (Lilo), Thekla Carola Wied (Besjana), Anneke Kim Sarnau (Frieda Frey), Smudo (Walther Frey) u .a. – Länge: 85 Min. – Farbe – FSK: o. A. – FBW: besonders wertvoll – Verleih: Farbfilm – Altersempfehlung: ab 8 J.
Als Opa Frey in den 50er-Jahren seine Imbissbude "Freys Feyner Imbiss" in Duisburg eröffnete, konnte er sich vor Kundschaft kaum retten, zumal niemand in der Stadt eine derart leckere Sauce zur Currywurst anbieten konnte. Ein gutes halbes Jahrhundert später ist die Sauce immer noch legendär, aber die Kundschaft bleibt aus. Frieda hat mit ihren drei Töchtern Patty, Selma und Lilo die Bude samt Geheimrezept von ihrem Vater geerbt, während ihr Bruder Walther leer ausging und sich ein Fast-Food-Imperium aufgebaut hat. Die Doppelbelastung von Imbissbude und Kindererziehung hinterlässt jedoch deutliche Spuren bei Frieda. Sie bricht zusammen und wird vom Arzt auf Kur geschickt. Patty, die älteste Tochter, soll unterdessen auf ihre beiden jüngeren Geschwister aufpassen.
Gerade in diesem Augenblick erhält sie das Angebot eines Starkochs für ein Praktikum. Damit könnte ihr Traum endlich in Erfüllung gehen, selbst einmal Starköchin zu werden. Selma und Lilo sind schwer enttäuscht von ihrer Schwester und versuchen nun alleine, die Imbissbude am Laufen zu halten. Die brennt durch einen Kurzschluss ab. Dank Besjana, einer älteren Schrottplatzbesitzerin, können die Kinder aber Ersatz organisieren – und mehr noch. Als der MSV Duisburg einen neuen Caterer für die Bewirtschaftung des Fußballstadions sucht, der in einem Wettbewerb vom Publikum entschieden werden soll, bewerben sich Selma und Lilo. Noch wissen sie nicht, dass auch ihr Onkel Walther am Wettbewerb teilnehmen wird. Ohne das Geheimrezept der Sauce hätte er zwar keine Chance, doch er erpresst Patty: Geheimrezept gegen Übernahme ihrer Ausbildungskosten als Köchin. Patty steht nun vor der schweren Entscheidung, ob sie nur an sich und ihre berufliche Zukunft denken soll, oder ob Familienehre und Tradition doch wichtiger sind.
Die Geschichte ist zwar in einigen Details etwas an den Haaren herbeigezogen, aber sie erfüllt die immer wieder erhobene Forderung an den deutschen Kinderfilm, sich neben gängigen Romanadaptionen endlich wieder originären Filmstoffen zuzuwenden, die der Alltagswelt von Kindern und Jugendlichen entsprechen und obendrein unterhaltsam sind. Tina von Traben hat für diesen Zweck so ziemlich alles in den Film einfließen lassen, was in den vergangenen Jahren im Kinderfilm Erfolg hatte. Das beginnt mit drei sehr verschiedenen Geschwistercharakteren, darunter der äußerst gewieften und schlagfertigen Jüngsten, setzt sich in dem unerschütterlichen Glauben fort, dass bereits Kinder in der Lage sind, sich mit existenziellen Fragen des Lebens auseinanderzusetzen und diese auch weitgehend ohne die Hilfe von Erwachsenen lösen zu können.
In formaler Hinsicht nimmt der auf gute Unterhaltung abzielende Film Anleihen bei Filmen wie etwa "Mondscheinkinder" mit der Einbindung von animierten Trickfilmsequenzen, die auf adäquate Weise die subjektive Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonisten vermitteln. Entscheidend ist allerdings, dass der Film nicht als bloßes Sammelbecken von Ideen und Vorbildern wirkt, sondern zu einem stimmigen Ganzen zusammenwächst. Er ist atmosphärisch dicht erzählt und authentisch in den Grundkonflikten. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt den drei jungen Hauptdarstellerinnen, wobei Luise und Marlene Risch als die älteren Schwestern auch im wahren Leben Geschwister sind. Die Idee zu ihrem Film kam der Regisseurin nach der Geburt ihres ersten Kindes im Traum. Besorgt um das Wohl ihres Neugeborenen, begann sie sich zu fragen, was passiert, wenn sie nicht in der Lage wäre, sich um ihr Kind zu kümmern. Bis aus dieser Idee allerdings ein Film wurde, vergingen mehrere Jahre mit zahlreichen Drehbuchfassungen, bei denen ihr der Kölner Kinderbuchautor Rüdiger Bertram als Koautor zur Seite stand.
Holger Twele
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 134-3/2013 - Interview - "Gegen den Werbedruck der Blockbuster kommen wir nicht an"
KJK 131-3/2012 - Interview - Schade, dass nicht mehr Originaldrehbücher im Kinder- und Jugendbereich verfilmt werden
Inhalt der Print-Ausgabe 131-3/2012
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