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Ausgabe 118-2/2009

MAI MAI MIRACLE

MAI MAI SHINKO TO SENNEN NO MAHO

Produktion: Madhouse; Japan 2009 – Regie: Sunao Katabuchi – Drehbuchvorlage: "Mai Mai Shinko" von Nobuko Takagi – Anime – Länge: ca. 80 Min. – Farbe – Kontakt: Shochiku Co., Ltd., www.shochikufilms.com / e-mail: ibd@shochiku.co.jp – Altersempfehlung: ab 8 J.

Ein Anime, das durch eine Parallelmontage die Alltagsrealität von Kindern mit einer Fantasywelt geschickt verbindet. Es geht um Zeit und Zeitgeschehen, um Gegenwart und Vergangenheit, um Tradition und Moderne, um Klassengegensätze und Freundschaft. "Mai Mai Miracle" ist auch ein Film über eine unbeschwerte Kindheit, zu der neben schönen Dingen auch traurige und schmerzhafte Erinnerungen gehören. Die Handlung ist angesiedelt in Kokuga, Hofu City, Yamaguchi Prefecture im Jahr 1955. Eine berauschend schöne Landschaft und eine kleine Stadt mit liebenswerten Menschen. Das Kriegsende liegt zehn Jahre zurück, der Wiederaufbau verändert das Land. Die kleine, achtjährige Shinko, ein phantasiebegabtes Schulmädchen, wächst in enger Verbindung mit der Natur auf. Ihr Großvater Kotaro versorgt sie mit all dem Wissen, das man für das Landleben braucht. Zuhause sind noch Shinkos Mutter und ihre fünfjährige Schwester Mitsuko. Wie alle kleinen (Film)Schwestern ist sie eine Nervensäge. Doch wenn es ernst wird, sind alle um sie rührend besorgt.

Kotaro erzählt Shinko viel vom Jahrhunderte zurückliegenden Leben: von der Heian Zeit (794 bis 1185), die als Höhepunkt der japanischen Kultur gilt und in der die Künste, vor allem Dichtung und Literatur, ihre Blütezeit hatten. Von Kotaro erfährt Shinko vom Leben und Umfeld der (seinerzeit) mit ihr gleichaltrigen Nagiko. (Hinter diesem Namen verbirgt sich Sei Shonagon – auch: Seisho Nagon; ca. 966-1017 – eine der berühmtesten japanischen Poetinnen der Heian Periode. Heian: auf Japanisch = Frieden und Ruhe.) In ihrer Phantasiewelt geht Shinko (als "Mai Mai") oft zurück in diese Zeit. Im Film werden beide Ebenen zeichnerisch miteinander verbunden, was zu reizvollen Kontrasten führt, denn Nagiko leidet darunter, dass sie von einem höfischen Ambiente umgeben ist und nicht mit anderen Kindern spielen darf. Darüber kann sich Shinko nicht beschweren. Sie ist gerne mit anderen Kindern zusammen. Kiiko, die neue Mitschülerin, wird ihre beste Freundin. Sie ist mit ihrem wohlhabenden Vater von Tokio nach Kokuga gezogen. Es ist nicht leicht für sie, sich in die neue Umgebung einzugewöhnen. Shinko hilft ihr und aus dieser Begegnung entwickelt der Film – neben den visuell eindrucksvoll vermittelten Parallelen – einen weiteren Kontrast: der Unterschied zwischen dem vergleichsweise kargen Leben auf dem Lande und einem großstädtischen Lebensstil mit all den technischen Errungenschaften. Wie in einem Bilderbuch erzählt der Film mehrere kleine, alltägliche Geschichten, in deren Mittelpunkt ein von den Kindern gestauter Bach steht, der zu ihrem Spielplatz wird. Die Veränderung ihrer natürlichen Umgebung erleben die Kinder hautnah mit – Erfahrungen, die der Film auf angenehme Art vermittelt: das Erlebnis von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Denn auch in der Parallel-Handlung wird kurz angedeutet, wie es fünfhundert Jahre zuvor dort aussah. Das Geschehen ist für die Alters-Zielgruppe angemessen erzählt und inszeniert, dabei fern aller pädagogischen Zeigefinger und bleibt immer auf Seiten der Kinder, ebenso amüsant wie humorvoll.

"Mai Mai Miracle" ist die perfekte Umsetzung der literarischen Vorlage "Maimai Shinko" (2004) von Nobuko Takagi (geb. 1946), eine mehrfach mit Preisen und Auszeichnungen bedachte Schriftstellerin. Durch ihr emotional anrührendes Buch gewinnt der Film an Charme und ist erneut eine gelungene Produktion von Madhouse, das zu den anerkannten Animations-Studios gehört ("Das Mädchen, das durch die Zeit sprang" u. a.) Der Regisseur Sunao Katabuchi lernte sein Handwerk bei Hayao Miyazaki und wirkte bei der TV-Serie "Black Lagoon" mit. Nicht nur die japanischen Kinder erfahren in "Mai Mai Miracle" mehr über die traditionelle Kunst- und Kulturgeschichte und ihre Einflüsse auf das Filmschaffen, sondern auch die erwachsenen Zuschauer hierzulande.

Horst Schäfer

 

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Ausgabe 118-2/2009

 

Inhalt der Print-Ausgabe 118-2/2009|

Filmbesprechungen

AFTERSCHOOL| DAS ANDERE UFER| CAPTAIN ABU RAED| ICH SCHWÖR'S, ICH WAR'S NICHT!| DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA| DAS MÄDCHEN| MAI MAI MIRACLE| MARY AND MAX| MAX PEINLICH| MY SUICIDE| NILOOFAR| PLANET CARLOS| PONYO ON THE CLIFF BY THE SEA| PRINZESSIN LILLIFEE| SIEBEN TAGE SONNTAG| SNOW| VORSTADTKROKODILE|

Interviews

Begic, Aida - "Man konnte uns töten, uns aus unserem Leben werfen, aber nicht unseren Geist, unsere Kraft, unsere Würde nehmen." | Campos, Antonio - "Jeder Film ist ein eigenständiges Kunstwerk und erfordert ein eigenes Gefühl"| Duffy, Martin - "Für mich gibt es schon einen Unterschied zwischen einem Kinderfilm und einem Familienfilm"| Falardeau, Philippe - "Ich habe wirklich viel gelernt bei der Sektion Generation und dafür bin ich sehr dankbar!" | Hailer, Thomas - "Das Land Eden für den Kinderfilm gibt es nicht"| Helfricht, Christian - Gespräch mit Christian Helfricht, dem Begründer der Initiative "Schule & Film"| MIller, David Lee - "Diese wunderbare 'Suicide'-Familie"| Ovashvili, George - "Ich habe diesen Film meiner unglücklichen Heimat gewidmet." | Overweg, Calle - "Den sozialen Betroffenheitsfilm kann man Kindern nicht anbieten"| Sonnenschein, Sabine und Joachim Steinigeweg - "Unser Anspruch war immer, nicht nur das zu zeigen, was sowieso schon in den Kinos zu sehen ist"|


KJK-Ausgabe 118/2009

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