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Ausgabe 87-3/2001

Animation für die ganze Familie

Ein Gespräch mit Eberhard Junkersdorf über europäisches Animationskino, seine Munich Animation GmbH und den Film "Hilfe! Ich bin ein Fisch"

(Interview zum Film HILFE! ICH BIN EIN FISCH)

Mit seiner 1995 gegründeten Firma Munich Animation landete Produzent Eberhard Junkersdorf gleich zu Beginn einen satten Erfolg: "Die furchtlosen Vier" erhielt 1997 den Bayerischen Produzentenpreis und kam beim Publikum glänzend an. Zwei Jahre später kam, nicht in gleicher Weise erfolgreich, "Tobias Totz und sein Löwe" in die Kinos. Das Studio ist spezialisiert auf 2D-Animationen und 3D-Computergrafik. "Hilfe! Ich bin ein Fisch" ist die dritte Produktion der Munich Animation, koproduziert mit Dänemark und Irland.

KJK: Zeichentrickfilme verbindet man schon längst nicht mehr nur mit dem Namen Disney. Dennoch haben Animationsfilme in Deutschland nicht gerade eine immense Tradition. Was ist anders als in Amerika, wenn man hierzulande Zeichentrickfilme macht?
Eberhard Junkersdorf: "Der Aufwand. Wir müssen uns hier ebenfalls dem Markt stellen mit Produkten, die ein Vielfaches von dem kosten, was die Amerikaner in der Lage sind auszugeben. Das heißt, wenn man die gleiche Qualität zu machen versucht, muss man sich genau überlegen, wie man das macht. Das ist nicht ganz einfach, denn man muss ja gewisse Dinge einhalten. Man braucht Fachkräfte, Animatoren, die in der Lage sind, auch die Techniken in der Qualität abzuliefern, die notwendig ist, um auf der Leinwand standzuhalten. Man muss eigenständige Geschichten finden, die nicht von den Disney-typischen Amerikanismen geprägt sind wie zum Beispiel fünf bis sechs meist gar nicht handlungsfördernde Songs. Bei 'Hilfe! Ich bin ein Fisch' kam es uns im Look der Figuren gezielt auf bewusste Eigenständigkeit an."

Warum kann der Kostenaufwand hier kleiner gehalten werden – weil in Amerika ungleich viel mehr Leute an einem einzigen Film beschäftigt sind?
"Das ist der Hauptpunkt. Mehr Leute sind beschäftigt und die einzelnen Erwartungen, die man an sie betreffs des Outputs stellt, sind viel geringer. Bei denen geht man davon aus, dass ein Animator drei oder vier Sekunden im Monat macht. Bei uns werden 15 bis 20 Sekunden im Monat von einem Animator animiert. Außerdem sind die Entscheidungswege in Amerika viel länger. Bei uns gibt es einen Regisseur, einen Animation Director und einen Produzenten – zwischen den dreien wird sozusagen ausgemacht und festgehalten, wie die Sache umgesetzt wird. Ich kenne ein Beispiel, da hat Amerika Aufträge vergeben an ein großes Studio in Europa, das dann ein Dreivierteljahr auf Anweisungen gewartet hat, was gemacht werden sollte. Bei der amerikanischen Produktion konnte man sich nicht auf eine gewisse Strichstärke einigen."

Wie viele Leute waren beim "Fisch" beschäftigt?
"Wenn man alle zusammenzählt – 500. Die sind jedoch nicht über den ganzen Zeitraum beschäftigt, denn es sind ja unterschiedliche Abteilungen. Es fängt damit an, dass man die Sprache aufnimmt, die Figuren entwickelt, ein Storyboard und dann die Layouts gemacht werden. Wenn die eine Abteilung fertig ist, kommt die nächste dran. Dann steigen die Animatoren ein etc. Zum Schluss wird es dann ganz heftig mit dem Personalaufwand, wenn es in die Großproduktion geht und darum, den Figuren und den Landschaften Farbe zu geben. Danach folgt das Compositing, die digitale Kamera. 400.000 Zeichnungen entstehen und wandern durch viele Hände, bis sie schließlich gescannt und digital weiterverarbeitet werden. Das ist zigmal teurer als ein Realfilm, weil schon die Herstellungszeit viel länger ist."

Ist der Regisseur von Anfang an dabei, wenn man so eine Herstellungszeit von zwei Jahren rechnet?
"Ja, der sollte von Anfang an dabei sein. Er kann zwar noch einsteigen, wenn das Buch da ist und die Figuren feststehen. Aber wenn man die Dialoge aufnimmt und ins Studio geht – da entsteht die Basis für den Film, da sollte der Regisseur dabei sein."

Hat er Einfluss darauf, wie die Figuren aussehen sollen?
"Das wird ihm vorgegeben von dem Character-Designer, der entwickelt sie und zeigt sie auch in all ihren Bewegungsmöglichkeiten, den 'turn-arounds'. Veränderungen kann der Regisseur da noch beeinflussen, aber wenn sie entworfen sind, hat jeder Animator eine bestimmte Vorlage. Die Animatoren sind die eigentlichen Schauspieler, sie bringen die Figur zum Leben – oft haben sie einen Spiegel vor sich, spielen sich die Szenen vor und zeichnen nach ihren Grimassen."

"Hilfe! Ich bin ein Fisch" wollen Sie auch nach Amerika verkaufen?
"Der Film ist natürlich für ein internationales Publikum hergestellt. Gekostet hat er etwa ein Fünftel eines Disney-Films. Die US-Animationsfilme liegen bei 80 Millionen Dollar Herstellungskosten. Für jeden fremden Animationsfilm ist es in Amerika nicht leicht, denn dort ist die Wiege des Genres, werden viele Zeichentrickfilme produziert."

Sehen Sie Animationsfilme eigentlich nur für Kinder und die Familien oder auch für Erwachsene?
"Von dem Animationsfilm für Erwachsene, in den sie ihre Kinder mitnehmen können, träumt jeder. Es gibt Versuche in dieser Richtung, aber sie haben bisher nicht richtig funktioniert. Wichtig ist es vor allem, die Schiene Family zu erreichen. Das haben wir mit dem 'Fisch' versucht: Es gibt einen aktuellen Bezug im Thema des Films, denn es geht um Klimaveränderung in der Welt, das Abschmelzen der Eisberge, das irgendwann mal dazu führt, dass wir in unseren Städten mit dem Boot fahren können. Dann könnten wir vielleicht auch die Unterwasserwelt entdecken wie im Film, müssten nur die beiden Flaschen mit den Zauberdrinks dabei haben, dass man rechtzeitig vom Fisch wieder zum Menschen werden kann. Keine schlechte Vorstellung, oder?"

"Hilfe! Ich bin ein Fisch" ist eine europäische Koproduktion. Was ist Ihr Anteil, Ihre Aufgabe als Produzent gewesen?
"Ich bin in so einem Fall, als Produzent mit zwei Co-Partnern, dafür verantwortlich, dass ich den Teil, der in Deutschland stattfindet, durch entsprechende Bereitstellung von Personal, Künstlern etc. abdecke. Vorher wird natürlich abgesprochen: Wer übernimmt was? Ich habe also gesagt: Wir machen soundso viel von der Animation, die gesamte Postproduktion, das Kopierwerk hier. Dafür bin ich dann auch für die Durchführung verantwortlich – das ist ein ganz normales Procedere wie bei jedem anderen (Real-)Film. Wir haben uns beim 'Fisch' auch geeinigt, dass jeder ein bestimmtes Budget hat und dafür allein verantwortlich ist. Geht er drüber, ist auch das seine alleinige Verantwortung."

Gibt es schon ein nächstes Projekt?
"Ja, einen Animationsfilm angelehnt an Till Eulenspiegel, ein großes Thema, das auch sehr witzig werden soll. Wir haben aber auch Einiges dazu erfunden. Mit einem Autor in Amerika habe ich das Buch geschrieben, Chris Vogler, der auch bereits in München Drehbuchkurse geleitet hat."

Mit Eberhard Junkersdorf sprach Frauke Hanck

 

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