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Ausgabe 95-3/2003

"Das Buch hat der Wind geschrieben und die Zeit korrigiert"

Gespräch mit Joo Kyung-Jung, Regisseur des südkoreanischen Spielfilms "Kleiner Mönch"

(Interview zum Film KLEINER MÖNCH)

KJK: Wie lange haben Sie an diesem, Ihrem ersten Spielfilm gearbeitet?

Joo Kyung-Jung: "Von der Planung bis zur Fertigstellung nicht weniger als sieben Jahre, was daran lag, dass die Finanzierung immer wieder gefährdet war. Geplant waren sechs Monate. Mit dem Drehen angefangen haben wir 1999 und fertig wurden wir 2002."

Ein fast unmögliches Unterfangen, wenn die Hauptrolle von einem Kind gespielt wird.
"Ja. Als wir anfingen, war Kim Tae-Jin neun Jahre alt und meine ständige Sorge war, dass er zu schnell wächst. Andererseits ist er ein so talentierter Schauspieler. Wenn ich ihm gesagt habe, was er machen soll, klappte es meistens auf Anhieb. Wenn nicht, versuchte er beim zweiten Versuch etwas anderes aus sich herauszuholen, so dass er niemals dasselbe machte. Sein Spitzname war 'Tränenautomat', weil er von jetzt auf gleich echte Tränen vergießen kann. Es war wirklich ein großes Glück, dass ich Tae-Jin 3 Tage vor Drehbeginn unter 1500 Bewerbern herausgefunden habe. Eigentlich ist es ja auch eine Riesendummheit, aus einem solchen Thema einen kommerziellen Film machen zu wollen, obwohl es sich letzten Endes wohl auch noch rechnet. Zur Premiere (April 2003) startet der Film gleichzeitig in 100 Kinos bei uns."

Wie kam es überhaupt dazu?
"Vor sieben Jahren starb meine Mutter. Sie war 60, eigentlich kein Alter, und während sie im letzten Stadium ihrer Krebserkrankung im Krankenhaus lag, konnte ich nichts für sie tun, nur dasitzen, rauchen und mich nach meiner Mutter verzehren. Da fiel mir Ham Se-Deoks Theaterstück 'Kleiner Mönch' ein und ich beschloss, daraus einen Film zu machen."

Gibt es da große Unterschiede?
"Das Theaterstück beschränkt sich auf den einen Tag, an dem die Mutter kommt, um die Todeszeremonie für ihren Sohn zu vollziehen. Mein Film umfasst drei Jahre. Ich habe die kleine Freundin von Do-Nyeom eingefügt, auch die Gewissensbisse des jungen Mönches und dabei, gestehe ich, habe ich ein Zugeständnis an das Kommerzielle gemacht, indem diese erotischen Ursprungs sind. Der autoritäre alte Meister bekommt bei mir menschlichere Züge, gelegentlich sogar Anwandlungen wie ein Großvater. Also, ich habe etwa siebzig Prozent verändert und bis zur letzten Minute Korrekturen und Veränderungen vorgenommen. Jeder Einfall wurde sofort notiert. Ein Bekannter von mir hat gesagt: 'Das Drehbuch hat der Wind geschrieben und die Zeit korrigiert.' Heute muss ich sagen, dass die Dreharbeiten für mich zwar eine wirkliche Schinderei waren, aber dass ich an der Arbeit menschlich gewachsen bin. Jetzt kann ich mich zurücklehnen und mir diesen Film in Ruhe anschauen und mit dem Ergebnis bin ich wirklich sehr glücklich."

Ist es für Sie auch ein religiöser Film?
"Nein, ich wollte keinen Religionsfilm über Buddhismus drehen – dafür fände man auch nicht viel Publikum. Aber es sind nun mal rund fünfzig Prozent der Koreaner Buddhisten und das ist in vielen Kleinigkeiten des Alltags zu spüren. Ich selbst bin auch Buddhist, aber nicht sehr fromm. Ich gehe nicht regelmäßig in den Tempel, aber ich mag diese Religion und denke häufiger über sie nach. Tae-Jin ist übrigens Christ und seine Mutter hatte anfangs Angst, ihn einen buddhistischen Mönch spielen zu lassen."

Woher kommen Sie eigentlich?
"Ich entstamme dem bäuerlichen Mittelstand und wurde 1959 in Soon-Cheon, einem kleinen Bergdorf im Süden des Landes, geboren. Ich habe Hindi studiert und wollte ursprünglich Romane schreiben, habe aber mit 20 Jahren beschlossen, Filme zu machen, einen Filmclub gegründet und verschiedene Kurzfilme inszeniert. Mein Motiv war, mit anderen kommunizieren zu können und das kann man besonders gut mit dem nicht sprachgebundenen Medium Film. Indem ich einem Publikum meine Träume und Gedanken präsentiere, erschließt es mir durch seine Reaktion wiederum neue Welten."

Die Landschaftsbilder in Ihrem Film sind geradezu schmerzhaft schön ...
"Das war ein Geschenk von mir an das Publikum. Damit der Film durch sein langsames Tempo und die statischen Bilder nicht langweilig wird, habe ich versucht, so viel schöne Landschaft wie möglich einzufangen. Der Tempel steht übrigens an drei Drehorten. Das Innere in Andung, mitten in Südkorea. Dieser Tempel ist sehr schön gelegen und dafür berühmt, dass Queen Elizabeth ihn besucht hat. Den Eingang findet man ganz im Süden des Landes, am Meer, und die Winterszenen haben wir in einem Tempel im Norden gedreht."

Korea ist im Umbruch. Das gilt für Nord- wie Südkorea. Auch in Ihrem Film geht es um Aufbruch und Neuanfang, um Leute, die weggehen. Wollten Sie damit auch die Situation Ihres Landes schildern oder ist das eher unbewusst geschehen?
"Nein, absichtlich habe ich nicht versucht, die koreanische Gesellschaft zu spiegeln, aber ich glaube schon, dass die sehnsüchtig erwartete Mutter ein Symbol für vieles darstellt: für den Buddhisten Buddha, für den Hungernden das Brot, für die im Krieg befindlichen Länder den Frieden und für ein geteiltes Land wie Korea die Wiedervereinigung."

Mit Joo Kyung-Jung sprach Uta Beth

 

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