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Ausgabe 57-1/1994

LIVES IN HAZARD

Produktion: Edward James Olmos, Andy Young & Susan Todd, USA 1993 – Regie und Buch: Andy Young & Susan Todd – Kamera: Andy Young – Schnitt: Jonathan Oppenheim – Musik: Ted Kuhn, Ed Walsh – Erzähler/Kommentator: Edward James Olmos – Länge: 57 Minuten – Farbe – Altersempfehlung: ab 14 J.

"Filme über das Leben zu machen, habe ich durch die Begegnung mit Robert M. Young gelernt", sagt Hollywoodstar Edward James Olmos, der ebenso aus den Barrios stammt wie die Hauptpersonen des von ihm produzierten Dokumentarfilms "Lives in Hazard". Die Autoren oder in diesem Falle besser: Filmmakers sind Andy Young, Sohn von Robert M. Young, und Susan Todd – und dieses Familienunternehmen atmet leidenschaftliches, totales Engagement. Young und Todd sind mit Kamera und Mikrophon jugendlichen Kriminellen in Los Angeles auf der Spur, Latinos bzw. Chicanos aus den Barrios der kalifornischen Riesenstadt, aus denen Olmos, Sohn mexikanischer Einwanderer, selbst stammt.

Alles begann mit den Dreharbeiten von Olmos' Spielfilm-Regiedebüt "American Me", 1992 beim Filmfestival in Cannes, aber nie in deutschen Kinos zu sehen. Echte jugendliche Banden-Mitglieder holte der seit Jahren speziell in diesem Milieu aktiv sozial engagierte Schauspieler vor seine Kamera, um seine Gangsterstory über die mexikanische Mafia vor Ort im gefährlichen Osten von L.A. drehen zu können. Auf einige dieser jungen "Selbstdarsteller" konzentrierte sich damals bereits, im Sommer 1991, das Interesse des Dokumentarfilmer-Paares Young und Todd. Sie filmten die jungen Frauen und Männer, kaum der Pubertät entwachsen, in den Drehpausen und privat, unterhielten sich mit ihnen, gewannen allmählich ihr Vertrauen und konnten schließlich erschütternde Einzelheiten über ihr Leben erfahren. Warum die Straße ihr Zuhause ist, warum sie von der Gewalt magisch angezogen sind, warum das Gefühl der Achtung vor Menschenleben bei ihnen gestört ist, warum sie keine Perspektiven und Hoffnungen sehen – dies alles wird natürlich nie direkt verbalisiert, sondern setzt sich mosaikartig zwischen den Zeilen und oft auch zwischen den Bildern zu beängstigender Realität zusammen.

Mit der klassischen Methodik des Dokumentarfilms verfolgen Young und Todd Entwicklungen, das heißt: Sie bleiben den für sie interessantesten jugendlichen Delinquenten auf der Spur noch weit über ein Jahr lang. Und das Erschütternde ist, dass für die meisten dieser Jugendlichen die Spirale in die immer schwerer wiegende Kriminalität nicht mehr aufzuhalten ist. Aus dem Teufelskreis kommen sie nicht mehr heraus. "Diese Kids gehen der Gewalt in die Falle", sagt Edward James Olmos. "Das ist weniger ein juristisches Problem als vielmehr das nur psychologisch und medizinisch zu behandelnde Phänomen eines mentalen Krankheitsbildes. Gewalt ist eine Sucht, die Spezies Menschen kann nicht genug davon kriegen. Seit den ersten Tagen der Menschheit, den ersten Beziehungen, gibt es den Machismo, diese männliche Gier nach Macht über Menschen, die Familie. Im Vater-Sohn-Konflikt setzt sich der Machismo in der Gegenreaktion der Kinder fort, die Lust und Spaß an der Gewalt entwickeln. Kinder töten Kinder heute, just for fun. In den Barrios der US-Cities hat dies angefangen und verbreitet sich von dort aus über die ganze Welt. Wir haben unsere Seele verloren. Eine tödliche Krankheit."

"Lives in Hazard" – der Titel bezieht sich auf ein Viertel in Los Angeles, aber in zweiter Ebene natürlich auch auf das Leben in riskanter Gefahr – ist dennoch kein pessimistischer oder gar nihilistischer Dokumentarfilm. Es gelingt den Autoren fast wider alle Logik der Erfahrung und Vernunft, trotz aller furchtbaren Tragik noch einen Schimmer von Hoffnung zu entdecken und zu nähren. Der totale Ausverkauf der Seelen hat noch nicht stattgefunden. Gegen diese drohende Katastrophe müssen wir uns mit aller Kraft zur Wehr setzen. Der Film "Lives in Hazard" kann uns dabei helfen.

Frauke Hanck

 

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