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Ausgabe 85-1/2001

EIN WINTER HINTER GOTTES RÃœCKEN

EGY TÉL AZ ISTEN HATA MÖGÖTT

Produktion: Magic Media, 47 Parallele / Magellan Production / Hungarian Television / RTBF / Nelka Films mit Förderung von Eurimages / CNC / MTM / Canal+; Ungarn / Frankreich 2000 – Regie und Buch: Can Togay – Kamera: Gabor Balog, Sándor Kardos – Schnitt: Agnes Ostoros, Marie France Poulizac – Musik: János Másik – Darsteller: Florance Pernel, Károly Eperjes, Marej Matejka, Anikó Lisztes, Dávid Szabó u. a. – Länge: 110 Min. – Farbe – 35mm – Altersempfehlung: ab 10 J.

In einem abgelegenen ungarischen Karpatendorf an der Grenze zur Slowakei leben die zehnjährigen Jungs Radi und Ladu in den 80er-Jahren als gute Freunde. Sie streifen durch die Umgebung oder beobachten die Lastwagen, die auf einer Landstraße die Berge durchqueren. Vor allem jedoch schauen sie sich gemeinsam Kinofilme an. Alle Dorfbewohner sind vom Kino begeistert und fiebern jeden Samstag der Filmvorführung entgegen. Eines Tages verunglückt der Motorrad-Kurier, der die Filmkopien aus der Ebene in die Berge fährt, tödlich. Die Kinder trauern um ihren Freund und dem kleinen Dorf fehlen die gewohnten Filmvorführungen. Als der Winter kommt und die Langeweile zunimmt, entdeckt der Dorfwirt, der auch das Kino betreibt, im Keller längst vergessene Stummfilmrollen. Er beauftragt Ladu, die Filmreste wieder nutzbar zu machen. Beim Zusammenkleben der Schnipsel hilft ihm Lina, die Frau des Wirts, die bisher auch die Filme vorführte. Ladu erfindet zu den stummen Bildfolgen neue Geschichten und fasziniert mit seinen phantasievollen Kommentaren die Gemeinde. Im Dorf, das eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten ist, geben sich die Bewohner gerne wieder ihren Kinoträumen hin. Doch dann versucht der Holzfäller Siniak, sich an Lina, für die er seit vielen Jahren heimlich schwärmt, heranzumachen. Ladu, der ein Herz für aufregende Melodramen hat, sieht eine Tragödie nahen.

Acht Jahre nach seinem ersten Spielfilm "A Nyaralo (The Summer Guest)" von 1991 schildert der ungarische Regisseur Can Togay, der 1955 in Budapest als Sohn eines aus der Schweiz eingewanderten türkischen Journalistenpaares geboren wurde, ein poetisches Dorfdrama weitgehend aus der Perspektive der beiden Jungen. Wie sich die Provinzler mit ihrem harten Los abplagen, in der Einöde dabei aber ein beschauliches Leben führen, das zeigt Togay mit großer Liebe zu den schrulligen Figuren. Mit erzählerischem Atem gelingt es Togay, der von 1963 bis 1969 in Leipzig Germanistik studierte und 1984 die Budapester Akademie der Darstellenden Künste mit dem Regiediplom absolvierte, einen provinziellen Mikrokosmos auf die Leinwand zu zaubern, dessen Passionen, Intrigen und Konflikte Jung und Alt rasch zu fesseln vermögen. Dass Togay unterschlägt, dass es in diesen Jahren auch in den abgelegensten Dörfern schon längst Fernsehen gegeben haben muss, fällt dabei jedoch nicht ins Gewicht.

Die politischen Ereignisse der Zeitenwende von 1989 in der fernen Hauptstadt werden nur angerissen; der Niedergang der kommunistischen Herrschaft macht sich ohnehin erst verspätet und zunächst auch nur indirekt im Alltag der Dörfler bemerkbar. Allerdings eröffnet die neue Freiheit am Ende einem der Jungs, von dem abgelegenen Dorf in die große weite Welt aufzubrechen. Mit der liebevollen Beschreibung der jugendlichen Kinobegeisterung knüpft der Regisseur unübersehbar an Guiseppe Tornatores "Cinema Paradiso" an, ohne indes in ein plattes Kopieren zu verfallen.

Togay, der seit 1973 auch als Schauspieler arbeitet und unter anderem in Werner Schröters "Malina" (1973) zu sehen war, erhielt für seine anrührende Dorfchronik, die mit französischer Finanzhilfe entstand, einen Spezialpreis der Großen Jury des Internationalen Filmfestivals im russischen Sotschi 2000.

Reinhard Kleber

 

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