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Ausgabe 87-3/2001

DIE STEINERNE BLUME

KAMENNY ZWETOK

Produktion: Studio Mosfilm, UdSSR 1946 – Regie: Alexander Ptuschko – Buch: Pawel Bashow, J. Keller, nach Motiven aus dem Buch "Die Truhe aus Malachit" von Pawel Bashow – Kamera: Fjodor Proworow – Musik: Leonid Schwarz – Darsteller: Wladimir Druschnikow (Meister Danilo), Elena Derewschtschikowa (Katja), T. Makarowa (Herrin des Kupferberges), A. Kelberer (Meister Prokopjitsch) u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe – Verleih: Progress Film-Verleih (35mm) – Altersempfehlung: ab 6 J.

Beim allerersten Internationalen Filmfestival in Cannes 1946 wurde dieses Märchen von Alexander Ptuschko mit dem Preis für den besten Farbfilm ausgezeichnet. Ptuschko, von dem auch das Produktionsdesign stammt, hatte sich bereits einen Namen gemacht als Regisseur von märchenhaften Stoffen und einem besonderen Blick und Talent für wirkungsvolle Tricks und Effekte. Bereits 1935 hatte er Aufsehen erregt mit seinem Marionettenfilm "Der neue Gulliver", der für die damalige Zeit mit einer geradezu revolutionären Technik arbeitete – einem Schauspieler und 1500 Puppen.

Das romantische Motiv der blauen Blume, utopisches Traumziel aller Kreativen mit der Sehnsucht nach den phantastischen surrealen Weiten jenseits der Grenzen der Realität, ist die thematische Wurzel des Märchens von der magischen Zauberkraft der steinernen Blume. Die Vorlage für Ptuschkos Film stammt aus der Sammlung von Volkssagen und Legenden aus dem Ural, die Pawel P. Bashow als "Die Truhe aus Malachit" herausgegeben hatte. Als Drehbuch-Koautor verarbeitete Bashow zwei Geschichten aus diesem Buch, und zwar nicht zu einem bloßen Kindermärchen, sondern im klassischen Sinne zu einer Story, deren Parabelcharakter Generationen übergreifend ist. "Die steinerne Blume" ist ein Film über die Kraft der Kunst, die Verführbarkeit des Künstlers, Ethos und Moral des Menschen und die Macht der Gefühle. Eine Geschichte von Identität und Liebe.

Mit das Schönste an Alexander Ptuschkos Film ist seine stilsichere Abstinenz von Folklore-Kitsch und verlogener Volkstümelei. Er schafft es – und dies jetzt sogar mehr als ein halbes Jahrhundert nach Entstehen des Films – im für uns fremden Brauchtum und dem Volksmärchencharakter absolut authentisch zu überzeugen. Dadurch hat der Film eine zeitlose Allgemeingültigkeit, eine Universalität und einen Zauber, der nichts von seiner Frische verloren hat, obwohl die Tricks und Spezialeffekte noch weit entfernt von heutiger Digital-Perfektion waren.

Die Kunst des Malachitschneidens, der Bildhauerei in Stein, beherrscht der leibeigene Meister Prokopjitsch in einer Bergwerkssiedlung im Ural wie kein anderer. Sein Lehrling Danilo erweist sich jedoch schon bald als ebenso gelehriger wie talentierter Schüler. Als der alte Meister für den Gutsherrn die bestellte Schatulle nicht vollenden kann, weil seine Kräfte versagen, stellt Danilo sie fertig und wird als Meister anerkannt. Die Gutsherrin gibt daraufhin einen steinernen Kelch in Form einer Blume bei ihm in Auftrag. Wie besessen arbeitet er monatelang daran und ist doch mit dem Ergebnis, im Gegensatz zu allen anderen, nicht zufrieden. Den eigenen Anspruch, die vergängliche Schönheit der Natur in Stein zu schlagen, sieht er nicht erfüllt – und folgt darum umso bereitwilliger den Verlockungen der Herrin des Kupferberges, die ihm in ihrem Reich die steinerne Blume zeigen will. Und tatsächlich schafft er dort eine ähnlich wunderbare Blume, die aber kein Mensch erblicken kann. Danilo gilt wegen seiner unerklärlichen und langen Abwesenheit bei den Dorfbewohnern schon bald als tot. Nur seine Verlobte Katja hat das sichere Gefühl, dass er noch unter den Lebenden ist. Ohne zu zögern macht sie sich auf den Weg zum Kupferberg und seiner Herrin, um Danilo aufzustöbern und in die Wirklichkeit zurückzuholen. Sie kann ihn aus dem Zauberbann erlösen – und alles, was sie und Danilo erleben, sind, wie sich herausstellt, nichts anderes als Prüfungen, die sie glücklicherweise alle beide bestehen. Die Wirklichkeit und das Happy End haben sie wieder.

Alexander Ptuschko, der 1973 im Alter von 73 Jahren starb, hat es wie kein zweiter russischer Regisseur verstanden, den Geist der Märchen- und Volkslegendenwelt auf das vitale menschliche Leben frei vom Ballast nationalen Pathos' zu übertragen. Ästhetisch und technisch hat er eine einzigartige Filmsprache gefunden, die viel von der Magie des großen Zauberers, aber auch von der Poesie des lebensklugen Dichters hat. Sein 1956 gedrehter und fast schon Monumental-Film "Ilja Muromez" über einen russischen Volkshelden des 11. Jahrhunderts ist so unvergessen wie "Die steinerne Blume" und lohnt ebenfalls ganz sicher eine filmhistorische Ausgrabung.

Frauke Hanck

 

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