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Ausgabe 59-3/1994

IN DEN STRASSEN DER BRONX

A BRONX TALE

Produktion: Tribeca, USA 1993 – Regie: Robert De Niro – Buch: Chazz Palminteri, nach seinem gleichnamigen Theaterstück – Kamera: Reynaldo Villalobos – Darsteller: Robert De Niro (Lorenzo), Chazz Palminteri (Sonny), Lillo Brancato (Calogero, 17 Jahre), Francis Capra (Calogero, 9 Jahre) u. a. – Länge: 121 Min. – Farbe – Verleih: Tobis (35mm)

Nach 25-jähriger Schauspielerkarriere im Filmgeschäft präsentiert Robert De Niro sein Regie-Debüt. Er erzählt die berührende Kindheits- und Jugendgeschichte des jungen Calogero in den 60er-Jahren, der in einem kleinbürgerlichen Elternhaus in der Bronx aufwächst. Der Vater Lorenzo arbeitet als Busfahrer und sorgt dafür, dass sein Sohn sich von den Gefahren der Straße fernhält, die Mutter führt traditionell den Haushalt. Eines Tages wird der Junge Zeuge, wie Sonny, der lokale Mafiaboss, einen Mann erschießt. Bei der polizeilichen Gegenüberstellung verrät ihn der Junge nicht. Aus Dankbarkeit sorgt Sonny dafür, dass der Kleine durch Botendienste Geld verdient, während Lorenzo ein finanzielles Angebot ausschlägt. Der Film macht einen Sprung von 1960 nach 1968: Calogero ist ein junger Mann, der sich beweisen und vom Elternhaus abnabeln will. Lorenzo wie Sonny üben als "Väter" Einfluss auf ihn aus. Calogero verfällt zusehends dem Charme und der Großzügigkeit seines Ersatzvaters, wirft seinem leiblichen Vater mangelnde Cleverness und fehlendes Geschäftsdenken vor. Beide Männer wollen ihn erziehen: Lorenzo zu einem anständigen Mitglied der Gesellschaft, Sonny zu einem Gewinner der Straße, der seinen eigenen Weg gehen und sich nicht durch seine Freunde, die er als Versager einstuft, beeinflussen lassen soll. Beide Väter ermahnen ihn, sein Talent nicht zu verschwenden. Als Calogero die beginnenden Rassenunruhen hautnah erlebt, seine Freunde in einer Straßenschlacht sterben sieht, erstmals zarte Bande zu einer Farbigen knüpft, beginnt er, über sein Leben nachzudenken. Der gewaltsame Tod seines Mentors bringt ihn – das ist das unausgesprochene Ende des Films – wohl auf den Pfad der Tugend zurück.

Robert De Niro, der sich zu Beginn stark an seinem Vorbild, den frühen Scorsese, orientiert ("Mean Streets", "Taxi Driver"), gewinnt im Verlauf des Films eine eigene Handschrift. Die drei Erzählstränge – Aufstieg der Mafia, beginnende Rassenkonflikte und eine schwierige Vater/Sohn-Beziehung – verknüpft er souverän zu einer nostalgisch-liebevollen Geschichte über das Erwachsenwerden. Für De Niro hat "diese nostalgische Geschichte viel mit unserem heutigen Leben zu tun. Die schlechte Saat von Gewalt geht nun in einer grässlichen Ernte auf. Aber ich versuche auch zu zeigen, dass Liebe und Freundschaft die besseren, wirksameren Mächte sind". Die Brüche zwischen italienischer Vorstadt-Idylle mitten in New York und Gewaltbereitschaft sind gewollt. Allerdings verzichtet De Niro weitgehend auf explizit dargestellte und ausgewalzte Gewaltszenen. Wenn beispielsweise Sonny mit ein paar Motorrad-Hippies brutal aufräumt, sieht man zwar die Knüppel schwingen und die Protagonisten winden sich am Boden, aber er badet nicht – wie viele seiner Kollegen – in Blut.

Gut gelungen ist ihm die Gegenüberstellung der beiden gegensätzlichen Vatertypen: Lorenzo als Exponent der arbeitenden Bevölkerung, der schuftet, um mit ein paar Dollars seine Familie zu ernähren – Sonny als "wise guy", ein dubioser Mafiosi, der mit schicken Autos und Anzügen das Leben in Luxus, den sozialen Aufstieg, symbolisiert. Sonny kann man nicht der Kategorie gut oder böse zuordnen, sondern er ist ein zutiefst menschlicher Bösewicht, der in seinem Milieu streng aber gerecht herrscht.

"In den Straßen der Bronx" erzählt vom Ende einer Kindheit in den 60er-Jahren, hat aber nicht nur nostalgische Aspekte, sondern auch einen Bezug zum heutigen Alltag. De Niro: "Mit Filmen verändert man nicht die Welt, aber man kann Gefühle und Gedanken zum Besseren stimulieren."

Margret Köhler

 

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