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Ausgabe 97-1/2004

LITTLE GIRL BLUE

Produktion: Dschoint Ventschr (Produzent: Samir) / Schweizer Fernsehen DRS / Teleclub AG/ SWR – Südwest Rundfunk; Schweiz 2003 – Regie: Anna Luif – Drehbuch: Anna Luif, Micha Lewinsky – Kamera: Eva Fleig – Schnitt: Myriam Flury – Musik: Balz Bachmann – Darsteller: Muriel Neukom (Sandra), Andreas Eberle (Mike), Marina Guerrini (Nadja), Alini Blaich (Isa), Mark Kuhn (Georg, Sandras Vater), Sabine Berg (Kathrin, Mikes Mutter), Michel Voîta (Leo, Mikes Vater), Bernarda Reichmuth (Irene, Sandras Mutter) u. a. – Länge: 82 Min. – Farbe – Verleih (Schweiz): Filmcoopi Zürich AG – Altersempfehlung: ab 14 J.

Was Hans-Christian Schmid für Deutschland ist, könnte vielleicht Anna Luif für die Schweiz werden: Jedenfalls versteht auch sie es in ihrem Erstlingswerk "Little Girl Blue" wie seinerzeit Schmid mit "Nach fünf im Urwald" hervorragend, mit jugendlichen Darstellern umzugehen, Jugendgefühle absolut authentisch, ungezwungen und stilsicher auf der Leinwand rüber zu bringen und mit einer eigenwilligen Coming-of-Age-Geschichte zu fesseln. Diese unterhält gleichermaßen Jung und Alt, erhält ihren besonderen Reiz aus der dramaturgisch genutzten Wechselbeziehung zwischen Eltern und Kindern.

Die 13-jährige Sandra ist mit ihren Eltern gerade erst in eine fremde Stadt gezogen und fühlt sich in der anonymen Vorortsiedlung noch sehr unsicher, zumal sich die Jugendlichen dort sehr reserviert ihr gegenüber verhalten. Trotzdem verliebt sie sich in den sexuell ebenfalls noch unerfahrenen 14-jährigen Mike, der im Haus gegenüber wohnt und der Schwarm aller Mädchen in der Schule ist. Besonders Nadja hat es auf ihn abgesehen und sie lässt nichts unversucht, um Mike ganz allein für sich zu gewinnen. Die schüchterne Liebe zwischen "der Neuen" und Mike wird aber zunächst von ganz anderer Seite bedroht, als sie zufällig beobachten, wie Mikes Mutter Kathrin sich mit einem fremden Mann trifft. Die beiden Jugendlichen können nicht wissen, dass Sandras Vater vor vielen Jahren einmal eine Beziehung mit Mikes Mutter hatte und sie die alte Liebe wieder aufleben lassen, nachdem sie sich nun erneut begegnet waren. Sandra weiß immerhin, dass es sich bei dem fremden Mann um ihren Vater Georg handelt. Aber sie traut sich nicht, das Mike zu sagen, nachdem dieser befürchtet, durch den Fremden werde seine Familie nach dem unverarbeitet gebliebenen Tod von Mikes Schwester wohl endgültig auseinander brechen.

Nadja nutzt einige Missverständnisse zwischen Mike und Sandra, die sich vor allem aus Sandras Geheimnistuerei ergeben, gnadenlos für ihre eigenen Zwecke und setzt sich zum Ziel, auf ihrer Geburtstagsparty mit Mike zu schlafen. Um das in letzter Minute zu verhindern, lockt Sandra Mike in das Wochenendhaus ihrer Eltern, in dem sich Mikes Mutter und ihr Vater heimlich zu einem gemeinsamen Wochenende getroffen haben. Als damit auch die Wahrheit über Sandras Vater ans Licht kommt, fühlt sich Mike hintergangen und wendet sich enttäuscht von Sandra ab. Dieser bleibt nur noch ein Ausweg, um Mike für sich zurück zu gewinnen.

Das gelungene Teenagerdrama aus der Schweiz wurde von dem bekannten Filmemacher Samir mitproduziert und von der 1972 als Kind ungarischer Eltern in Zürich geborenen Anna Luif inszeniert. Die tragikomische Geschichte ist formal geradlinig und einfach erzählt und lenkt die Aufmerksamkeit ganz auf die Nöte, Sorgen und Hoffnungen der Hauptfiguren, insbesondere der beiden pubertierenden Jugendlichen. Sie wirken durchweg sympathisch, sind sehr liebevoll gezeichnet und auch überzeugend gespielt. Von vielen oft schnell wieder vergessenen Filmen über Jugendgefühle und erste Liebeserfahrungen hebt sich dieser positiv ab. In teils sehr humorvollen Beobachtungen macht er sein Publikum zu Eingeweihten, die gegenüber den Hauptfiguren einen leichten Wissensvorsprung erhalten und so den tragischen Verwechslungen und Verstrickungen der Protagonisten auch eine lustige Seite abgewinnen können.

Zum anderen unterstreicht der Film durch die parallel erzählten Liebesgeschichten in zwei Generationen, denen hier sogar etwas Schicksalhaftes anhängt, den nicht unerheblichen und oft ignorierten Einfluss, den elterliche Beziehungsgeflechte auf das "Liebesleben" der Kinder haben. Das Schweizerdeutsch unterstreicht die Authentizität der Charaktere, mag freilich einer ungehinderten Verbreitung in den deutschsprachigen Ländern etwas im Weg stehen. In der Schweiz wurde dieser Film vom Publikum begeistert aufgenommen, zog in dessen Bewertung sogar mit amerikanischen Blockbustern wie "Nicht auflegen" oder "8 Mile" gleich und wurde vom US-Branchenblatt "Variety" als weit über dem Durchschnitt liegend gepriesen.

Holger Twele

 

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