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Ausgabe 101-1/2005

SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE

SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE

Produktion: Goldkind Film / Broth Film, in Koproduktion mit BR / SWR / arte; Deutschland 2004 – Regie: Marc Rothemund – Buch: Fred Breinersdorfer – Kamera: Martin Langer – Schnitt: Hans Funck – Musik: Johnny Klimek, Reinhold Heil – Darsteller: Julia Jentsch (Sophie Scholl), Fabian Hinrichs (Hans Scholl), Florian Stetter (Christoph Probst), Alexander Held (Robert Mohr), André Hennicke (Roland Freisler), Johanna Gastdorf (Else Gebel) u. a. – Länge: 116 Min. – Farbe – Verleih: X-Verleih – Altersempfehlung: ab 12 J.

München, Mitte Februar 1943. Die Geschwister Sophie und Hans Scholl, beide Studenten an der Ludwig-Maximilians-Universität, planen Unglaubliches – Deutschland ist im Krieg, Hitler regiert scheinbar widerstandslos, und entweder man zieht mit, oder man hält besser den Mund. Doch die Scholls bereiten mit den befreundeten Studien-Kommilitonen Christoph Probst, Alexander Schmorell und anderen eine Flugblatt-Aktion vor, in der sie zum Widerstand gegen das Nazi-Regime aufrufen. Sie sind eine kleine, private, konspirative Gruppe junger Menschen – "Die Weiße Rose". Als Hans und Sophie während der gerade laufenden Vorlesungen ganz allein sind, legen sie überall im Universitätsgebäude und im großen Lichthof ihre Flugblätter aus. An jede Säule, auf jeden Sims. Sie sind schon fertig und fast wieder aus dem Gebäude draußen, da meint Hans, sie hätten doch noch welche übrig. Als sie diese schließlich ganz oben verteilen und Sophie ihnen von der Brüstung einen Schubs gibt und die Blätter hinunter in den Lichthof schweben, just darauf die Vorlesungen vorbei sind und alle Türen aufgehen, da sieht sie der Hausmeister als erstes, eilt ihnen nach, hält sie fest, benachrichtigt die Gestapo. Es beginnen tagelange Verhöre durch den alle vernehmenden Gestapo-Beamten Robert Mohr, der Sophie mehr und mehr in die Enge treibt und sie schließlich mit Hans' Geständnis konfrontiert. Da erst wird auch sie geständig, versucht, alles auf sich zu nehmen, noch immer andere zu schützen, und steht zu dem, was sie tat. Am Nachmittag des 22. Februar 1943 wird Sophie Scholl hingerichtet, und mit ihr Hans Scholl und Christoph Probst. Mit dem Fallbeil. Ganz schnell. Vorher sehen sie sich noch einmal kurz. Ein letztes Mal. Nur einen Moment lang.

Im Februar 2005 ist es 62 Jahre her, dass Hans und Sophie Scholl hingerichtet wurden. Seither steht ihr Widerstand der "Weißen Rose" für eine der ganz wenigen Bewegungen, die gegen das Nazi-Regime aufbegehrten – neben Georg Elser und dem Attentat vom 20. Juli, und vielleicht auch neben dem jahrzehntelang nahezu tabuisierten Frauenaufstand in der Berliner Rosenstraße, den Margarethe von Trotta 2003 filmisch umsetzte. Zwei wesentliche Filme zum Phänomen der "Weißen Rose" gibt es bisher, Percy Adlons "Fünf letzte Tage" und "Die weiße Rose" von Michael Verhoeven – beide übrigens 1982 entstanden, und beide mit der wunderbaren Lena Stolze in der Rolle der Sophie Scholl.

Nun hat Marc Rothemund (Jahrgang 1968) "Sophie Scholl – Die letzten Tage" gedreht, ein Regisseur, der selbst der Nachkriegs-Generation nicht mehr angehört, die Zeit also nicht mehr selbst erlebt hat, ihr aber auch unbefangen gegenüber steht. Schon dreimal hat er Drehbücher von Fred Breinersdorfer verfilmt, "Sophie Scholl – Die letzten Tage" ist nun die vierte Zusammenarbeit und es ist gewiss beider beste. Das Buch basiert – sofern dies rekonstruierbar ist – auf Authentischem, auf Historischem, etwa auf den originären Vernehmungsprotokollen der Gestapo. Das sind vor allem die Aufzeichnungen jener Verhöre, die der Beamte Mohr mit Sophie führte. Protokolle, die bis zur Auflösung der DDR unzugänglich waren und erst seit 1990 einsehbar sind. Bis dahin saß man fest im SED-Parteiarchiv darauf. Der Film hält sich an diese Protokolle und zeigt lediglich die letzten sechs Tage im Leben von Hans und insbesondere Sophie Scholl.

Rothemund und Breinersdorfer konzentrieren sich auf Sophie und auf die Vernehmungen durch Mohr, zeigen sie allein und zeigen die zynische Verurteilung durch Richter Roland Freisler, dem André Hennicke ("Toter Mann") etwas ungeheuerlich Diabolisches verleiht, mit einer kaum zu ertragenden Stimmlage Freislers. Überhaupt, diese Schauspieler, diese schon beinahe nüchterne Präzision in der Schauspieler-Führung durch die Regie. Julia Jentsch ("Die fetten Jahre sind vorbei") liefert hier eine bravouröse Leistung ab, eine eindringliche Charakter-Studie; sie scheint die Figur der Sophie Scholl geradezu inhaliert zu haben. Die Momente der letzten Begegnung mit ihren Eltern, mit ihrem Bruder, kurz vor der Vollstreckung, wo sie betet, auch, wo sie zu Gott spricht – das sind Kinomomente allerhöchster Dichte und Intensität und (An-)Spannung. Diese Bilder vergisst man so schnell nicht. So würdigt dieses Drama die Zivilcourage der jungen Scholl-Geschwister, setzt ihnen verdientermaßen ein neues Denkmal aus Zelluloid. "Sophie Scholl – Die letzten Tage" dürfte zu den besten deutschen Kinofilmen mindestens der letzten fünf Jahre zählen. Und zu den wichtigsten.

Thilo Wydra

 

Bundesverband Jugend und Film e.V.SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.

 

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