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Ausgabe 60-4/1994

HASS IM KOPF

Produktion: FFG Berlin / ZDF / ARTE, Bundesrepublik Deutschland 1994 – Regie und Buch: Uwe Frießner – Kamera: Jörg Jeschel – Schnitt: Sybille Windt – Musik: Mario Lauer – Darsteller: Markus Johannsen (Fredy), Gerhard Olschewski (Vater), Renate Geissleer (Gisela), Thomas Lawincki (Wolf), Ulrike Pans (Marina) u. a. – Länge: 95 Min. – Farbe – Altersempfehlung: ab 16 J.

Eine norddeutsche Kleinstadt. Der 17-jährige Fredy lebt in einem zerrütteten Elternhaus. Die Familie bezieht Sozialhilfe; die Eltern trinken. Fredy hat keinen Job. Als sein Vater, ein aufbrausender Choleriker, seine Frau krankenhausreif prügelt und seine ebenfalls alkoholsüchtige Freundin Gisela ins Haus holt, ist für Fredy die Zeit gekommen, sich endgültig von ihm zu lösen. Zuflucht findet er bei einer neonazistischen Gruppierung, die sich aus Jugendlichen und Erwachsenen verschiedener Schichten rekrutiert. Obwohl Fredy kein Draufgänger-Typ ist und bei Schlägereien eher einsteckt als austeilt, akzeptiert ihn die Clique und gibt ihm Sicherheit. Saufen und Raufen bestimmen die Alltagsrituale der Kumpels. Heino-Lieder und die Nationalhymne stärken ihr Selbstbewusstsein. So zum Beispiel sind sie gegen Blauhelm-Einsätze, da sie "lieber Soldaten als Krankenschwestern spielen" wollen. An einem der Schulungsabende läuft "Der ewige Jude"; danach werden auf dem jüdischen Friedhof die Grabsteine geschändet. Mehrere Brandanschläge folgen. Da bei einem dieser Übergriffe der Besitzer der lokalen Diskothek ums Leben kommt, geht die Obrigkeit verstärkt gegen die Neonazis vor; zu deren Freunden und Gönnern zählen aber auch Polizisten und Anwälte.

Ausgerechnet Fredys Vater, ein alter Nazi, hilft den Kumpeln seines Sohnes bei der Schaffung von Alibis. Fredy wird so in das Milieu zurückgeworfen, dem er eigentlich entkommen wollte. Vagen Halt findet er nur bei seiner Freundin Marina, die mit zunehmender Brutalisierung der Aktionen zu den Nazis mehr und mehr auf Distanz geht. Als die Ereignisse eskalieren, Marina bedroht wird und die Freundin von Fredys Vater – in der eine Verräterin gesehen wird – tot geprügelt wird, trennen sich die beiden von den anderen und ergreifen gegen sie Partei.

Uwe Frießner, der mit "Das Ende des Regenbogens" (1979) einen 'Klassiker' des deutschen Jugendfilms gedreht hat, beweist hier erneut seine Kompetenz als Kenner der Jugendszene sowie als Regisseur authentischer Stoffe und deren hautnaher Umsetzung. Hass im Kopf und Wut im Bauch – Frießner visualisiert überzeugend die Zerrissenheit und Unsicherheit eines orientierungslosen Jugendlichen, der außerhalb der Familie seinen Platz sucht und an die falsche Adresse gerät. Zuwendung statt bierseliger Kumpanei und kritisches Bewusstsein statt dumpfen Herdentriebs waren für ihn die entscheidenden Auslöser, noch rechzeitig den Absprung zu schaffen.

In dieser Aussage hat Frießners Film seine Parallelen zu "Kahlschlag" von Hanno Brühl. Gemeinsam sind ihnen die präzise Recherche und die realistische Aufbereitung der Story durch jugendliche Laiendarsteller. Etwas nachteilig ist bei "Hass im Kopf" die Besetzung der Vaterrolle mit Gerhard Olschewski. Dieser spielt die Skala des heruntergekommenen Machos und Asozialen mit körperlicher Präsenz so vital aus, dass die Grenze zur Überzeichnung und zum Klischee in einigen Szenen fast erreicht, aber letztlich nicht überschritten wird.

Horst Schäfer

 

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KJK-Ausgabe 60/1994

 

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