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Ausgabe 102-2/2005

MY SUMMER OF LOVE

Produktion: Apocalypso Pictures; Großbritannien 2004 – Regie: Pawel Pawlikowski – Buch: Pawel Pawlikowski, Michael Wynne, nach dem gleichnamigen Roman von Helen Cross – Kamera: Ryszard Lenczewski, David Scott – Schnitt: David Charap – Musik: Alison Goldfrapp, Will Gregory – Darsteller: Natalie Press (Mona), Emily Blunt (Tamsin), Paddy Considine (Phil), Dean Andrews (Ricky) u. a. – Länge: 86 Min. – Farbe – Verleih: Prokino – Altersempfehlung: ab 14 J.

Mona lebt mit ihrem Bruder Phil, einem Gastwirt, in einem langweiligen Kaff in Yorkshire. Als Phil über Nacht den Trinkgelagen entsagt und zum Glauben findet, kann Mona es erst kaum fassen. Während Phil plötzlich von einer Mission faselt, schlägt Mona mehr schlecht als recht die Zeit tot, wenn sie sich nicht gerade auf schnellen Sex mit einem verheirateten Familienvater einlässt. An einem heißen Sommertag lernt sie Tamsin kennen, die gerade mit ihrem Pferd ausreitet. Die unterschiedlichen Mädchen sind sofort fasziniert voneinander.

Schon bei ihrem ersten Besuch in Tamsins Elternhaus, einem Efeu bewachsenen Herrensitz, verbringen die beiden einen verwirrenden Nachmittag. Die aus einfachen Verhältnissen stammende Mona betritt eine fremde Welt: Sie lässt sich von den Kenntnissen Tamsins über Philosophie und klassische Musik verblüffen, während sie im Gegenzug ihre neue Freundin mit Episoden aus dem kleinkriminellen Vorleben ihres geläuterten Bruders unterhält. Schnell steigert sich die erste Verliebtheit in Liebe. Ein wunderbarer Sommer scheint vor den Mädchen zu liegen, bis der eigensinnige Phil sich einmischt und Mona mit seinen Betbrüdern auf den Weg der Erleuchtung führen will. Die verwöhnte Tamsin scheut sich nicht, unfaire Mittel anzuwenden, um Phils Interventionen zu unterlaufen. Auf Mona wartet aber noch eine große Überraschung.

In äußerst sensitiver Weise beschreibt der aus Polen stammende und in Großbritannien arbeitende Regisseur Pawel Pawlikowski in seinem zweiten Kinofilm nicht nur das Auf und Ab der ersten Verliebtheit, wobei er bei der Beschreibung einer gleichgeschlechtlichen amourösen Beziehung unter Minderjährigen jeden spekulativen Anflug zu vermeiden weiß. Umso härter wird die naive Heldin durch eine Enthüllung getroffen, die die wundervollen Augenblicke des Sich-Geborgen-Fühlens und das 'Wunder' der ersten Liebe mit einer raffinierten Verführerin desillusioniert.

Satirische Seitenhiebe teilt Pawlikowski, der zunächst Dokumentarfilme drehte, ehe er sich 1993 fiktionalen TV-Stoffen zuwandte, nicht nur gegen den religiösen Fanatismus aus. So etwa, wenn die Frömmlergruppe um Phil ausgerechnet den Dorf-Pub, das vormalige Symbol der Sittenlosigkeit, in ein christliches Meditations- und Betzentrum umfunktioniert. Auch die kleinkariert enge Spießermoral der Dörfler, die weit weg von den lärmigen Zerstreuungen des heutigen Großbritanniens zu leben scheinen, bekommt ihr Fett ab.

Die größte Stärke von "My Summer of Love", der in der 14plus-Reihe des Berlinale-Kinderfilmfests 2005 lief, liegt in den beiden jungen Hauptdarstellerinnen: Wie Natalie Press und Emily Blunt in ihrer Natürlichkeit, mit schüchternen Blicken und kleinen zärtlichen Gesten, das Aufkeimen einer Liebesbeziehung glaubhaft machen, ist wunderbar gespielt und meisterlich inszeniert. Auch Paddy Considine, der schon in Pawlikowskis erstem Kinofilm "Last Resort" (2000) mitspielte, hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck in der Rolle des obsessiven älteren Bruders von Mona. Manche Länge bei der Milieuschilderung und ein allzu abrupter gewalttätiger Gefühlsausbruch kurz vor Schluss nimmt man für diese schauspielerischen Leistungen in Kauf. Auf dem renommierten Filmfestival von Edinburgh wurde "My Summer of Love" 2004 als bester britischer Film ausgezeichnet und gewann die gleiche Auszeichnung bei der jüngsten Verleihung der BAFTA-Preise, des britischen Gegenstücks zum Oscar.

Reinhard Kleber

 

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