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Ausgabe 60-4/1994

DER KÖNIG DER LÖWEN

THE LION KING

Produktion: Walt Disney Pictures, USA 1994 – Regie: Roger Allers, Rob Minkoff – Buch: Irene Mecchi, Jonathan Roberts, Linda Woolverton – Kameramanager: Joe Jiuliano – Musik: Hans Zimmer – Sprecher: Julius Jellinek (Junger Simba; Manuel Straube, Gesang), Frank Lorenz Engel (Simba; Cusch Jung, Gesang), Wolfgang Kühne (Mufasa), Thomas Fritsch (Scar), Magdalena Turba (Junge Nala), Alexandra Wilcke (Nala), Rainer Basedow (Pumbaa), Ilja Richter (Timon), Joachim Kemmer (Rafiki), Hella von Sinnen, Frank Lenart, Jim Cummings (Die Hyänen Shenzi, Banzai und Ed) u. a. – Deutsche Bearbeitung: Berliner Synchron (Buch, Liedertexte und Dialogregie: Frank Lenart) – Länge: 88 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Buena Vista (35mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.

Der 32. abendfüllende Disney-Zeichentrickfilm ist da. Es ist zugleich der erste, der nicht nach einer literarischen Vorlage gestaltet wurde. Allerdings beinhaltet das Drehbuch viele Topoi bekannter Märchen und Erzählungen, aber das ist ja weder in der Literatur noch im Film etwas Ungewöhnliches.

Erzählt wird eine klassische Geschichte vom Verlust einer Bezugsperson, von Schuld und Sühne. Sie ist gestellt in einen Rahmen, der das ewige Werden und Vergehen, sowie das Gleichgewicht in der Natur thematisiert. Verbot und dessen Umgehung, böser Onkel und Tod eines Elternteils, Verfolgung des Kindes und Verschonung vor dem Tötungsauftrag, Aufenthalt in der Fremde, Heimkehr und Abrechnung mit dem Bösen – das sind nur einige der Märchen-Standardmotive, die in diesem Film auftauchen, und die man wohl nicht mehr näher erläutern und werten muss.

Das Löwenjunge Simba wird auf seine Rolle als zukünftiger Löwenkönig vorbereitet. Aber der böse Onkel Scar will Simba und Mufasa (Simbas Vater und Scars Bruder) beseitigen, um endlich selbst König der Löwen zu werden. Ein erster Anschlag misslingt, ein zweiter soll eigentlich Simba und Mufasa töten. Aber Simba überlebt. Scar nützt die Gelegenheit, Simba einzureden, er wäre am Tod seines Vaters schuld. Simba läuft weg und gerät in die Wüste, wo ihn das Warzenschwein Pumbaa und die Meerkatze Timon retten. Simba wächst sorglos und ohne Gedanken an seine Vergangenheit auf, bis seine Jugendfreundin auftaucht und erzählt, Scar richte das Löwenland mit Hilfe seiner Freunde, der Hyänen, zugrunde. Simba erinnert sich seiner Aufgabe im Kreislauf des Lebens. Er kehrt zurück, kämpft mit Scar, der schließlich seine Schandtat gesteht und ein Opfer seiner Komplizen, der Hyänen, wird.

Während in vielen Disney-Filmen das Thema Tod dezent ausgeklammert oder (wie bei "Susi und Strolch" als Beinbruch des Hundes Pluto) abgebogen wird, hat man es hier als Teil des "ewigen Kreislaufs" akzeptiert. (In den USA haben deshalb auch schon einige Elternvereinigungen heftig protestiert, während die Kritik die Rückkehr zu den Quellen der Disney-Klassiker rühmte.)

Gerade in seinen Qualitäten als Allegorie und als Fabel ist aber "Der König der Löwen" manchen niedlicheren Disney-Filmen vorzuziehen. Trotz des ernsteren Themas ist natürlich auch für Unterhaltung und Kurzweil gesorgt. Speziell in den superb illustrierten Gesangsnummern, die im Zeichenstil komplett mit dem restlichen Filmstil kontrastieren, um deren "Phantasiecharakter" zu betonen. Etwa der Revuenummerncharakter des Songs, in dem Simba davon träumt, er möchte jetzt gleich König sein, oder die Höllenvision, die Scar den Hyänen bei seinem "Seid bereit!" bietet, die ihn als dämonischen Herrscher mit im Stechschritt vorbeiparadierenden Hyänen zeigt. Hier, und in seiner Thematik der allverbindenden Natur zeigt sich der Film von einer integrativen Tendenz. Dass zwei der Oberhyänen japanische Namen haben, mag auf den ersten Blick störend wirken. Aber zum Ausgleich dafür ist der "Medizinmann", der Pavian Rafiki, ein Meister fernöstlicher Weisheit und Kampfstile.

"Der König der Löwen" ist ein farbenprächtiges, spannendes, dramatisches, in einigen Szenen auch menschlich anrührendes Spektakel, ein Film voller Witz und Humor, angereichert mit fünf Originalsongs von Elton John und Oscar-Preisträger Tim Rice. Er ist in seiner Schnittfolge nicht so hektisch wie "Aladdin", aber er wird dennoch so flott erzählt, dass kein Leerlauf entsteht. Dank seiner realen, unaufdringlich stilisierten Kulisse und seiner in der Natur angesiedelten Handlung wirkt der Film harmonisch und lässt den Betrachter von Anfang an eine Beziehung zu seiner Handlung entwickeln. Dem Auge bietet "Der König der Löwen" so viele trickreiche Raffinessen wie kaum je zuvor ein Zeichentrickfilm.

Die 88 Minuten des Films vergehen wie im Flug. Aus heutiger Sicht wirkt die Erzählweise der "nur" 69 Minuten von "Bambi" daneben geradezu langsam. Aber im Grunde genommen ist "Der König der Löwen" nicht 19, sondern nur knappe 14 Minuten länger als "Bambi". Denn die Geschichte von Simba verteilt sich auf 119.058 Filmbilder. Bei 24 Bildern pro Sekunde dürfte der Film also eigentlich nur 82,67 Minuten dauern. Die restlichen 5,33 Minuten liefert ein – trotz Elton Johns Titelsong – seeeeehr langer Nachspann.

Wolfgang J. Fuchs

 

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