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Ausgabe 106-2/2006

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Produktion: Zentropa / Den der sover Ltd. / TV2; Dänemark / Großbritannien 2005 – Regie: Annette K. Olesen – Buch: Kim Fupz Aakeson – Kamera: Kim Hogh – Schnitt: Molly Malene Steensgaard – Musik: Kåre Bjerko – Darsteller: Mohammed-Ali Bakier (Shadi), Joy K. Petersen (Mie), Anette Stovelbæk (Sos), Helle Hertz (Großmutter), Subhi Hassan (Tareq) u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Trust Film Sales, e-mail: fusun@trust-film.dk – Altersempfehlung: ab 14 J.

Wir kennen sie aus Frankreich, die trostlosen Vorstädte, die ihre Bewohner ghettoisieren. Jetzt zeigt uns die Regisseurin Annette K. Olesen eine dänische Variante aus ihrer Heimatstadt Kopenhagen. Stadtpläne aus den 70er-Jahren im Vorspann: Architekten entwerfen ein lichtes Viertel mit Hochhäusern, Grünflächen und Sportmöglichkeiten für Kinder. Die Geschichte um die 16-jährige Mie und ihren Freund Shadi, einen Sohn palästinensischer Einwanderer, aber spielt in der Gegenwart. Sie zeichnet den Außenbezirk zwar in trister Eintönigkeit, doch keinesfalls als ein Bild des Zerfalls oder der Verwahrlosung. Aber Spannungen sind spürbar, innerhalb der Familien sowie zwischen den wenigen dort noch lebenden "Ursprungsdänen" und den Immigranten.

Noch gibt es das junge Multikulti-Paar, akzeptiert von Mies aufgeschlossener Mutter Sos, geheim gehalten vor Shadis Eltern. Als allerdings Mies älterer Bruder Per so brutal zusammengeschlagen wird, dass er ins Koma fällt, zerstören Angst und Misstrauen das fragile Miteinander. Shadi, der beobachtet hat, wie sein vor allem boxtüchtiger Bruder Tareq in derselben Nacht Blut aus dem Hemd wäscht, glaubt dessen Erklärung nicht, verschweigt jedoch gegenüber Mie seinen Verdacht. Behutsam, fesselnd und eindringlich erzählt "1:1", wie Vertrauen zerbröselt, Unkenntnis Vorurteile und schließlich Hass gebiert. Im Mittelpunkt stehen die beiden betroffenen Familien. Da gibt es Shadis liebevolle, energische Mutter, deren Einfluss nicht über die Wohnung hinausreicht, seinen aufrechten Vater, der den Söhnen verspricht, sie künftig wie Erwachsene zu behandeln und die vielen männlichen Verwandten, denen die jüngere Schwester stumm Tee serviert, auch wenn sie im Umgang mit ihren Brüdern gar nicht auf den Mund gefallen ist.

Mies Familie treibt die hilflose Sorge um Per an den Rand dessen, was vor kurzem noch zählte. Einzig Sos will sich ihre Wertvorstellungen nicht kaputt machen lassen und versucht klar und vernünftig zu bleiben. Anders verhält sich ihre eigentlich liberale Mutter. Sie beschwört die Tochter, in ein "besseres" Viertel zu ziehen und unterstützt die verunsicherte Enkelin, die nicht mehr weiß, wem sie trauen soll, darin, sich von Shadi zu trennen. Dabei gebärdet sich die ältere Frau nicht rassistisch. Nur kennt sie keine Menschen aus anderen Ländern, weil sie auf dem Dorf lebt. "An Orten ohne Probleme ist die Angst am größten", wie die Regisseurin erklärte, "wenn du nicht mitten im Geschehen bist, bläst die Phantasie alles zu etwas noch Schlimmerem auf." Mittendrin allerdings kann der Blick auch eng werden. Die Kamera von Kim Hogh bleibt nah dran an den Menschen, lässt ihnen wenig Raum, um den es doch geht, diesen Lebensraum. Selbst als Mie ihrer Oma gegenüber vom tollen Ausblick der Hochhauswohnung spricht, wird der nicht gezeigt. So vermittelt die Kamera ein Gefühl von Aussichtslosigkeit im wahrsten Sinne des Wortes.

Ganz kurz gibt es zum Schluss einen Hoffnungsschimmer auf eine Brücke des ehrlichen Miteinanders. Doch der Graben von Angst und Verrat ist bereits zu breit, das gesellschaftliche Auseinanderdriften scheint unaufhaltbar zu sein.

Wie schon in "Kleine Missgeschicke" (2001) fasziniert das genaue Hinschauen der Dänin Annette K. Olesen. Ruhig und sensibel entwickelt sie, unterstützt von hervorragenden Darstellern, ein Familiendrama, das sich so oder so ähnlich in vielen westeuropäischen Großstädten abspielen könnte – und hoffentlich den Weg in unsere Kinos findet.

Ina Hochreuther

 

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KJK-Ausgabe 106/2006

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