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Ausgabe 113-1/2008

HOLUNDERBLÃœTE

Produktion: Vineta Film / Rundfunk Berlin-Brandenburg / Mitteldeutscher Rundfunk; Deutschland 2007 – Regie: Volker Koepp – Buch: Volker Koepp, Barbara Frankenstein – Kamera: Thomas Plenert – Schnitt: Beatrice Babin – Musik: Rainer Böhm, Katharina Thomas – Mitwirkende: Kinder aus der Gegend von Kaliningrad – Länge: 89 Min. – Farbe – FSK: o. A. – Verleih: Edition Salzgeber (OmU) – Altersempfehlung: ab 10 J.

Der Dokumentarfilmer Volker Koepp wurde international vor allem durch seinen Zyklus über das Leben in Wittstock bekannt, der ihn – in den 70er-Jahren als Produktion des DEFA-Studios für Dokumentarfilme begonnen – 25 Jahre lang beschäftigte und 1997 abgeschlossen wurde. Den Ostpreußen-Zyklus über die ehemaligen deutschen Gebiete, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter russische Herrschaft kamen und heute zwischen Litauen und Polen liegen, begann Koepp in dem Maße, wie sie der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wurden. In diesem Rahmen entstanden "Kalte Heimat", "Fremde Ufer", "Die Gilge", "Kurische Nehrung" und nun – quasi als krönender Abschluss dieses Zyklus – "Holunderblüte", ein Film, der die Kinder in den Mittelpunkt stellt, die in der russischen Exklave südlich von Kaliningrad leben, dem einstigen Königsberg. Diese Stadt ist auch der Geburtsort des Dichters Johannes Bobrowski, dem Koepp bereits 1972 ein filmisches Porträt widmete. Dessen Gedicht "Holunderblüte" über das Vergessen nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch die romantische Märchenerzählung "Mutter Holunder" von Hans Christian Andersen, gaben den Titel und verweisen auf die den Film tragenden beiden Grundstimmungen.

Der Holunder blüht und duftet bis heute in dieser einst ertragreichen Gegend, die inzwischen von brachliegenden Feldern und entvölkerten Dörfern geprägt ist. Umgeben vom modernen Europa, scheint in dieser Region die Zeit stehen geblieben und die Natur erobert sich die einstigen Kulturlandschaften Stück für Stück zurück. Ein Großteil der Erwachsenen arbeitet woanders und kommt selten in die Dörfer zurück, wo die Kinder sich weitgehend selbst überlassen bleiben. Von den noch im Dorf lebenden Erwachsenen sind fast alle arbeitslos und dem Alkohol verfallen.

Koepp ging es nicht darum, eine Mitleid erregende Sozialstudie über diese Kinder zu drehen, die auch im strengen Winter allein ihr Überleben sichern müssen. Ständig eingeschränkt in ihrem Alltag und ohne große Zukunftsperspektiven gelingt es ihnen, sich gemeinsam zu behaupten, und trotz aller Restriktionen genießen sie im Rahmen des Dorflebens größtmögliche Freiheit mit einem unerschöpflichen Abenteuerspielplatz um sich herum. Koepp lässt diese jungen Menschen, darunter eine Familie mit zehn Kindern, für sich sprechen, ohne ihnen bestimmte Fragen zu stellen oder gar kommentierend einzugreifen. Bereitwillig, offen und ohne Scheu erzählen sie von ihrem Leben, ihren Träumen oder auch von ihren Berufswünschen, die von unbändiger Lebenslust und unerschütterlichem Optimismus zeugen und auch für jüngere Zuschauer geeignet sind, ihr Interesse zu wecken beziehungsweise eine vergleichende Identifikation mit ihnen ermöglichen. Die Erzählungen der Kinder, die dem Lauf der Jahreszeiten folgen, sind verbunden mit wunderschönen poetischen Landschaftsaufnahmen von Kameramann Thomas Plenert, was dem Film Räumlichkeit und Weite verleiht und zum Träumen und Nachdenken gleichermaßen anregt. Angesichts der desolaten Situation, in der sich die Kinder befinden, wirkt das mitunter fast ein wenig zu schön. Statt betroffen zu machen, schafft der Film Sympathie und Faszination für seine kleinen Helden. Doch es ist vielleicht viel wichtiger, sie in positiver Erinnerung zu bewahren.

Holger Twele

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 113-1/2008 - Interview - "Wir mussten uns mit der Kamera niemals verstecken"

 

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