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Ausgabe 114-2/2008

MEMORY BOOKS

Produktion: KICK Film GmbH / snakefilm GmbH; Deutschland/Schweiz 2007 – Regie und Buch: Christa Graf – Kamera: Roland Wagner – Schnitt: Carmen Kirchweger – Sprecherin: Eva Mattes – Länge: 90 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – FBW: besonders wertvoll – Verleih: Stardust – Altersempfehlung: ab 12 J.

Wenn es im Fernsehen um das Thema Aids in Afrika geht, dann sieht man meistens deprimierende Bilder von Kranken und Sterbenden, für die es kaum Hoffnung gibt. Für Filmemacher gilt Aids in Afrika wegen der riesigen Dimensionen der Infektionen und Todesfälle als schwieriges Thema, das schwer zu bebildern ist. Umso verdienstvoller, wenn eine deutsche Filmautorin versucht, einen anderen Weg zu gehen. Christa Graf konzentriert sich in ihrem Dokumentarfilm "Memory Books" auf ein einzelnes Projekt in Uganda, das sie in einfühlsamen Bildern schildert. Dort leben etwa zwei Millionen AIDS-Waisen, viele von ihnen notgedrungen in Kinderhaushalten. Engagierte Helfer haben dort eine ungewöhnliche Hilfsinitiative gestartet: Infizierte Frauen schreiben mit ihren Kindern sogenannte Memory Books, bunte Hefte, in den sie Erinnerungen an die Familiengeschichte festhalten, Wünsche für die Zukunft formulieren und die Kinder darauf vorbereiten, dass sie wahrscheinlich bald auf sich allein gestellt sein werden.

Vier Jahre hat die Regisseurin beharrlich an dem Projekt gearbeitet und viele Widerstände überwunden. Monatelang ist sie durch Uganda gereist, hat Kranke, Ärztinnen und Entwicklungshelfer besucht und mit betroffenen Frauen über ihr Memory Book gesprochen. Ins Leben gerufen wurde das Memory Book-Projekt von der Organisation NACWOLA (National Community of Women Living with Aids), die 1992 in Uganda gegründet wurde. Sie hilft von HIV/AIDS betroffenen Familien und Waisen, mit der Krankheit und ihren Folgen zurechtzukommen. Mit ehrenamtlichen Gesundheitshelferinnen vermittelt das Netzwerk Informationen über Aids, kämpft gegen die Stigmatisierung von HIV-Infizierten und organisiert in den Dörfern Kurse.

Im Mittelpunkt des Films stehen drei HIV-positive Frauen, die mit Hilfe der Memory Books versuchen, ihre Kinder und sich selbst in Würde auf die Zukunft vorzubereiten. Harriet ist Mutter von drei Kindern. Sie wohnt zusammen mit der Zweitfrau ihres an Aids gestorbenen Mannes und schreibt für ihre Tochter Winnie an ihrem dritten Erinnerungsbuch. Die Krankenschwester Christine zeigt seit vier Jahren anderen Müttern, wie man Memory Books verfasst. Betty kann weder lesen noch schreiben, sie diktiert ihrem ältesten Sohn George das Erinnerungsbuch für ihre jüngste Tochter Lucy.

Der Film begleitet die Frauen in ihrem Alltag, lässt sie und die Kinder ihre Erfahrungen und Gefühle schildern. Auch wenn ein Junge mal in Tränen ausbricht – mit spürbarem Respekt vermeidet die Kamera jeden larmoyanten Ton, jedes Mitleidsklischee. Die 1947 in München geborene Filmemacherin setzt, wie schon die Auf- und Abblenden zwischen den Kapiteln signalisieren, auf einen bedächtigen Erzählrhythmus. Sie möchte, dass sich die Zuschauer, eingestimmt von sparsam eingesetzten, besinnlichen Musikakzenten, auf die Szenen einlassen. Manchmal hält die Kamera allerdings etwas zu lange drauf, wird mancher weniger geduldige Zuschauer einwenden, wenn eintöniges afrikanisches Alltagsleben nochmals in einer Variation gezeigt wird, als ob es um die Darstellung von Stillleben ginge.

Die Filmbewertungsstelle verlieh der deutsch-schweizerischen Co-Produktion gleichwohl das Prädikat "besonders wertvoll". Und auf dem Fernsehfestival in Biarritz beeindruckte der Film die Jugendjury so, dass sie ihm ihren Preis zuerkannte. Trotz der ernsten Thematik ist "Memory Books", der es im turbulenten Arthouse-Kinoalltag schwer haben wird, keineswegs ein trauriger Film, vielmehr vermittelt er Zuversicht und leise Hoffnung. Inzwischen schreiben 40.000 ugandische Frauen solche Bücher. Ein Modell, das Schule macht – gibt es ähnliche Initiativen nun auch in Nachbarländern. Bis 2010, heißt es im Abspann des Films, soll das Projekt zehn Millionen afrikanische Kinder erreichen.

Reinhard Kleber

 

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KJK-Ausgabe 114/2008

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