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Ausgabe 115-3/2008

HIER IST ESTHER BLUEBURGER

HEY HEY IT'S ESTHER BLUEBURGER

Produktion: Tama Films Production; Australien 2007 – Regie und Buch: Cathy Randall – Kamera: Anna Howard Schnitt: Dany Cooper – Darsteller: Danielle Catanzariti (Esther Blueburger), Keisha Castle-Hughes (Sunni), Toni Collette (Sunnis Mutter Mary) u. a. – Länge: 103 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Lightning Entertainment Californien (USA), mailto: info@lightning-ent.com – Altersempfehlung: ab 12 J.

"Warum kannst Du nicht normal sein?", bekommt Esther immer wieder von ihrer Mutter zu hören. Es stimmt, normale Maßstäbe und Konventionen sind bei der 13-jährigen Esther fehl am Platz und veranlassen ihren Vater, ihr bei der Bar-Mitzvah-Zeremonie statt der traditionellen Halskette die eigene Krawatte umzulegen. Erst recht passt Esther nicht in die uniforme Rosa-Haarschleifen-Welt der elitären Privatschule, bei der ein herunter gerollter Kniestrumpf zu einem Verweis führt. Abgesehen von ihrer engen Beziehung zu ihrem auch seelenverwandten Zwillingsbruder Jacob ist Esther überall unverstandene Außenseiterin – bis sie die ältere Sunni kennen lernt und heimlich mit ihr die öffentliche Schule besucht.

Normale Maßstäbe und Erwartungen sind bei Cathy Randalls Filmdebüt, das auf den ersten Blick als klassische Coming-of-Age- und im weitesten Sinne Highschool-Komödie daherkommt, völlig fehl am Platz. Kein Beliebtheitswettbewerb, kein "Hässliches Entlein wird zur Schulballkönigin"-Märchen. Esther Blueburger findet sich nämlich ganz in Ordnung und ist damit glücklicherweise alles andere als ein typischer (Film-)Teenager. Normal, das heißt angepasst sein, ist ausdrücklich nicht Esthers Wunsch. Und man glaubt ihr das sofort, was nicht zuletzt an dem unglaublichen komödiantischen Talent der jungen Danielle Catanzariti liegt, hier in ihrer ersten Filmrolle. Ausdrucksstark verleiht sie ihrer eigenwilligen Figur Persönlichkeit und eine – pardon – saukomische Körpersprache. Satirische Überzeichnung, schräger und politisch unkorrekter Humor, Slapstickelemente machen den Film zu einem originellen Vergnügen. Die komplett dialogfreie kurze Szene der Familie Blueburger beim Apfel schälenden Psychotherapeuten allein ist schon zum Tränenlachen.

Dennoch ist Esther Blueburger weder klamaukige Lachnummer noch Superheldin. Ihr Dilemma – wie kann man selbst sein und akzeptiert werden, wenn man mit seinem Selbst überall aneckt? – berührt, beispielsweise wenn das von ihr gehegte und auf den Namen "Normal" getaufte flauschige Entenküken genau wie alle anderen Küken der Sezierstunde im Biologieunterricht zum Opfer fällt. Für Individualität ist eben kein Platz, deutlicher geht's nicht. Daher kommt es einem Befreiungsschlag gleich, wenn Esther dank Sunni (zurückgenommen gespielt von der inzwischen erwachsenen "Whale Rider"-Heldin Keisha Castle-Hughes) die öffentliche Schule besucht: Hier ist individueller Ausdruck normal (!), gibt es für jeden Geschmack und jede Ausrichtung die passende Gruppierung.

Mit Sunnis Hilfe und Jacobs Deckung zuhause vollzieht Esther den Wandel und findet zum ersten Mal Anschluss und Freunde – Anarchie statt Anpassung, wenn auch freilich in der abgesicherten Gruppenzugehörigkeit. Sie geht völlig in ihrer neuen Rolle auf als schrill-bunte Esther, die sich alles traut, auch Jungs "ausprobiert". Kaum auf der sonnigen Seite, piesackt sie die andere Außenseiterin an ihrer alten Schule, an der sie mittlerweile als "Spionin" zur Legende geworden ist und Ruhm und Ansehen genießt. In ihrem überbordenden Drang nach Selbstausdruck macht Esther sogar Sunni den Platz streitig, in der Clique und auch bei Sunnis unkonventioneller, jugendlicher Mutter Mary (die fabelhafte Toni Collette), die manchmal auf die Vernunft ihrer Tochter angewiesen ist. Wenn Sunni Esther vorhält, dass andere Klamotten nicht einen neuen Menschen aus ihr machen und ihre Probleme lösen, ist Esther noch nicht so weit, das zu akzeptieren. Aber Lügen und Taten haben Konsequenzen – Esther lernt schließlich schmerzhaft ihre Lektion. Man kann seine eigene Identität und alles, was dazugehört, nicht einfach ablegen wie eine Schuluniform und sich neu erfinden – weder in die eine noch in die andere Richtung.

Cathy Randall findet in ihrem warmherzigen, frischen Film ein sehr schönes Bild dafür, wenn Esther ihren Namen Buchstabe für Buchstabe auseinander nimmt und neu zusammensetzt: Am Ende kommt doch nur wieder sie selbst dabei heraus.

Ulrike Seyffarth

 

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KJK-Ausgabe 115/2008

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