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Ausgabe 117-1/2009

MASOUMEH UND DER SCHNURRBART

SEBIL-E MARDOUNEH

Produktion: Farabi Cinema Foundation; Iran 2007 – Regie und Drehbuch: Javad Ardakani – Kamera: Mohammad Aligholizadeh – Musik: Naser Shokraie – Darsteller: Fatemeh Shaker, Bahram Arazeli, Shaban-Ali Kamali, Abolfazl Sayah, Farzaneh Morovati, Ali Akbar Banazade u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe – Kontakt: Farabi Cinema Foundation, Teheran / Iran, Tel.: + 98 21 2273 4939, Fax: + 98 21 2273 4953, e-mail: fcf@dpi.net.ir – Altersempfehlung: ab 6 J.

Ein kleines, zartes Mädchen mit kurzen, schwarzen Haaren läuft durch die engen Gassen von Ardakan, steigt auf die Mauer einer Moschee und ruft mit einer Stimme, die an keifende Waschweiber erinnert, über die Dächer der Altstadt nach ihrem Onkel Champ. Es ist die sechsjährige Masoumeh, die uns noch im Laufe des Films mit ihrer Beharrlichkeit und ihrer resoluten Art beeindrucken wird. Onkel Champ, ein großer, dicker Mann von 40 Jahren mit einem gutmütigen Gesicht, lässt es sich derweil gut gehen. Er trinkt bereits die 16. Tasse Tee und isst die dazu gereichte Schüssel mit Würfelzucker leer. Champ ist geistig behindert und in der Stadt bekannt. Seine Familie ist reich und ohne großes Aufsehen wird die Teerechnung zu Champs Vater und zugleich Masoumehs Großvater, dem anerkannten "Hero", geschickt. Champ kann nur einen einzigen Satz sprechen, den er gebetsmühlenartig vor sich her brabbelt, wenn er gefragt wird. Ansonsten aber scheint der erwachsene Mann mehr mitzubekommen, als die Leute glauben. Auf jeden Fall liebt er Masoumeh über alles, beschützt sie, wenn es nötig ist, und macht alles, was sie von ihm verlangt. Nur wenn er ein Fahrrad entdeckt, dann kann er nicht anders und muss es benutzen, da kann seine kleine Nichte noch so laut schimpfen. Als sie deshalb wieder einmal von der Polizei verhaftet werden und der "Hero" eine riesige Strafe bezahlen muss, fordert Masoumeh von ihrem Großvater, dass er endlich für Champ ein Fahrrad kauft. Doch weder der Großvater noch ihr Vater Ashgar lassen sich erweichen. In ihrer Wut beschließt Masoumeh, selbst ein Fahrrad für Champ zu kaufen und dafür arbeiten zu gehen. Doch schon am nächsten Tag muss sie feststellen, dass dieses Vorhaben gar nicht so leicht in die Tat umzusetzen ist, denn sie ist zwar klug, dafür aber viel zu schwach, Champ dagegen stark, aber eben nicht der Klügste.

Kurz darauf bekommen die beiden mit, dass der Großvater einem Bekannten, Herrn Heshmat, eine hohe Summe Geld borgt und als Sicherheit allein ein Barthaar von diesem annimmt. Also – glaubt Masoumeh – brauche ich nur ein Barthaar von einem ehrwürdigen Mann und kann damit das begehrte Fahrrad bezahlen. Die Jagd nach solch einem "wertvollen Barthaar" erweist sich schwieriger als gedacht, so dass Masoumeh letztendlich in ihrer Not das Barthaar von Herrn Heshmat stiehlt. Als der seine Schulden begleichen will, nimmt der "Hero" das Geld nicht an, weil er ihm sein Barthaar nicht wiedergeben kann. Vater Ashgar ist außer sich, findet er doch solche Ehrenrituale mehr als antiquiert und hat Angst, das Geld nie wieder zu sehen. Aber auch der Großvater regt sich auf, so dass er einen Herzanfall bekommt und ins Krankenhaus gebracht wird. Bis er wieder entlassen wird, muss dieses Barthaar gefunden werden. Die ganze Großfamilie hilft beim Suchen – ohne Erfolg. Nun tritt Masoumeh in Aktion: Sie lässt sich etwas einfallen, um dem Großvater ein solches Barthaar wie das von Herrn Heshmat präsentieren zu können ...

Der iranische Regisseur Javad Ardakani war bereits 2001 mit seinem Spielfilmdebüt "Das Küken" ("Choori") beim Internationalen Filmfestival für Kinder und junges Publikum in Chemnitz zu Gast. Nun konnte er im vergangenen Jahr zur Eröffnung des Schlingel-Festivals seine neue Produktion, "Masoumeh und der Schnurrbart", präsentieren und wurde von der Fachjury mit dem Hauptpreis der Stadt Chemnitz für den besten Kinderfilm ausgezeichnet. In der Tat ist Ardakani mit "Masoumeh und der Schnurrbart" ein bezaubernder Film gelungen, der auf humorvolle Weise (wie man es nicht unbedingt bei einem Film aus dem Iran vermutet) eine äußerst berührende Geschichte erzählt. Dabei geht es um die Beziehungen und Hierarchien in einer iranischen Großfamilie, aber auch um den Umgang mit alten, schon lange überholten Traditionen. Vor allem aber ist es ein Film über das innige Verhältnis eines kleinen, jedoch erstaunlich durchsetzungsfähigen Mädchens zu ihrem behinderten erwachsenen Onkel. Ardakani begegnet diesem ungleichen Paar mit einem hohen Maß an Respekt und menschlicher Wärme und verleiht ihnen diesen naiven, aber ganz direkten Blick, der die Welt der "normalen Erwachsenen" immer wieder in Frage stellt. Am Ende haben nicht nur die Erwachsenen um Masoumeh und Champ herum einiges begriffen und gelernt, auch die Zuschauer – ob klein oder groß – sehen die Welt mit anderen Augen.

Barbara Felsmann

 

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KJK-Ausgabe 117/2009

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