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Ausgabe 119-3/2009

"Wir wollen möglichst viele Kinder erreichen"

Ein Gespräch zum Kinderdokumentarfilm-Projekt "dok you" mit Gudrun Sommer und Petra Schmitz

Interview

2008 haben doxs (Kindersektion der Duisburger Filmwoche) und die Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW (dfi) das Projekt "dok you" ins Leben gerufen. Die Initiative hat das Ziel, den viel zu wenig bekannten Lebenssichten von Kindern eine Öffentlichkeit zu bieten, so wie das in europäischen Nachbarländern wie Dänemark oder den Niederlanden längst der Fall ist. Nachdem zunächst die nordrhein-westfälische Landesregierung und der WDR ihre Unterstützung zugesagt hatten, konnten die Initiatoren auch die Filmstiftung NRW als Partner gewinnen. Bei diesem bundesweit einzigartigen Projekt geht es darum, dass erfahrene Dokumentarfilmer zusammen mit Kindern Stoffe für Dokumentarfilme entwickeln. Im Herbst 2008 haben Filmregisseure an zehn Schulen in NRW Workshops abgehalten und dabei Ideen für solche Filme entwickelt. Im März 2009 hat eine Fachjury die sechs besten Vorschläge zum Rahmenthema "Integration" ausgewählt. Diese sechs Filmprojekte sollen in diesem Sommer mit finanzieller Hilfe des WDR und der Filmförderungen realisiert werden. Die fertigen Filme sollen im November 2009 auf der Duisburger Filmwoche laufen. Über das Projekt sprach Reinhard Kleber mit der doxs!-Leiterin Gudrun Sommer und der dfi-Leiterin Petra Schmitz.

KJK: Wie lang sollen die Filme werden?
Petra Schmitz: "Wir haben erst mal 15 Minuten gesagt. Das ist eine Vorgabe, die sich am Machbaren orientiert. Der fertige Film kann aber auch 17 oder 18 Minuten lang sein oder als Festivalfassung 20 Minuten. Die Länge hat auch mit der Frage zu tun: Wie kann man die Filme nachher am besten einsetzen? Wir wollen sie im Kino, im Fernsehen und in Bildungseinrichtungen zeigen. Da sind kürzere Formen natürlich besser."

Im Herbst 2008 haben zehn Filmemacher an zehn Schulen in NRW Workshops abgehalten. Warum wurden dann nur sechs Treatments ausgewählt?
Gudrun Sommer: "Das ist eine Jury-Entscheidung. Wir sind mit zehn Filmemachern gestartet. Einer davon hat zwar den Workshop beendet, aber danach kein Treatment mehr zeitnah formulieren können. Eine andere Filmemacherin hat zwei Treatments geschrieben, weil sie zwei starke Stoffe hatte. Es hat sich als richtig herausgestellt, beide zu verfolgen, so dass am Ende doch zehn Stoffe da waren. Falls sich noch andere Fernsehpartner finden, können womöglich auch die anderen vier Stoffe noch umgesetzt werden."

Welche Rolle spielt der WDR?
Gudrun Sommer: "Als Projektpartner hat der WDR sich von Anfang an bereit erklärt, möglichst viele Treatments zu unterstützen. Das heißt, er wird eventuell ein oder zwei voll finanzieren und sich an den übrigen finanziell beteiligen.
Petra Schmitz: "Wir hatten schon beim Projektstart den WDR dabei, was sehr wichtig ist, denn das heißt: Es gibt einen Sendeplatz, und es gibt Produktionsmittel. Das Konzept von 'dok you' sieht vor, Kinderdokumentarfilme herzustellen, die im Kino und im Fernsehen laufen können. So wie es bei der Produktion von Kinodokumentarfilmen für Erwachsene die Regel ist, dass das Fernsehen beteiligt ist, so wollen wir das auch beim Dokumentarfilm für Kinder handhaben. Außerdem ist es hilfreich für die Wirkung in der Öffentlichkeit, wenn ein großer Sender an Bord ist."

Wie helfen die Filmförderungen?
Petra Schmitz: "Die Filmstiftung ist offizieller Kooperationspartner und ist mit ihrem Logo auf allen Projektmaterialien präsent. Sie fühlt sich dem Dokumentarfilm ohnehin verpflichtet, wie ihre Förderpraxis zeigt. Sie hat im Rahmen der Nachwuchsförderung im Mai zwei Projekten Fördermittel zugesprochen, auch das gemeinsame Kinderfilm-Gremium von BKM und Kuratorium junger deutscher Film hat Ende April zwei Projekte finanziell gefördert. Die Finanzierung der 'dok you'-Filme steht also auf drei Beinen – zwei Filmförderungen und einem Sender."

Mit welchen Summen kalkulieren Sie denn?
Petra Schmitz: "Wir rechnen im Schnitt mit ca. 30.000 Euro pro Film. Das ist in etwa vergleichbar mit den Kosten der Filme des kids&docs-Programms in den Niederlanden, wo schon seit sechs Jahren regelmäßig Kinderdokumentarfilme entstehen. Inzwischen ist der Durchschnittswert dort auf 35.000 Euro für einen 15-Minüter gestiegen, insbesondere wenn der Regisseur visuelle Ambitionen hat."

Wie sind die Erfahrungen in anderen Ländern?
Petra Schmitz: "Die Dokumentarfilminitiative hat 2001 in Köln ein großes Symposium organisiert, an dem Filmemacher und Förderer aus den Niederlanden, Dänemark und Schweden teilgenommen haben. Wir haben damals festgestellt, dass es zum einen ambitionierte Programme gibt, die durchfinanziert sind und für eine regelmäßige Produktion von Kinderdokumentarfilmen sorgen. Zum anderen gibt es das Quotenmodell in Dänemark, wo 20 Prozent der Filmfördermittel für Kinderfilm ausgegeben werden. Beim Versuch der Umsetzung in Deutschland sind wir auf viele Schwierigkeiten gestoßen. Zum einen ist das Land viel größer als Dänemark und hat eine föderale Struktur. Es gibt eine komplexe Förderstruktur aus Bund- und Länderförderungen. Und es gibt den traditionellen Gegensatz von Film und Fernsehen. Wir haben das analysiert und ein Konzept entworfen, wie man auch in Deutschland eine Struktur für Kinderdokumentarfilm aufbauen könnte."

Ist das Projekt nicht nur bundesweit, sondern im deutschsprachigen Raum einzigartig?
Gudrun Sommer: "Ja. In Österreich, wo ich die Szene sehr gut kenne, gibt es kaum Vergleichbares. Wenn überhaupt, dann sind es kleinere Initiativen, die sich eher medienpädagogisch orientieren. Wir wollen bei 'dok you' aber den medienpädagogischen Ansatz mit einer künstlerischen Perspektive verknüpfen."

War es schwierig, für diese Projektarbeit erfahrene Regisseure zu gewinnen?
Gudrun Sommer: "Nein. Wir haben keinen großen Aufruf veröffentlicht. Wir haben eher aus Erfahrungen mit bekannten Filmemachern heraus einige eingeladen, die sofort 'Ja' gesagt haben, wie etwa Bernd Sahling. Bei den Hochschulen sind wir institutioneller vorgegangen. Auch vom WDR kamen einige Vorschläge. So ergab sich sehr schnell ein Pool von Kandidaten, so dass wir am Ende einigen absagen mussten."

War es leichter, interessierte Studenten an den drei Filmhochschulen in NRW zu finden, die mitmachen wollten?
Petra Schmitz: "Wir sind nicht auf Studenten zugegangen, sondern auf Absolventen. Das ist wichtig, weil nur die gefördert werden können. Generell versuchen wir, den Nachwuchs einzubeziehen, weil wir ja auch langfristige Strukturen aufbauen möchten."

Bereits im Vorfeld haben Sie ein Expertennetzwerk geknüpft. Warum?
Petra Schmitz: "Wir haben für 'dok you' eine Struktur entwickelt, die es langfristig ermöglichen soll, hierzulande Kinderdokumentarfilme zu produzieren und zu rezipieren. Dazu gehört auch die Qualifizierung. Es geht darum, den beteiligten Filmemachern das Handwerkszeug und die Erfahrungswerte der ausländischen Partner mit an die Hand zu geben. Konkret haben wir Kontakte zu niederländischen und französischen Filmemachern geknüpft, die dann ihre Erfahrungen an deutsche Kollegen weitergegeben haben. Wir haben zudem Dramaturgen aus Deutschland eingeschaltet, die den Filmemachern geholfen haben, ihre Stoffe zu entwickeln. Außerdem helfen uns die Filmförderungen, die Einreichungen richtig zu koordinieren. Das wird auch demnächst bei der Auswertung der fertigen Filme eine Rolle spielen. Auch der Informationsaustausch mit Verleihern und anderen Auswertern gehört zu der Vernetzung von Experten, die wir in diesem Projekt anstreben."

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist, dass die Filme möglichst nah am Alltag der Kinder und Jugendlichen sein sollen. Haben sich in den Workshops bestimmte kinderaffine Themen herauskristallisiert?
Petra Schmitz: "Die Schul-Workshops hatten zwei Funktionen. Erstens ging es darum, Kinder mit dokumentarischem Film bekanntzumachen. Zweitens sollten die Filmemacher in den Schulen recherchieren können. Sie haben mit den Kindern zum Teil filmpraktische Übungen gemacht und mit ihnen über Themen gesprochen, die Kinder als interessant für einen Dokumentarfilm erachten."

Können Sie ein Beispiel nennen?
Gudrun Sommer: "Wir haben zwei Stoffe, die sich mit Geschwisterkonflikten beschäftigen. Einmal zwischen Mädchen, und einmal zwischen männlichen Zwillingen. Wenn man die Treatments liest, merkt man, dass die sich eng an die realen Konflikte der Kinder anlehnen."
Petra Schmitz: "Wir müssen bei den Themen auch im Auge behalten, dass diese Filme möglichst viele andere Kinder ansprechen."

Wie lang soll das Projekt laufen?
Gudrun Sommer: "Es ist auf drei Jahre angelegt. 2008 war mit der Recherche und Treatment-Entwicklung die Vorbereitungsphase, 2009 ist die Finanzierungs- und Produktionsphase, und 2010 wird das Jahr der Auswertung."
Petra Schmitz: "Wobei im dritten Jahr schon eine neue Runde starten soll. Sonst würde es zu lange dauern, bis ein neuer Zyklus mit Workshops und der Ansprache von Filmemachern in Gang kommt."

Mit Gudrun Sommer und Petra Schmitz sprach Reinhard Kleber

 

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KJK-Ausgabe 119/2009

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