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Ausgabe 121-1/2010

GARGOYLE

Produktion: Thousand Hugs Production; Südafrika 2009 – Regie und Buch: Kelsey Egan – Kamera: Mike Gioulakis – Schnitt: Bronwyn Williams – Musik: Kevin McDaniels u.v.a. – Darsteller: Vuyo Mathani (Vuyo), Tongayi Chirisa (Themba), Jessica Kaye (Tara) – Länge: 25 Min. (DigiBeta) – Weltvertrieb: Thousand Hugs Productions, Curjul Cottages, 27 E Fulham Road Brixton, 2092 Johannesburg, South Africa, Telefon: 0027 73 267 5424, e-mail: teboho.p@mweb.co.za – Altersempfehlung: ab 10 J.

Ein Abend in Johannesburg, Südafrika: Eine junge Frau (Tara) wird Opfer eines Raubüberfalls. Am nächsten Tag geht sie wieder zur Arbeit: Sie ist Lehrerin. Der zwölfjährige Vuyo fängt auf dem Schulweg eine Heuschrecke. Tara erkennt bei ihm die gleiche Leidenschaft für Land und Natur, die sie selbst  hat. Sie teilt der Klasse mit, dass der nächste Schulausflug aufs Land geht. Vuyo möchte unbedingt mit, doch sein älterer Bruder Themba hat dafür das Geld nicht, denn als Wachmann verdient er nicht genug. Vuyo findet heraus, dass sein Bruder des Nachts Überfälle begeht, um ihm die Schule zu ermöglichen. Der beschließt, das Geld aus dem Überfall auf Tara für Vuyos Ausflug zu verwenden, doch als er der Lehrerin das Geld übergibt, erkennt sie ihn, fällt in Ohnmacht und Themba flieht. Vuyo hat inzwischen den Beweis dafür gefunden, dass sein Bruder Themba auch seine Lehrerin überfallen hat: eine Halskette, die sie immer trug. Er tötet die gefangene Heuschrecke.

So linear wie ich das hier zusammengefasst habe, geht der Film allerdings bei weitem nicht vor. Kelsey Egan erzählt die Geschichte vielmehr als Puzzle, in dem sich die einzelnen Teile erst nach und nach zu einem doch recht bitteren Ganzen zusammenfügen. Dabei entwirft sie ein realistisches Bild der Zustände im heutigen Südafrika, ohne es sich einfach zu machen. Geschickt und ohne falsche Sentimentalität arbeitet sie heraus, wie die Opfer der Gewalt leiden und versuchen sich zu arrangieren. Aber auch wie die Täter von den Umständen fast gezwungen werden, zu Tätern zu werden. Denn ohne vernünftige Schulbildung kann Themba eben nur Wachmann in den Siedlungen der Weißen (und wenigen zu Geld gekommenen Schwarzen) werden. Davon allein kann er aber die Ausbildung seines Bruders nicht finanzieren. Damit sein Bruder es einmal besser hat und eben nicht zum Räuber werden muss, um zu überleben, wird Themba zum Täter.

Erstaunlich, wie versiert die Debütantin diese Stränge zusammenfügt und in so manchem Bild mehr über die Kontinuität des Rassismus erzählt, als andere in langen Filmen: Da sind die bewachten Siedlungen, in denen nach wie vor fast ausschließlich Weiße leben, deren Hunde nach wie vor jeden vorbeikommenden Schwarzen verbellen. Eine besondere Rolle spielt hier vor allem die Musik: Kelsey Egan hatte das enorme Glück, mit einer ganzen Reihe der talentiertesten jungen Musiker des Landes zu arbeiten, die ihrem Film einen Soundtrack verliehen, der mehr ist als nur Untermalung. Musik und Text kommentieren und treiben die Handlung voran – schade, dass schon aus technischen Gründen die Texte nicht untertitelt werden konnten. "Gargoyle" ist ein sehr persönliches, stimmiges kleines Meisterwerk, das tief eintaucht in die südafrikanische Realität; erstaunlich bei einer Debütantin, die zudem noch nicht so lange im Lande lebt. Ein Kurzfilm, dem im Vorfeld der Fußball-WM in Südafrika eine große Verbreitung zu wünschen ist, denn er leistet, was viele TV-Reportagen nicht tun: Er erzählt von der Kontinuität der Gewalt, von ihren Gründen und von denen, die ihr zum Opfer fallen – auf beiden Seiten.

Lutz Gräfe

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 121-1/2010 - Interview - "Solange ein Film auch wirklich gesehen wird, bewirkt er etwas"

 

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