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Ausgabe 121-1/2010

Rückwärts ist kein Weg – Schwanger mit 14

Gespräch mit Regisseurin Cornelia Grünberg und Kameramann Heiko Merten über ihr erstes – in Produktion befindliches – Dokumentarfilmprojekt

Interview

KJK: Schwanger mit 14 – wie sind Sie auf dieses nicht ganz unkomplizierte Thema gekommen?
Cornelia Grünberg: "2003 ist der Tatsachenroman ‘Rückwärts ist kein Weg’ von Jana Frey erschienen. Ich habe dieses Buch gelesen und war total berührt. Es ist eine Tatsachengeschichte von einem Mädchen in Hamburg, das mit 14 Jahren schwanger wird und sich dann gegen den Willen der eigenen Familie und des Freundes für das Baby entscheidet. Es gibt in diesem Roman viele starke, emotionale Momente, die mich so bewegten, dass ich einen Spielfilm daraus machen wollte. Ich habe ein Treatment geschrieben und es dann 2005 der Geschäftsführerin der Kinderfilm GmbH in Erfurt gezeigt. Ingelore König fand das Thema sehr interessant und begann, sich um Förderungen zu bemühen. Sie beauftragte eine Autorin, ein Drehbuch zu verfassen, während ich parallel anfing, zu recherchieren."

Es ist sicher nicht leicht gewesen, schwangere Mädchen in diesem Alter zu finden?
Cornelia Grünberg: "Ich habe Kontakt zu vielen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen aufgenommen, das Projekt vorgestellt und um Unterstützung gebeten, mich in Verbindung mit jungen Mädchen, die gerade schwanger oder schon junge Mütter sind, zu bringen. Anfangs ging es hauptsächlich darum, ein Mädchen für den Film zu casten, das eben diese Erfahrung gemacht hat. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Hauptrolle eine junge Schauspielerin, die noch kein Kind hat, spielen kann. Das ist eine so außergewöhnliche Erfahrung, die man selber gemacht haben muss, die mit nichts vergleichbar ist im Leben. Mit Hilfe der Beratungsstellen konnte ich dann einige Mädchen mit einer MINI-DV interviewen. Daraus habe ich eine siebenminütige Dokumentation, sozusagen als Arbeitsgrundlage, erstellt. Die Zusammenarbeit mit der Autorin gestaltete sich aber etwas schwieriger als gedacht und irgendwann in diesem Arbeitsprozess kamen wir auf die Idee, doch besser einen Dokumentarfilm zu drehen und mehrere junge Mädchen in den Mittelpunkt zu stellen. Das ermöglichte uns, sich viel intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen und vielleicht dieser Problematik besser gerecht zu werden. Denn es ist ja kein Einzelschicksal, wenn ein minderjähriges Mädchen schwanger wird. In Deutschland – so die Statistik – werden jährlich 13.000 Mädchen unter 18 Jahren schwanger, 50 Prozent von ihnen bringen die Kinder auch zur Welt."

Soll dieser Dokumentarfilm ins Kino kommen?
Cornelia Grünberg: "Ja, es ist ein Kinoprojekt. Wir entwickelten aus meinen Recherchen heraus ein neues Konzept, ich habe mir neue Mädchen gesucht und wir begannen im Oktober 2008 zu drehen. Nun begleiten wir vier Mädchen aus Marburg, Tübingen, Sonneberg und einem kleinen Ort bei Fulda über zwei Jahre hinweg. Die Bedingung war, dass sie mit 14 schwanger geworden sind. 16-Jährige sind schon auf dem Weg des Erwachsenwerdens und werden als solche in der Gesellschaft respektiert. Mit 14 befinden sich Mädchen an einer Art Nahtstelle."

Gab es noch andere Kriterien bei der Auswahl der Mädchen?
Cornelia Grünberg: "Sie kommen aus unterschiedlichen Sozialisierungen, aber wir wollten keine Mädchen aus katastrophalen Familienverhältnissen, die dann im Grunde genommen das Klischee, das in unserer Gesellschaft vorherrscht, bedienen. Wir wollten die Thematik nicht noch mit Drogensucht oder anderen schwierigen Problemen vermengen."

Zu welchem Zeitpunkt ist Heiko Merten in das Projekt eingestiegen?
Cornelia Grünberg: "Heiko war von Anfang an mit dabei. So arbeiten wir immer."
Heiko Merten: "Für mich ist das ja auch Neuland, ich habe noch nie einen reinen Dokumentarfilm gemacht. Inhaltlich hat mich gereizt, dass Menschen mit relativ wenig Lebenserfahrung intuitiv eine Entscheidung treffen, die für ein Leben lang Konsequenzen hat."
Cornelia Grünberg: "Und es gibt keinen Weg davon zurück. Das ist das Faszinierende an diesem Thema."
Heiko Merten: "Zum anderen interessierte mich: Warum treffen diese Mädchen eine Entscheidung, womit sie ja eigentlich in der Gesellschaft genau das Gegensätzliche, das Nichtkonforme machen. Ab 18 ist Abtreibung moralisch fast verwerflich, aber den jungen Mädchen wird mehr oder weniger die Abtreibung zugunsten ihres Lebenswegs nahe gelegt. Spannend fand ich auch, eine männliche Sicht in dieses Projekt einzubringen, auf meine Art eine Intimität mit den Mädchen und daraus filmisch spannende Situationen herzustellen. Außerdem die Aufgabe, mit relativ wenig technischem Aufwand Kino zu machen. Schließlich sind wir ja nur ein Team von vier Leuten."

Und wie werden Sie nun als Mann angenommen von den jungen Protagonistinnen?
Heiko Merten: "Ganz gut, es gibt kein Mädchen, mit dem ich nicht zurechtkomme. Bei einem haben wir eine Zeitlang gebraucht, da hat sich das nötige Vertrauensverhältnis erst beim dritten Besuch eingestellt."
Cornelia Grünberg: "Heiko ist auch ganz wichtig für die jungen Väter. Sie haben bis auf einen ein großes Problem gehabt, vor der Kamera zu reden. Sie respektieren zwar, dass ihre Freundinnen das tun, wollten selbst aber nicht gefilmt werden. Dann aber haben sie über die Technik den Kontakt zu Heiko gesucht und sich so nach und nach geöffnet."
Heiko Merten: "Geholfen hat mir dabei auch meine Qualifikation als Vater."

Was begeistert Sie am meisten, was überrascht Sie, wenn Sie die jungen Mädchen so erleben?
Cornelia Grünberg: "Was mich sehr fasziniert ist, dass sie so verantwortungsvoll handeln."
Heiko Merten: "Und vor allem anders, als man das so denkt. Wo ich mich beim Drehen ertappe, dass ich doch in so gängigen Mustern denke oder gedacht habe. Sie sind zwar noch sehr jung, aber schon ab dem Punkt, wo sie die Entscheidung getroffen haben, ist da ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, eine bemerkenswerte Fürsorge."

Gibt es durch die Erfahrungen mit den Mädchen viele Veränderungen am ursprünglichen Konzept?
Heiko Merten: "Das ist das Spannende, dass diese Drehweise uns die Chance gibt, nach größeren Abständen immer wieder neu zu reflektieren. Dadurch dass wir nicht in einem Block drehen, ist dieses Projekt so einem Prozess unterworfen. Woher sollten wir wissen, wie die Mädchen sich entwickeln, wie sie auf die Entbindung reagieren, wie sich die Familienverhältnisse verändern? Unsere grundlegenden Fragen aber bleiben, wie zum Beispiel: Was macht ihr Leben aus, was hat sich durch die Schwangerschaft und Entbindung verändert, wie geht es weiter?"

Auf welchem Material drehen Sie?
Heiko Merten: "Zugunsten des höheren Drehverhältnisses ist die Entscheidung für HD gefallen, weil wir so viel Material aufnehmen. Im dokumentarischen Bereich ist HD ein absolut gutes Medium in Bezug auf das Verhältnis zwischen Kosten und Qualität auf der Leinwand. Es gibt aber auch einen entscheidenden Nachteil. Dadurch, dass wir digital drehen, kommen wir für Laien daher wie ein Fernsehteam und bekommen erst einmal diese Ablehnung zu spüren, die dem Fernsehen entgegengebracht wird."

Wie lang soll der Film werden?
Cornelia Grünberg: "Kalkuliert ist er auf 90 Minuten und er soll sich an junge Leute wenden. Ab 14 Jahren auf alle Fälle, aber mein Gefühl ist, dass sich auch 12-, 13-Jährige dafür sehr interessieren. Nun gehen wir in den Schnitt, zusammen mit Martin Hoffmann („Rhythm Is It“, „Trip to Asia“). Von Anfang an haben wir ja eine zweite Erzählebene mitgedacht. Sie ist noch nicht voll entwickelt, sie soll aus dem Material heraus entstehen. Es wird also kein reiner Dokumentarfilm, wie man ihn kennt. Im Moment befindet sich das alles noch sehr im Prozess. Die Mädchen werden uns sagen, in welche Richtung das geht."

Das Gespräch führte Barbara Felsmann

 

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