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Ausgabe 123-3/2010

EIN NEUES LEBEN

YEO-HAENG-JA

Produktion: Now Films, Seoul / Comme des Cinémas, Paris / Gloria Films, Paris; Republik Korea / Frankreich 2009 – Buch und Regie: Ounie Lecomte – Kamera: Kim Hyunseok – Schnitt: Kim Hyungjoo – Musik: Jim Sert – Darsteller: Kim Saeron (Jinhee), Park Doyeon (Sookhee), Ko A-Sung (Yeshin), Oh Mansuk (Waisenhausleiter),  Sul Kyounggu (Jinhees Vater) u. a. – Länge: 92 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Fine Cut Co, Ltd., Seoul, cineinfo@finecut.co.kr – Altersempfehlung: ab  10 J.

Ein kleines Mädchen geht im Frühherbst 1975 allein mit seinem Vater auf Reisen. Dafür bekommt es erst noch neue Kleider und Schuhe. Jinhee, so heißt die Neunjährige, freut sich, plappert glücklich, lacht und darf beim Essen sogar einen winzigen Schluck Alkohol trinken, singt danach ein Lied für ihren Vater. Dass man dessen Gesicht eigentlich nie sieht und er ziemlich einsilbig bleibt, fällt einem auf, aber man denkt sich nichts Böses dabei. Am nächsten Morgen geht es los mit dem Bus. Als Jinhee mal austreten muss, bleibt sie auf dem Feld mit ihren neuen Schuhen in der feuchten Erde stecken. Und dieses Bild nimmt eigentlich alles vorweg. Man wird nur dadurch abgelenkt, dass sie auch noch eine prachtvolle Torte aussuchen darf. Von der wird sie allerdings nie kosten, denn ihre Reise führt in ein Waisenhaus, wo sie der Vater in der Obhut katholischer Nonnen zurücklässt. Sie wird es erst verlassen, als sie allein zu ihren Adoptiv-Eltern nach Paris fliegt.

Jinhee versteht nicht, was da passiert; sie versteinert, verweigert Nahrung und Kontakt, versteckt sich im Gebüsch des Gartens, bleibt dort bis in die Nacht, rennt schließlich ins Haus, sucht nach ihrem Tortenstück, das längst jemand stibitzt hat, schläft auf dem Küchenboden ein und weint schließlich doch, als sie das älteste Mädchen im Schlafraum sagen hört, sie wäre jetzt eine von ihnen. Akzeptieren kann Jinhee diese Wahrheit nicht. Sie möchte weglaufen, aber wohin? Sie drängt den Direktor, dem Vater zu schreiben, ihn anzurufen – doch der ist mit seiner neuen Familie verzogen. Aber warum hat er sie verlassen? Die Frage quält Jinhee so sehr, dass sie sterben möchte. Doch ganz allmählich gewöhnt sie sich ein, schließt Freundschaft mit der drei Jahre älteren Sookhee, die ihr das Versprechen abnimmt, nie zu verraten, dass sie schon ihre Mensis hat. Dann nämlich hätte sie keine Chance mehr auf eine Adoption. So wie die 17-jährige Yeshin nie Adoptionseltern finden wird, weil sie einen Hüftschaden hat, und am Ende das Heim als Haushaltshilfe verlassen muss. Für eine Adoption tut Sookhee wirklich alles, lernt Englisch, lächelt, was das Zeug hält, und wird schließlich nach Amerika adoptiert. Wieder eine Trennung. Jinhee aber lächelt bei den Besuchen möglicher Adoptiveltern nicht. Sie hofft immer noch, dass der Vater sie wieder abholen wird, bis sie sich mit Hilfe des Direktors am Ende doch passende Adoptiveltern aussucht.

Ounie Lecomtes Debütfilm, der inzwischen mit fünf Preisen und auf der Berlinale von der Internationalen Jury des Kinderhilfswerkes mit einer Lobenden Erwähnung bedacht wurde, erzählt die Geschichte von Jinhee, die zugleich die ihrer Regisseurin ist, in einfachen, einprägsamen Bildern und entfaltet dabei eine unerträgliche emotionale Spannung, obwohl sich fast alles im Inneren des Mädchens abspielt. Mit ihm wartet man auf ein erklärendes Wort des Vaters, sehnt sich nach seinem Abschiedsgruß, und man sehnt sich danach, das Mädchen noch einmal so unbeschwert lachen zu sehen wie am Anfang des Films. Aber – mit Ausnahme eines winzigen Lächelns, das bei einer Clowns-Vorstellung auf ihrem Gesicht auftaucht – sieht man Jinhee nie wieder lachen. Dennoch macht diese traurige Geschichte Mut, weil das Mädchen nicht in eine Depression verfällt, sondern im Widerstand gegen ihre Situation, in ihrer Weigerung, daran zu glauben, dass ihr geliebter Vater sie endgültig verlassen hat, und der langen Verweigerung einer Adoption eine solche Stärke ausstrahlt.

Uta Beth

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 123-3/2010 - Interview - "Alle Adoptiveltern sind gut"

 

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