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Ausgabe 123-3/2010

"Das ist meine Vorstellung vom Filmemachen: dass wir zusammen etwas Besseres hervorbringen als ich es allein könnte"

Das Gespräch mit Henrik Georgsson fand bei LUCAS 2009 in Frankfurt am Main statt, wo Henrik Georgssons Film "Lassemaja's Detektivbyrå – Kameleontents Hämnd" ("Das Chamäleon schlägt zurück") im Wettbewerb gezeigt wurde.

(Interview zum Film DAS CHAMÄLEON SCHLÄGT ZURÜCK)

KJK: Warum machen Sie Filme?
Henrik Georgsson: "Schwierige Frage. Eigentlich fing es schon in der Schule an, als ich etwa 16 Jahre alt war. Ich bekam eine Hausaufgabe, die nicht als Film gedacht war. Es war eine Gruppenaufgabe und wir entschlossen uns, ironische Werbefilme zu machen. Wir hatten zwar überhaupt keine Ahnung vom Filmemachen, machten aber alles selbst. Es hat so viel Spaß gemacht in einer Gruppe an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten, dass mir das in Erinnerung geblieben ist. Ich glaube, diese Gruppenarbeit gefällt mir immer noch am besten beim Filmemachen. Als Filmemacher muss ich ja schließlich mit allen kommunizieren. Ich bin nicht diese Art Filmemacher, der mit präzisen vorgefertigten Vorstellungen an einen Film herangeht. Ich finde es viel interessanter und witziger, wenn ich meine Vorstellung einbringe und dann etwa der Kameramann oder die Kamerafrau, und dann schmeißen wir das zusammen und das Ergebnis ist Klassen besser als die Ideen jedes Beteiligten. Das ist meine Vorstellung vom Filmemachen: dass wir zusammen etwas Besseres hervorbringen als ich es allein könnte."

Ich habe mir Ihre Filmgrafie im Katalog angesehen und frage mich jetzt: Sind das alles Kinderfilme?
"Nein; ich habe eigentlich als Dokumentarist begonnen. Und zwar als Assistent von Stefan Jarl, der ja auch zwei Spielfilme gedreht hat, an denen ich ebenfalls mitarbeitete. Vor allem bei seiner berühmten Trilogie über Jugendliche, deren Leben er von den 60er-Jahren an verfolgte. Ich habe mich zwar von Anfang an für Spielfilm interessiert, begann aber mit Dokumentarfilmen. Als ich für Jarl arbeitete, war ich schon an der Uni, ging dann aber auf die Filmschule. Dort drehte ich meine ersten kurzen Spielfilme. Danach habe ich mehrere Jahre kurze Filme für ein sehr bekanntes schwedisches TV-Jugendprogramm gemacht. Das waren jeweils Fünfminüter über Jugendprobleme, die hinterher live im Studio diskutiert wurden. Das war eine gute Schule. Dann habe ich noch einen 30 Minuten langen Spielfilm gedreht und zuletzt zwei Produktionen aus der ‘Wallander’-Reihe. Ich mache gerne unterschiedliche Filme. ‘Lassemaja’ war ursprünglich eine Serie für den schwedischen TV-Adventskalender, ein sehr populäres Programm: 24 Folgen á 15 Minuten, in denen schon fast alle Figuren auftauchten, die man auch im Film sieht. Die Serie basiert auf bekannten Kinderbüchern, die sich allerdings nicht als Vorlage für den Kinofilm eigneten. Also entwarf ich zusammen mit der Drehbuchautorin und dem Produzenten eine neue Geschichte mit den bekannten Charakteren. So habe ich jetzt vier Jahre in dieser Welt mit ihren Figuren gearbeitet, erst für die Serie und dann den Film. Das hat viel Spaß gemacht."

Wie lange haben Sie denn nach den Kinder-Darstellern gesucht?
"Für den Film überhaupt nicht, denn es waren dieselben wie in der TV-Serie. Für die allerdings haben wir recht lange gesucht, denn wir mussten sehen, ob sie miteinander harmonieren. Dazu mussten sie ja auch mit den erwachsenen Schauspielern zurechtkommen. Für mich war das ziemlich spannend, denn ich wusste zunächst überhaupt nicht, wie ich mit den Kindern umgehen sollte. Sollte ich sie wie erwachsene Schauspieler behandeln, also sagen: Okay, das ist der Take, lern deinen Text, geh dahin etc. Zuerst versuchte ich es auf einem eher kindgerechten Weg, aber das gefiel mir alles nicht. Also behandelte ich sie einfach so wie die Erwachsenen am Set. Das gefiel ihnen, denn jetzt hatten sie auch Verantwortung. Es war spannend zu sehen, wie schnell Kinder lernen, als Schauspieler zu agieren."

Der Film wirkt ja recht dunkel, selbst das Tageslicht ist eher flach.
"Das ist halt der schwedische Winter (lacht). Jetzt im Ernst: Wir haben die Farben absichtlich eher dunkel gehalten; braun oder blau. Wir wollten den Film damit auch gefährlicher wirken lassen, als das in den Büchern der Fall ist. Ich hoffe, er ist nicht zu dunkel geraten."

Nein, nicht für mich. Es gibt im Film ja ein paar running Gags, deren Herkunft vom Slapstick rührt. Zum Beispiel die Geschichte mit der Drehtür, mit der der echte und der falsche Polizist im selben Moment auf- beziehungsweise abtreten. Das erinnert stark an frühe Stummfilmkomödien, sagen wir mal von Mack Sennett oder Buster Keaton. War das eine geplante Reminiszenz oder stand das in den Büchern?
"Zum einen mag ich das, aber es war auch eine Notwendigkeit: Denn dem Publikum muss immer klar sein, welcher von beiden gerade agiert, zumal es ja auch derselbe Darsteller ist. Wir haben das ganz klassisch gedreht: Mit einer starren Kamera und einem geteilten Bild. Dennoch war es recht schwierig: das Timing muss exakt stimmen und der Darsteller muss sehr fokussiert agieren."

Würden Sie gerne in dieses Universum zurückkehren – vielleicht nicht sofort, aber in ein paar Jahren?
"Der Film war recht teuer, vor allem im Vergleich mit anderen schwedischen Kinderfilmen. Wenn wir also noch mal ein vernünftiges Budget bekämen, würde es bestimmt Spaß machen, noch eine Geschichte aus diesem Universum zu erzählen, es weiterzuentwickeln. Wenn es aber auf vier oder fünf weitere Filme hinausläuft, die billiger und schneller gemacht werden sollen, würde mich das nicht reizen. Ich möchte meine Vision einfach nicht zerstören. Aber auch wenn ich jetzt an einer Geschichte für Erwachsene arbeite, würde ich durchaus wieder einen Kinderfilm machen. Ich habe kurz vor meinem Hinflug ein Drehbuch für Erwachsene gelesen, das zwar in der wirklichen Welt spielt, aber auch unrealistische Züge trägt. Auch wenn es mir noch nicht so ganz gefällt, kann ich mir doch vorstellen, die Dinge, die ich in diesem unrealistischen Kinder-Universum gelernt habe, auch in Filmen für Erwachsene zu benutzen."

Haben Sie ein Traumprojekt?
"Nein, nicht in diesem Sinne. Vielleicht habe ich zwanzig. Schlagen Sie mir was vor und dann fällt mir was dazu ein. Aber ich bewundere sehr den Taiwanesen Ang Lee, der so unterschiedliche Filme dreht. Mir gefällt es, aus einem Genre etwas zu lernen und es in einem anderen zu benutzen. Und ich mag immer noch Dokumentarfilme. Vielleicht mache ich ja mal wieder einen Dokumentarfilm."

Mit Henrik Georgsson sprach Lutz Gräfe

 

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KJK-Ausgabe 123/2010

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