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Ausgabe 127-3/2011

LES CONTES DE LA NUIT

Produktion: Nord-Ouest Films; Frankreich 2011 – Regie und Buch: Michel Ocelot – Musik: Christian Maire – Länge: 84 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Studiocanal, www.studiocanal.com – Altersempfehlung: ab 8 J.

Der französische Animationskünstler Michel Ocelot (1943 an der Riviera geboren und in Guinea aufgewachsen) hat seit 1976 etliche TV-Serien realisiert, ehe ihm 1998 der internationale Durchbruch mit seinem ersten Kinofilm "Kiriku und die Zauberin" gelang, einem wunderbaren Filmmärchen aus einem afrikanischen Savannnendorf. Nun hat sich Ocelot erstmals ans 3D-Kino gewagt und erzählt in "Les Contes de la nuit" sechs Märchengeschichten in der Silhouettentechnik, die Lotte Reiniger bereits 1926 in ihrem klassischen Scherenschnittfilm "Die Abenteuer des Prinzen Achmed" meisterhaft entwickelt hat. Ocelots jüngstes Werk nahm als erster stereoskopischer Animationsfilm am Wettbewerb der Berlinale 2011 teil. Er bündelt fünf Episoden der französischen TV-Serie "Dragons et princesses" (2010) mit einer sechsten, die eigens für die Kinofassung erstellt wurde. Indem Ocelot gleichsam an seine Serien-Anfänge zurückkehrt, schließt sich hier der Kreis.

Jede Nacht treffen sich ein Junge, ein Mädchen und ein älterer Techniker in einem heruntergekommenen Kino und denken sich Geschichten aus. In der ersten verlieben sich zwei Schwestern in einen stattlichen Prinzen. Die ältere verlobt sich mit ihm, obwohl die jüngere ihn schon immer geliebt hat. Was beide nicht wissen, der Jüngling ist ein Werwolf. In der zweiten Geschichte erkundet ein Junge auf den Antillen eine tiefe Höhle. Dort trifft er auf drei gefährliche Tiere, die ihm aber keine Angst einjagen. Die dritte Geschichte handelt von einer feierlichen Zeremonie, bei der ein junges Azteken-Mädchen in der Stadt des Goldes einem Monster geopfert werden soll, um dieses zu besänftigen. Doch ein junger Mann entschließt sich, den Kreislauf der tödlichen Menschenopfer zu durchbrechen. In der vierten Geschichte träumt ein Junge von einer magischen Trommel, die alle zum Tanzen bringt. Als er sie erhält, kann er sein afrikanisches Dorf vor einer Gruppe von Feinden retten. Ein sprechendes Pferd und ein Stallbursche, der nie lügt, stehen im Mittelpunkt der fünften Geschichte. Der König von Tibet wettet mit seinem Cousin, dass niemand den Burschen zum Lügen bewegen kann. Der Bursche wird zum Ziel einer bösen Intrige, in der eine schöne Tochter Mittel zum Zweck wird. Die letzte Geschichte erzählt von einem jungen Mann, dessen Liebste von einem eifersüchtigen Zauberer in ein Reh verwandelt wird. Nur eine mächtige Fee kann ihm helfen, die Geliebte wieder in einen Menschen zu verwandeln. Doch die Fee ist schwer zu finden.

Als Scharnier zwischen den Gesprächen und den sechs Fantasy-Stories dient die Rahmenhandlung in einem Ort mit magischem Nimbus, der Phantasiemaschine Kino. Dort gestaltet das Trio Zeichnungen, entwirft Kostüme und nutzt sogar Fotos etwa von Tieren als Vorlagen für die farbstarken Dekors und Kulissen der filmischen Abenteuer, in die das Mädchen und der Junge eintauchen. Einzigartig an "Contes" ist, dass Ocelot den 3D-Effekt mit der klassischen Technik des Schattentheaters und des Scherenschnittfilms kombiniert. Die Hintergrundebene erreicht eine größere Raumtiefe als die herkömmliche 2D-Technik. Während Ocelot bei Figurengestaltung und den farbenprächtigen Dekors viel Einfallsreichtum beweist und bekannte Erzählmuster des Märchens geschickt variiert, bleiben die Spannungsbögen der sechs Episoden relativ flach, ja die formelhafte Wiederkehr der einfachen Problemlösungen wirkt auf die Dauer etwas monoton. Immerhin erlaubt sich Ocelot einmal eine ironische Volte: Der Held weigert sich, die verdiente romantische "Trophäe", die Hand der Königstochter, anzunehmen.

"Les Contes de la nuit" kann ohne größeren Verlust auch in 2D angeschaut werden. Der Charme der Geschichten, die Eleganz der Figurengestaltung und der märchenhafte Erzählton bleiben erhalten. Vor allem kleinere Kinder werden an diesem amüsanten wie phantasievollen Animationsfilm, bei dem stets das Gute siegt, ihr Vergnügen haben.

Reinhard Kleber

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 127-3/2011 - Interview - "Lotte Reiniger hatte diese tolle Idee mit den Silhouetten und ich bin ihr Erbe"

 

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KJK-Ausgabe 127/2011

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