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Ausgabe 131-3/2012

DAS GEMÄLDE

LE TABLEAU

Produktion: Blue Spirit Animation / Be-Films; Frankreich / Belgien 2011 – Regie: Jean-François Laguinoie – Buch: Anik Le Ray – Animation: Rémi Chayé, Julien Bisaro, Jean Palenstijn – Schnitt: Emmanuel de Miranda – Musik: Pascal Le Pennec – Länge: 76 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Rézo Films, www.rezofilms.com/world-sales/color-me-happy – Altersempfehlung: ab 8 J.

Wie formelhaft viele aktuelle Animationsfilme sind – von den intertextuellen Gags, die auch ein älteres Publikum ansprechen sollen, über die Selbstironie bis hin zur dramaturgisch konventionellen furiosen Schlussszene – macht "Das Gemälde / Le Tableau" ganz deutlich bewusst. Denn in dem französischen Computeranimationsfilm von Jean-François Laguinoie findet sich nichts von alledem. Statt aufzupeitschen, setzt schon die erste Szene vielmehr auf Ruhe, Bedächtigkeit und auch ein wenig Melancholie; Entspannung statt Anspannung.

Mit der Erzählerin Lola blicken wir in das Königreich auf einem Gemälde, das in den für den Fauvismus typischen leuchtenden Farben erstrahlt. Doch der Eindruck täuscht – denn an dem Bild wurde schon vor geraumer Zeit die Arbeit eingestellt. Seitdem der Maler plötzlich verschwunden ist, haben sich darin klare Klassenunterschiede entwickelt: An der Spitze der Gesellschaft stehen die Toupins, die bereits vollständig gemalt wurden, diskriminiert werden hingegen alle jene Pafinis, die noch nicht fertiggestellt wurden, weil etwa noch ein Farbtupfer an ihrem Kleid fehlt oder ihr Gesicht noch nicht bemalt ist. Und mit regelrechter Verachtung gestraft werden die Reufs, die noch an grobe Skizzen erinnern und dementsprechend verletzlich sind. Beziehungen zwischen diesen Klassen werden nicht geduldet – und so weiß der Toupin Ramo, dass es nur eine Möglichkeit geben kann, damit seine Pafini-Freundin Claire auch von den Herrschern des Gemäldes anerkannt wird: Er muss den Maler finden, damit dieser sein Werk beendet. Gemeinsam mit Claires Freundin Lola und dem Reuf Plume macht Ramo sich auf den Weg. Als es ihnen gelingt, ihr Gemälde zu verlassen, finden sie ein verwaistes Atelier vor. Durch mehrere andere Bilder führt sie ihre Reise, etwa in ein Schlachtengemälde, in dem grüne und rote Soldaten einander grundlos bekriegen, oder in ein gemaltes Venedig, in dem sich hinter einer Maske sogar der Tod verbirgt. Doch keine andere Figur kennt den Aufenthaltsort des Malers – und so müssen Ramo, Lola und Plume einen anderen Weg finden, um das Leben in ihrem Gemälde zu verändern.

Überaus poetisch und kunstvoll erzählt Jean-François Laguionie, der zuletzt mit "Die Pirateninsel des Black Mor" einen ungewöhnlich nachdenklichen Zeichentrick-Abenteuerfilm inszeniert hat, von Vorurteilen, Diskriminierung und Außenseitern, von Sehnsüchten und Träumen, dem Leben und dem Tod. Sein großes Talent liegt darin, all diese schweren Themen in einfache Szenen und vor allem stimmungsvolle Bilder zu übersetzen, die sowohl Kindern als auch Erwachsenen Anknüpfungspunkte bieten, ohne jemals banal oder aufgesetzt zu wirken. So findet er etwa in den drei Entwicklungsformen der Figuren eine sehr anschauliche Möglichkeit, um die Unterschiede zwischen diesen darzustellen und verlagert die Sympathien geschickt auf die Seite jener Figuren, die offensichtliche "Makel" haben. Gerade Lola, die als Erzählerin durch den Film führt, ist in dieser Hinsicht die interessanteste Figur. Denn während Ramo das Gemälde aus Liebe verlässt und der Reuf Plume einem Freund helfen will, ist Lola überhaupt nicht so sehr auf ihre Fertigstellung bedacht. Sie will vielmehr erfahren, woher sie kommt. Lola nimmt sich mit all ihren kleinen Macken an und blickt schließlich nicht nur über den Gemälderahmen, sondern sogar das Atelier hinaus.

Stefan Stiletto

 

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KJK-Ausgabe 131/2012

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