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Ausgabe 131-3/2012

MOONRISE KINGDOM

Produktion: American Empirical Pictures / Indian Paintbrush / Scott Rudin Prod.; USA 2012 – Regie: Wes Anderson – Buch:  Wes Anderson, Roman Coppola – Kamera: Robert D. Yeoman – Schnitt: Abdrew Weisblum – Musik: Alexandre Desplat – Darsteller: Bruce Willis (Captain Sharp), Edward Norton (Scout Master Ward), Bill Muray (Mr. Bishop), Frances McDormand (Mrs. Bishop), Jared Gilman (Sam), Kara Hayward (Suzy), Tilda Swinton (Sozialarbeiterin) – Länge: 98 Min. – Farbe – FSK: ab 12 – Verleih: Tobis – Altersempfehlung: ab 12 J.

Seit seinem zweiten Spielfilm ("Rushmore", 2000) hat der amerikanische Autorenfilmer Wes Anderson seinen artifiziellen Inszenierungsstil immer weiter ausgebaut: In Werken wie "The Royal Tenenbaums" (2001), "Die Tiefseetaucher" (2003) und "Darjeeling Limited" (2007) ließ er seine meist skurrilen Figuren an exotischen Schauplätzen agieren und scharte mit dem Kameramann Robert D. Yeoman und immer wieder auftauchenden Schauspielern eine Art Film-Familie um sich, die seine Arbeiten unverwechselbar macht und ihnen einen ganz spezifischen Reiz verleiht.

"Moonrise Kingdom" entführt uns in das Jahr 1965. Auf einer kleinen Insel vor der Küste Neuenglands haben die Pfadfinder ihr Sommercamp aufgeschlagen. Als der zwölfjährige Sam aus dem Lager ausbüxt, um mit seiner gleichaltrigen Freundin Suzy durchzubrennen, stehen nicht nur die Inselbewohner Kopf. Scout Master Ward und seine Jungs machen sich genauso auf die Suche nach den frühreifen Kids wie Suzys hysterische Anwalts-Eltern und der besonnene Ortssheriff Captain Sharp. Nachdem die Pflegeltern des Vollwaisen Sam sich weigern, ihn wieder aufzunehmen, kommt noch eine unerbittliche Sozialarbeiterin ins Spiel, die droht, Sam nach seinem Auffinden in ein Heim zu stecken, was happyendlich Vatergefühle bei Sheriff Sharp auslöst. Als die Kamera zu Beginn an den, wie zu einem überdimensionalen Puppenhaus arrangierten, (Kinder-)Zimmern der Protagonisten vorbeifährt, wirkt das, als habe Norman Rockwell das Set erschaffen: So stellt man sich das typische amerikanische Mittelstands-Familienleben vor, dessen Biederkeit sich auch in den gedeckten Farben von Yeomans Kameraarbeit wiederfindet. Auf der Tonebene ist dazu Benjamin Brittens "The Young Person's Guide to the Orchestra" zu hören, was man als angelsächsische Antwort auf Prokofjews "Peter und der Wolf" verstehen kann. Geschickt hat Alexandre Desplat diese klassische Komposition und zeitgenössische Songs in seinen stimmungsvollen Soundtrack eingearbeitet. Und wenn dann Bob Balaban im roten Mäntelchen und mit grüner Zipfelmütze den Erzähler gibt, fühlt man sich in die surreale Bilderbuchwelt eines Roald Dahl versetzt.

"Moonrise Kingdom" wirkt manchmal wie ein als Realfilm verfilmter Comic, dann wieder wie eine geradezu philosophisch tiefschürfende Coming-of-Age-Geschichte, die besonders durch das authentische Spiel von Jared Gilman und Kara Hayward berührt. Vor allem in jenen Szenen, wo ihr zärtliches Erkunden des anderen Geschlechts verbal wie optisch in die peinlichen Niederungen gängiger Teenie-Komödien hätte abrutschen können, beweist Wes Andersons Inszenierung Stil und Intelligenz. Und zwischen den Zeilen scheint auch immer wieder Andersons Lieblingsthema von der dysfunktionalen Familie auf, der er hier die Sehnsucht der Kinder nach Liebe gegenüberstellt. Mit subtiler Situationskomik rückt er den familiären und gesellschaftlichen Neurosen zu Leibe, denen sich auch Alexandre Desplat hintergründig kommentierenden Soundtrack mit musikalischer Fabulier- und Zitat-Freudigkeit annimmt.

Kein Wunder, das diesem filmischen Kleinod dieses Jahr die Ehre zuteil wurde, die Filmfestspiele in Cannes zu eröffnen. Auch die FSK hat mit ihrer Entscheidung, den Film ab 12 Jahren freizugeben, eine weise Entscheidung getroffen: Brauchen jüngere Kinder (etwa ab 10) doch die führende Hand ihrer Eltern, um sich in diesem poetisch-verstörenden Universum zurechtzufinden. Aber wenn man sich darauf einlässt, kann es ein wirklich bereichernder Familien-Kinoabend werden.

Rolf-Ruediger Hamacher

 

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