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Ausgabe 132-4/2012

"Wenn man Fernsehen für Kinder macht, muss man sich keine kurze Hose anziehen"

Interview mit Josef Göhlen, dem früheren Leiter des ZDF-Kinderfernsehens

Interview

Josef Göhlen (Jahrgang 1931) ging nach dem Studium (Literaturwissenschaft, Theater, Philosophie und Geschichte) zum Fernsehen. Beim Hessischen Rundfunk initiierte er in den 60er-Jahren einige Klassiker der Augsburger Puppenkiste ("Urmel", "Der Löwe ist los", "Kater Mikesch"). Nach einem Zwischenspiel bei der Produktionsfirma Taurusfilm, wo er im Auftrag des ZDF unter anderem die Vorschulserie "Kli-Kla-Klawitter" produziert hatte, wechselte er 1973 zum ZDF und wurde dort Chef des Kinderfernsehens. Unter seiner Leitung entstanden Serien wie "Biene Maja", "Wickie und die starken Männer" und "Heidi", diverse Kinderbuchverfilmungen sowie Weihnachtsmehrteiler wie "Timm Thaler" oder "Jack Holborn". 1985 übernahm Göhlen die neu geschaffene ZDF-Hauptabteilung Reihen und Serien und damit die Verantwortung für Vorabendserien. 1995 verließ er den Sender. Auch mit über achtzig Jahren ist Göhlen noch als Autor, Producer und Medienberater aktiv.

Herr Göhlen, gab es beim ZDF Widerstand gegen die Verfilmung der "Biene Maja"? Die Siebziger waren doch das große Bildungsjahrzehnt im Kinderfernsehen.
Josef Göhlen: Das Jahrzehnt stand in der Tat noch ganz unter dem Eindruck der 68er und ihrer Forderung nach antiautoritärer Erziehung. Ich habe lieber auf "Pädagogik von innen" gesetzt, die Literatur nach guten Geschichten durchsucht und zum Beispiel die Bücher von Astrid Lindgren, James Krüss und anderen bekannten Autoren verfilmen lassen. Das ZDF hat dann, wie ich das damals empfand, als Ausgleich für meine Arbeit eine zweite Redaktion aufgebaut, die Vorschulreihen wie "Rappelkiste" produziert hat. Die haben etwas getan, was ich nie wollte: Sie haben sich dem Zeitgeist unterworfen. Wenn es um menschliche Grundhaltungen geht, habe ich den Zeitgeist schon immer als fragwürdiges Beurteilungsinstrument betrachtet. Irgendwann war meine unpädagogische Haltung aus Sicht der Gremien wohl nicht mehr tragbar, man hat dann eigens für mich die Abteilung Vorabendserien gegründet, wo ich später Serien wie "Forsthaus Falkenau" oder "Unser Lehrer Dr. Specht" ins Leben gerufen habe. Es war immer meine Philosophie, Familienfernsehen zu machen – mit Akzent bei den Kindern. Ich bin bis heute der Meinung, wenn man Fernsehen für Kinder macht, muss man sich keine kurze Hose anziehen.

Warum ist "Biene Maja", die Serie, noch heute so beliebt?
Heute ist der Begriff "liebenswert" für Fernsehredakteure ein Schimpfwort. Für mich war es damals ganz entscheidend, Geschichten charmant und liebenswert zu erzählen. Die beiden "Wickie"-Kinofilme verdeutlichen sehr schön, was ich meine: Beim ersten, den Michael "Bully" Herbig gemacht hat, merkt man, dass er die Figuren liebt. Bei der Fortsetzung spürt man, dass sie für emotionale und digitale Effekte benutzt worden sind. Wir haben damals Dramaturgien viel sorgfältiger durchdacht, als das heute geschieht. Und erst recht haben wir solche Serien nicht gedreht, um eine Plattform für Nebenprodukte zu schaffen. Dass "Biene Maja" auch heute noch beliebt ist, liegt auch daran, dass wir mit der Geschichte existenzielle Werte vermitteln wollten.

Lässt sich damit auch der anhaltende Erfolg der alten Produktionen aus der Augsburger Puppenkiste erklären?
Ein gutes Beispiel! Die Sender wollen die alten Sachen nicht mehr zeigen, weil sie angeblich nicht mehr modern genug sind. Ich halte das für Quatsch. Man sieht das an den DVDs: Die Eltern kaufen sie aus nostalgischen Gründen, und die Kinder lieben sie. Die Redakteure schauen heutzutage nicht mehr in die Herzen der Kinder, sie denken viel zu sehr in Vermarktungsparametern. Ich besitze die Animationsrechte an „Kater Mikesch“, aber niemand will sie haben: Die Figur ist zu liebenswert. Wenn man Redaktionen heute eine Serie vorschlägt, wird man erst mal gefragt, ob der Stoff Markencharakter hat und schon mal irgendwo erfolgreich war.

Heute wird Waldemar Bonsels’ Buch als martialisch eingestuft, der Autor gilt als NS-Sympathisant. War Ihnen das damals auch schon bewusst?
Ich kannte Bonsels überhaupt nicht. Ich hatte das Buch als Kind gelesen und suchte nach dem Erfolg von "Wickie" nach einem Stoff für die nächste Serie, da fiel mir "Biene Maja" wieder ein. Der Autor war damals längst vergessen, und das wäre er heute noch, wenn wir die Serie nicht gemacht hätten. Die Bonsels-Stiftung ist ja erst nach der Ausstrahlung gegründet worden. Klar, das Buch war eine beliebte Lektüre der deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg, und natürlich war Bonsels NS-Opportunist, aber da sollte man den Ball flach halten; es handelt sich doch nur um Fiktion. Der Autor war mir völlig egal, mich hat immer nur die Figur interessiert.

Sie haben einen Großteil Ihres Lebens der Unterhaltung von Kindern gewidmet. Warum?
Ich bin zufällig ins Kinderprogramm gekommen, habe die Zielgruppe aber immer ernst genommen. Das Schöne bei Kindern ist ja ihre Ehrlichkeit: Sie reagieren entweder positiv oder negativ, man weiß, wo man dran ist. Ich wollte Programm machen und Applaus durch großen Zuspruch der Zuschauer haben, die Einschaltquoten waren mir egal. Ich habe Kinderfernsehen immer als Familienprogramm gesehen, deshalb verstehe ich auch nicht, dass ARD und ZDF das Angebot in den Kinderkanal ausgelagert haben. Man hat die Chance vertan, die Kinder frühzeitig an das erste und zweite Programm zu binden.

Die Fragen stellte Tilmann P. Gangloff

 

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