© Generation / Berlinale
Produktion: Satellite Films Sidney; Australien 2012 – Regie und Buch: Catriona McKenzie – Kamera: Geoffrey Simpson – Schnitt: Henry Dangar – Musik: David Bridie – Darsteller: David Gulpilil (Jagamarra), Cameron Wallaby (Pete), Joseph Pedley (Kalmain), Rohanna Angus (Lynella), Dean Daley-Jones (Dave) u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe, DCP, Cinemascope – Weltvertrieb: Celluluid Dreams, Paris, E-Mail: info@celluloid-dreams.com – Altersempfehlung: ab 10 J.
"Ein spannender Film, gedreht in toller Landschaft und mit richtig guter Musik, hat uns die Kultur der Aboriginals in Australien näher gebracht", heißt es in der Begründung der Kinderjury von Generation Kplus 2013, die dem bemerkenswerten australischen Spielfilmdebüt "Satellite Boy" von Catriona McKenzie eine lobende Erwähnung aussprach.
Der Film spielt in der "tollen Landschaft" der dünn besiedelten Region Kimberley im Nordwesten Australiens, in der die Aborigines die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Dort, in der Nähe der Hafenstadt Wyndham, lebt der zehnjährige Pete zusammen mit seinem Großvater Jagamarra auf einem verlassenen Kinogelände. Der alte Mann, ein Aborigine, pflegt die Traditionen seines Volkes und bemüht sich darum, die überlieferten Weisheiten und Naturerfahrungen an seinen Enkel weiterzugeben. Doch Pete interessiert das wenig, obwohl er seinen Großvater über alles liebt. Vielmehr erwartet der Junge sehnsüchtig die Rückkehr seiner Mutter. Sie ist in die Stadt gezogen, um dort einen Gastronomie-Lehrgang zu machen und später das alte Kino zu einem Restaurant umzubauen. In Wirklichkeit aber hat die Mutter nicht vor, in die Einöde zurückzukommen. Sie will in Wyndham bleiben, arbeiten, shoppen gehen und sich vergnügen.
Als eines Tages eine Minengesellschaft droht, das Kino abzureißen, beschließt Pete, sein Zuhause zu retten. Zusammen mit seinem besten Freund Kalmain macht er sich auf den Weg in die Stadt, um den Boss dieser Firma von seinem Plan abzubringen. Unterwegs verirren sich die Jungen im Busch und sind zum ersten Mal in ihrem Leben schutzlos den Naturgewalten ausgesetzt. Sie erfahren die Kraft und die Magie der Natur, erleben, wie sie von ihr beschützt, aber auch bedroht werden. Plötzlich bekommen die Weisheiten des Großvaters für Pete eine große Bedeutung, retten den beiden Freunden sogar das Leben. Wieder zu Hause, weiß Pete nun, wo er hingehört.
"Satellite Boy" zählte in diesem Jahr mit zu den beeindruckendsten Produktionen im Kinderfilmwettbewerb der Berlinale. Zum einen zog dieser Film durch seine Landschafts- und Tieraufnahmen in den Bann, bei denen Regisseurin Catriona McKenzie sowie ihr Kameramann Geoffrey Simpson auf einmalige Weise die Schönheit und Magie einer von der menschlichen Zivilisation (noch) unbelasteten Natur eingefangen haben. Zum anderen wird hier ein berührendes und zutiefst menschliches Thema behandelt, nämlich die Besinnung einer Enkelgeneration auf die Traditionen ihrer Großeltern, im Gegensatz zu der dazwischen liegenden Elterngeneration. Sicherlich hat zur Stimmigkeit dieser Geschichte – das Drehbuch stammt ja auch von der Regisseurin – beigetragen, dass Catriona McKenzie hier auf eigene Erfahrungen zurückgreifen konnte. Sie selbst hat als erwachsene Frau erfahren, dass ihr Vater ein Aborigine ist und musste sich daraufhin ausführlich mit der Frage nach ihren Wurzeln beschäftigen (siehe Interview von Uta Beth). Dieser persönliche Bezug ist während des gesamten Films zu spüren und gibt ihm eine ganz besondere Intensität. Trotzdem ist dies nicht "nur" eine australische Geschichte, sondern eine universelle. Denn das Besinnen auf die Traditionen und das Wissen der Vorfahren ist in allen Teilen der Welt und in allen Kulturen unabdinglich für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft.
Last but not least muss hier aber auch das überzeugende Spiel der jugendlichen Darsteller Cameron Wallaby als Pete und Joseph Pedley als Kalmain hervorgehoben werden, sowie des legendären australischen Schauspielers und Tänzers David Gulpilil in der Rolle des Großvaters. Ihn, der bereits 1978 in Henri Safrans Film "Storm Boy" im Kinderfilmprogramm der Berlinale zu erleben war, hier wieder einmal auf der großen Leinwand sehen zu dürfen, war ein ganz besonderes Vergnügen.
Barbara Felsmann
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 135-3/2013 - Interview - "Die Frage nach unseren Wurzeln wird immer wichtiger"
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