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Ausgabe 135-3/2013

TOUCH OF THE LIGHT

Bild: TOUCH OF THE LIGHT
© Generation / Berlinale

NI GUANG FEI SIANG

Produktion: Jet Tone Films, Taipeh / Sil-Metropole Org. Hongkong, VR China; Taiwan/Hongkong, VR China 2012 – Regie: Chang Jung-Chi – Buch: Li Nien-Hsiu – Kamera: Dylan Doyle – Schnitt: Li Nien-Hsiu – Musik: Wen Tzu-Chieh, Huang Yu-Siang – Darsteller: Huang Yu-Siang (Siang), Sandrine Pinna (Jie), Lee Lieh (Siangs Mutter), Sheu Fang-Yi (Tanzlehrerin) u. a. – Länge: 110 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Fortissimo Films, Amsterdam, E-Mail: info@fortissimo.nl – Altersempfehlung: ab 14 J.

Genie und Liebesglück schließen sich im klassischen Künstlermythos zumeist aus. Zumal wenn des Künstlers Muse ihren eigenen künstlerischen Ausdruck verfolgt. Bei dem gemeinsamen Ringen um die Kunst leidet dann wenigstens das Werk der Frau darunter, da sie ihren Schaffensdrang dem seinen unterstellt. Dem hält nun Chang Jung-Chi entgegen, dass die Liebe die Kunst bereichert. Seine jugendlichen Helden Siang und Jie haben je ihren Traum, er will Klaviervirtuose, sie Tänzerin werden. Indes der Weg dahin ist steinig. Der auf dem Land groß gewordene Siang ist blind und muss sich an der Musikhochschule in der Hauptstadt Taipeh gegen die Vorurteile und die Gedankenlosigkeit seiner Mitstudierenden behaupten, wenngleich der ruhige und zugewandte Zeitgenosse sich sowieso lieber auf sich selbst verlässt, seinem ausgeprägten Tast-, Geruchs- und Gehörsinn vertrauend. Erschwerend kommt hinzu, dass Siangs künstlerisches Gedeihen noch durch eine tief sitzende Kränkung verzögert wird. Seit er sich als kleines Kind bei einem Musikwettbewerb anhören durfte, dass er seinen ersten Platz nur dem Mitleid der Juroren zu verdanken hätte, will er sich nicht mehr mit der Konkurrenz messen. Jie hat es nicht leichter. Ihr Freund ist ein Schuft, und ihre Mutter lässt sich von der eigenen Tochter aushalten. Sorglos gibt sie das von der Tochter sauer verdiente Geld für kostspielige Kosmetik aus. So jedenfalls kann Jie nicht das Geld für die ersehnte Tänzerausbildung aufbringen.

Der Film erzählt die Geschichte von Siangs und Jies künstlerischer Reifung parallel. Dabei führt er das Schicksal der zwei sensiblen Außenseiter bedachtsam zusammen. Es ist der Wohlklang ihrer Stimme, der ihn sogleich fasziniert, während sie von seinen Sinneseindrücken und seiner Fähigkeit zu ästhetischer Hingabe bezaubert ist. Beider Anziehung wird sie künstlerisch beflügeln. Sie kulminiert in eine dramatisierende Parallel-Choreographie, die abwechselnd von Jies Vortanzen zu Siangs Vorspiel bei einem Musikwettbewerb schneidet. Indem die Montage Siangs Klavierspiel wie eine Instrumentierung zu Jies Tanzpartitur arrangiert und umgekehrt, verklärt sie beider Auftritt zum Sinnbild für die Ganzheit des Kunstwerks.

Chang Jung-Chi zeigt in seinem ansprechenden und einfühlsamen Film, wie der immer noch von der Skepsis der Normalbürger geprägte Alltag von Behinderten im modernen China aussieht. Mit Siangs künstlerischer Entwicklung, der sich in dem Film zugleich selbst spielt, demonstriert er, dass Behinderte für eine prosperierende Gesellschaft keinesfalls eine Belastung, sondern vielmehr eine Bereicherung sind. Und dass sie vor allem bei der Ausbildung ihrer Sinne Stärken entwickelt haben, mit denen sie Nichtbehinderte allemal übertreffen und angebliche Defizite ausgleichen können.

Doch der Film will nicht nur auf den 'gesellschaftlichen Nutzen' von Behinderten hinaus. Dass diese behutsame Liebesgeschichte zweier junger Erwachsener aus der Produktionsfirma von Wong Kar Wai stammt, sieht man dem Film an. Wie Wongs "The Grandmaster" – beide Filme wurden auf der Berlinale 2013 aufgeführt – huldigt er in sorgfältig montierten Bildern, mit dem Einsatz von Zeitlupe und mit einer ausgefeilten Lichtführung der Ästhetik von Bewegung, die innerer Konzentration entspringt. Was im Kung-Fu-Training wie in der Musik- und Tanzausbildung eisern und mühsam geübt und einstudiert werden muss, das führen die Charaktere der beiden Filme geradezu anmutig und schwerelos vor. Mit ihren Sinnen durchforschen sie den Raum. Im geschmeidigen Aufgehen in einer musikalischen Phrase oder in einer kunstvollen Figur der Bewegung kommen die Helden miteinander in Berührung Das Mitschwingen von Siang und Jie in der Harmonie von Klang und Bewegung bezeichnet aufs Schönste die enge geistig-seelische Verbundenheit zwischen einem behinderten jungen Mann und einer nichtbehinderten jungen Frau.

Heidi Strobel

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 135-3/2013 - Interview - "Wir haben gemerkt, dass da eine Menge positiver Energie war"

 

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KJK-Ausgabe 135/2013

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