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Ausgabe 137-1/2014

DIE EISKÖNIGIN – VÖLLIG UNVERFROREN

Bild: DIE EISKÖNIGIN – VÖLLIG UNVERFROREN
© WDS

FROZEN

Produktion: Walt Disney Animation Studios / Walt Disney Pictures; USA 2013 – Regie: Chris Buck, Jennifer Lee – Buch: Jennifer Lee, Shane Morris, nach Motiven des Märchens "Die Schneekönigin" von Hans Christian Andersen – Schnitt: Brian Millman – Musik: Christophe Beck, Robert Lopez, Kristen Anderson-Lopez – Länge: 101 Min. – Farbe – FSK: o. A. – FBW: besonders wertvoll – Verleih: WDS – Altersempfehlung: ab 8 J.

Vor mehr als 70 Jahren wollte Walt Disney das berühmte Märchen von Hans Christian Andersen "Die Schneekönigin" verfilmen, doch dazu ist es nie gekommen. Als John Lasseter 2006 die Leitung der Disney Animationsstudios übernahm und die Wiederbelebung des klassischen Trickfilms zur Chefsache machte, wurde die Idee wieder aufgegriffen: Nach "Küss den Frosch" (2009) sollte ein weiterer handgezeichneter Film entstehen, doch das Einspielergebnis jenes Films erfüllte nicht die Erwartungen. Als sich dann nur ein Jahr später das erstmals computeranimierte Märchen-Musical "Rapunzel – neu verföhnt"(2010) zum größten Disney-Hit seit Jahren mauserte, war das Schicksal der Zeichentrickkunst besiegelt. So ist "Die Eiskönigin" nun dem Computer entsprungen: Visuell beeindruckend und in 3D.

Rund zehn Jahre lang hat man daran gearbeitet, für Drehbuch und Regie zeichnen Chris Buck, ein Zeichentrick-Veteran, der schon bei "Cap und Capper – Zwei Freunde auf acht Pfoten" (1981), "Arielle, die Meerjungfrau" (1989) und "Pocahontas" (1995) mit von der Partie war, und Jennifer Lee, Koautorin von "Ralph reichts" (2012), verantwortlich. Dabei ist der Film keine Adaption des Andersen-Märchens, sondern beschränkt sich auf wenige Motive daraus. Aus Andersens Nachbarkinder sind großäugige Prinzessinnen geworden, die in einem kleinen, nordischen Königreich aufwachsen. Anders als im Märchen, bekommt die Schneekönigin hier aber eine Persönlichkeit und spukt nicht nur als böse Macht durch die Geschichte.

Anna und ihre drei Jahre ältere Schwester Elsa, die Töchter des Königs und der Königin von Arendelle, sind ein Herz und eine Seele. Seit ihrer Geburt besitzt Elsa die magische Fähigkeit, Eis und Schnee zu erschaffen. Zur Freude von Anna, für die Elsa Schneelandschaft, Eisrutschen und Schneemänner zum Spielen erschafft. Der Spaß hat schnell ein Ende, als Anna bei einem verhängnisvollen Unfall durch Elsas Kräfte verletzt wird. Aus Angst, Elsa könnte mehr Menschen verletzen, isolieren ihre Eltern sich von der Öffentlichkeit und Elsa wird in ihr Zimmer eingesperrt. Die beiden Schwestern werden getrennt und selbst als ihre Eltern bei einem Schiffsunglück ums Leben kommen, können Anna und Elsa nicht füreinander da sein. Zu groß ist Elsas Angst, ihre Schwester wieder zu verletzen. Nach zwei Jahren der Isolation und Einsamkeit werden die Pforten des Schlosses wieder geöffnet – Elsas Krönung steht bevor. Während Elsa mit allen Mitteln versucht, bei der Krönung ihre Kräfte zu kontrollieren, verliebt sich Anna auf den ersten Blick in den heiratswilligen Prinzen Hans. Elsa ist gegen eine überstürzte Hochzeit. Es kommt zum Streit zwischen den Schwestern, bei dem Elsa die Kontrolle verliert und das Königreich in eine ewige Eislandschaft verwandelt. Von den Bürgern als Monster geächtet, flüchtet Elsa in die Berge. In der Hoffnung, Elsa könnte den eisigen Fluch wieder rückgängig machen, begibt sich Anna auf die Suche nach ihrer Schwester.

Disneys 53. Animationsfilm handelt vom Zusammenhalt in der Familie und der Angst vor seinen eigenen Fähigkeiten. Wie schon bei "Mulan" (1998) oder "Merida – Legende der Highlands" (2012) steht eine weibliche Protagonistin im Mittelpunkt – in diesem Fall sogar zwei. Anders als in den meisten Disney-Filmen, die auch auf starke Gegner setzen, sind Gut und Böse nicht mehr eindeutig getrennt. So wird es schwierig, Gut und Böse zu erkennen, wenn sich das Böse als Gutes tarnt. Innere Konflikte sind die treibenden Kräfte der Geschichte: Elsas Angst vor ihren Fähigkeiten und Annas Kampf um die Liebe zu ihrer Schwester. Abgesehen vom gewaltigen Eispalast und der bis ins Herz frostigen Königin ist von Hans Christian Andersens ursprünglicher „Schneekönigin“ nicht allzuviel erhalten geblieben. Aber gerade der lose Umgang führt zu einer überwältigenden Mischung aus Märchen, Musical und Moderne, die mit Action und Humor nicht nur den traditionellen Werten wie Liebe und Verständnis verpflichtet ist, sondern auch den zeitlosen Disney-Klassikern. "Die Eiskönigin" erinnert etwas an "Die Schöne und das Biest" (1991), denn auch hier steht die Musik im Vordergrund, die Lieder untermalen das Befinden der Figuren und erfüllen eine erzählerische Funktion, jedoch können nur wenige Lieder wirklich mitreißen. Eindeutiger Star des Films ist der Schneemann Olaf mit seiner unheimlichen Fähigkeit, sich in guten wie in schlechten Zeiten selbst in seine Einzelteile zu zerlegen. Schon in eisiger Kälte hatte er vom Sommer geträumt, und am Ende kann er bei Sonnenschein überleben, denn er erhält seine persönliche Allwetter-Schneewolke – Magie muss eben sein.

Manfred Hobsch

 

Laut, lärmend, manchmal lustig oder: Harmonie von der Stange

Der Verleihtitel hierzulande: "Die Eiskönigin – völlig unverfroren" passt besser (als der Originaltitel "Frozen"), er gibt freimütig Auskunft über literarische Quellen und die kesse Methode des Drehbuchschreibens. Aus Hans-Christian Andersens Geschwisterpaar Gerda und Kai wird das Schwesternpaar Elsa und Anna, aus der Schnee- nun die Eiskönigin. Eine wunderbare, aber auch gefährliche Gabe ist Ingredienz verschiedener Märchen wie auch die böse Prophezeiung (z.B. "Dornröschen"), die erst wahr wird und gegen deren schlimme Folgen im weiteren Fabelverlauf angegangen, ja gekämpft werden muss – natürlich im märchenhaften Gewande. Da geht es die Eispalasttreppe rauf und Märchenschlosstreppe runter, es wechseln sich ab rasante Schussfahrten ins tiefe, schneeweiße Tal und unerschrockenes Kraxeln auf bzw. über lichte, eisige Bergeshöhen, über allem strahlt das tagblaue Firmament bzw. das nachtschwarze Himmelsgewölbe. Wunderbare Kulissen für 3D-Effekte, die reichlich genutzt werden und entsprechenden Glanz verbreiten. Ab und zu ein Lied (deutsch gesungen!) von der kleinen und der großen Schwester, da bleibt die Handlung dann stehen und macht es sich gemütlich im Gefühlvollen. Damit wir Zuschauer nicht darin versinken, folgt alsbald ein fröhlich-komisches Tänzchen der Stein-Trolle oder das Bibber-Match gegen einen ungehobelten Schneeklumpen. Die Liebe kommt nicht zu kurz, es werden eingeführt Kristoff der Schroffe und Hans der Bodenständige. Für ein paar Ulknudeln, das sind die Hofschranzen, und deren Einlagen ist auch noch Platz und Raum. Das alles klingt nach Musical, ist aber keins, sondern ein Disney-Animationsfilm mit Lied, Musik, Gesang und Tanz. Der rauschende Klangteppich von Christophe Beck schwebt darüber, wenn allerdings Teppiche wabern könnten, wäre das der richtige Ausdruck. Macht aber nichts. Denn die heimlichen und unheimlich komischen Hauptdarsteller sind ohnehin "Svenni" und "dat Olaf", im Film allerdings Rentier Sven, das so gern ein Hund wäre, und Schneemann Olaf mit einer Vorliebe für heiße Landstriche. Dass aus beiden knuffige Kumpels werden mögen, wünscht man sich von Anbeginn, die sich auch, also werden sie es – zu unserem Vergnügen und haben sich damit die Spitznamen (von mir) verdient. Sie sind "das Salz in der Suppe" und trösten über manch fade Filmsequenz hinweg. Hape Kerleling als Olaf-Stimme muss Erwähnung finden! Sven ist ohnehin und gottseidank sprachlos, knurrt und röhrt dafür umso bedeutender und brilliert mit seinen mimischen Fähigkeiten "als Rampensau". Abseits von den beiden jagt zumindest mir die Figurengestaltung im produzierenden Disney-Gewerbe immer wieder einen kleinen Schauer über den Rücken: Das Schwesterpaar als glubschäugiges Barbie-Duo mit Super-Wespentaillen, die beiden Herren als bartlose, dafür grobkantige Mannsbilder.

Die Bosse in Burbank/California haben sich nicht verrechnet. "Die Eiskönigin – völlig unverfroren" ist ein Erfolg an der Kasse. Diverse nationale und internationale Filmkritiker vergeben zwischen drei und vier güldene Sternchen; Kunststück – vier Wochen vor Weihnachten war Starttermin, da haben Sterne Konjunktur. Bleibt die Frage: Bin ich nun ein Spielverderber?

Joachim Giera

 

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KJK-Ausgabe 137/2014

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