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Ausgabe 139-3/2014

3 DAYS OF CINEMA

Bild: 3 DAYS OF CINEMA
© Hopfilm-Videoproduktion

Produktion: Hopfilm-Videoproduktion Wangen; Deutschland 2013 – Regie, Buch, Kamera: Timian Hopf – Länge 96 Min. – Weltvertrieb: www.hopfilm.de – empfohlen ab 12 J.

Ein Ort der Träume, ein Medium der Informationsvermittlung und ein Forum, um Hass zu überwinden, das alles schreibt Timian Hopf in einer ausgesprochen interessanten Hommage dem Kino als besonderem Ort der Kommunikation zu. Der Dokumentarfilm ist mit Hilfe zahlreicher Freunde und Freundinnen als Hopfs Masterprojekt an der Fachhochschule Augsburg entstanden. Ich habe ihn im Frühjahr 2014 auf dem 11. Neisse-Film-Festival entdeckt und war beeindruckt, wie hier mit geringen finanziellen Mitteln, dafür mit scheinbar grenzenlosem Enthusiasmus, nicht nur von dem besonderen Ort Kino erzählt wird, sondern auch von existenziellen gesellschaftlichen Fragen. Parallel montiert, erzählt der Film von drei Kinostandorten, die auf den ersten Blick nicht widersprüchlicher sein können, die aber unter dem Leitgedanken des Aufbegehrens ein vielschichtiges Gesamtbild von dem vermitteln, was Kino bedeutet.

Im niedersächsischen Quernheim stemmt sich die kleine "Lichtburg" gegen die vorwiegend kommerziell ausgerichtete Programm-Mentalität der Multiplexkultur. In Jenin, im Westjordanland, ist der Tübinger Regisseur Marcus Vetter ("Das Herz von Jenin", 2008, "Cinema Jenin", 2012) mit dem Versuch gescheitert, ein altes Kino wiederzueröffnen. Auf der ehemaligen jugoslawischen Gefangeneninsel Goli Otok sollten einst Tito-Gegner nicht nur körperlich und seelisch gedemütigt werden, sondern man hatte auch versucht, sie per Kinovorführungen ideologisch umzuerziehen. Alle drei Orte liegen außerhalb der allgemeinen medialen Aufmerksamkeit. Hopf hebt sie aus der Anonymität heraus, bricht damit die Oberfläche auf und schafft so über die lokale Sicht vielschichtige Einsichten, die verallgemeinerbares Zeitverstehen ermöglichen.

Bei allem, manchmal recht putzig erscheinenden, provinziellem Ambiente wird in Quernheim deutlich, was es heißt, wenn Kino als sozialer Ort im Sinne regionaler Identität wahrgenommen wird. – Zwischen den auch bei deutschen Urlaubern sehr beliebten kroatischen Inseln Rab und Krk liegt das wasserlose Eiland Goli Otok. Was hier zwischen 1949 und 1988 an menschlichen Tragödien geschah, das wollen heute weder die Feriengäste in der Kvarner Bucht noch die kroatischen Behörden wissen. Indem Hopf mit einem ehemaligen Gefangenen die Insel besucht, unterstützt er dessen Kampf gegen das Vergessen. Gleichzeitig zeigt er eine spannende Ambivalenz, die dem Ort Kino innewohnt.

Marcus Vetter hatte 2010 mit "Das Herz von Jenin" den deutschen Filmpreis gewonnen. Die Geschichte eines palästinensischen Vaters, der die Organe seines von Israelis erschossenen Sohns zur Transplantation auch an israelische Kinder frei gegeben hatte, besaß für das hiesige Publikum nicht nur etwas sehr Berührendes, sondern war auch als gern gesehenes Symbol der Versöhnung zu verstehen. Vetter wollte die Idee der Verständigung auch in anderer Form materialisieren, indem er eine Initiative startete, die der Stadt Jenin ein Kino zurückgeben sollte. Dieses Projekt scheiterte kläglich. Timian Hopf stellt nun die Frage, warum es so gekommen ist. Die Antwort ist ernüchternd. Jahrzehnte des Krieges haben in der Region so viel Hass angehäuft, dass ein von außen implantiertes Toleranzprojekt, wie es ein öffentliches, allgemein zugängliches Kino darstellt, inzwischen geradezu naiv erscheint. Eine solche Situation kann wahrlich nicht gefallen und überzeugende Lösungen scheinen nicht in Sicht zu sein. Wenn man aber über die Probleme erst gar nicht offen spricht, dann gibt es auch keine Hoffnung für eine Konfliktbefriedung. Angesichts dessen erscheint Hopfs Film ebenso mutig wie hilfreich. Bis 1987 besaß das Westjordanland eine reiche Kinolandschaft. Inzwischen sind dort Generationen herangewachsen, die die Faszination einer öffentlichen Filmvorführung nicht mehr kennen. Damit fehlen ihnen aber auch vergleichende Blicke auf andere Kulturen und es fehlen Kommunikationsstrukturen. Darin kann ein Symbol gesehen werden, das Angst macht. Es kann aber auch als eindrückliches Symbol verstanden werden, dass es mehr als dringlich wäre, aus der sich immer weiter nach unten windenden Sackgasse der israelisch-palästinensischen Beziehungen einen Ausweg zu finden.

Klaus-Dieter Felsmann

 

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KJK-Ausgabe 139/2014

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