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Ausgabe 140-4/2014

EINIGE TAGE OHNE MUSIK

Bild: EINIGE TAGE OHNE MUSIK
© Filmfest/Kinderfilmfest München

ALGUNAS DÍAS SIN MÚSICA

Produktion: Toro Rojo Films, Cinematres, Cubo Filmes; Argentinien / Brasilien 2013 – Buch und Regie: Matías Rojo – Kamera: Máximo Becci – Schnitt: Andrés Tambornino – Musik: Juan Pablo Di Césare – Darsteller: Jerónimo M. Escoriaza (Sebastián), Tomás Exequiel Araya (Guzmán), Emilio Lacerna (Email) – Länge: 78 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Primer Plano Film Group, Buenos Aires, primerplano@primerplano.com – Altersempfehlung: ab 8 J.

Wenn drei Menschen sich gleichzeitig dasselbe wünschen, geht dieser Wunsch in Erfüllung. Das weiß der zehnjährige Sebastián aus seinen Wissenschaftsmagazinen. Und genau das scheint der Fall zu sein, als beim Morgenappell in der neuen Schule die Musiklehrerin plötzlich tot umfällt. Haben er und seine beiden neuen Freunde Guzmán und Email tatsächlich die Lehrerin auf dem Gewissen? Die Schule fällt jedenfalls fürs Erste aus, und so erkunden die drei Jungen gemeinsam die Stadtviertel und Umgebung Mendozas, besuchen die Totenwache und versuchen möglichst unauffällig, mehr über die Verstorbene zu erfahren – zum Beispiel ob sie Angehörige hat, bei denen sie sich entschuldigen könnten.

Das Filmdebüt des argentinischen Regisseurs Matías Rojo, das als Deutschlandpremiere auf dem Kinderfilmfest München 2014 lief, besticht durch seine unaufgeregte, man möchte fast sagen, poetische Erzählweise, die sich viel Zeit nimmt, um die drei Freunde gemeinsam und einzeln in ihre Welt(en) zu begleiten. Mendoza ist sicherlich keine besonders hübsche Stadt, aber man erhält den Eindruck, dass der Regisseur seine Heimatstadt liebt und ihr hier vielleicht ein filmisches Denkmal setzt. Ein elegischer Soundtrack mit Akustikgitarre untermalt die oft im staubigen Gegenlicht gefilmten Einstellungen – darin und in bestimmten Szenen, etwa auf den Eisenbahngleisen, erinnert der Film stellenweise an einen anderen großartigen Jugendfilm: "Stand by me – Das Geheimnis eines Sommers" (1986, Rob Reiner). Rojo findet starke Bilder für Freundschaft, etwa wenn sie sich zu dritt Sebastiáns Fahrrad teilen (unwillkürlich fallen einem Helme Heines tierische Freunde Maus, Hahn und Schwein auf dem Fahrrad ein).

Drei Jungen, drei grundverschiedene Lebenswelten: Während Sebastián wohlbehütet bei seinen Eltern aufwächst und es ihm an nichts mangelt – selbst dann nicht, als seinem Vater bei der Versicherung gekündigt wird und dieser nun im albernen Hühnerkostüm jobbt, ist Guzmán auf sich gestellt, seit seine Eltern ihn als kleines Kind bei der gleichgültigen Oma zurückgelassen haben. Diese verbitterte und harte Frau hat kein gutes Wort und oft auch kein Essen für ihren Enkel übrig. Email wiederum wohnt im „Hotel Miami“, einem Etablissement, in dem sein Vater als eine Art Hausmeister wirkt. Wenn Email seinem Vater nicht gerade das Lesen beibringt, trainiert er eisern Karate, auch wenn er in den Wettkämpfen stets unterliegt. Dass das Leben kein Spaziergang ist, wissen alle drei – Sebastián vielleicht weniger deutlich – nur zu gut. Dabei kommt aber der Humor in der Geschichte nicht zu kurz, das Dreigestirn ist pfiffig und mit viel Lausbubencharme unterwegs. Eine wunderbare Szene, in denen sich Unglück in Glück verwandelt, ist jene, in der sich Email nach einer weiteren erlittenen Wettkampfniederlage „auf einen Teebeutel“ bei der hübschen Mitschülerin einlädt, nachdem diese sich ihm überraschend als „Fan“ zu erkennen gibt.

Freundschaft ist das zentrale Motiv dieses kleinen feinen Films, der mit viel Sympathie für seine Protagonisten von den alltäglichen Hürden und besonderen Herausforderungen, aber auch von den Erfolgen der drei Freunde erzählt. Familienzugehörigkeit ist nicht zwangsläufig eine Frage der Verwandtschaft, und Familie bedeutet nicht unbedingt Geborgenheit. Gut, wenn man auf seine Freunde zählen kann! Als die drei schließlich herausfinden, was es mit dem Ableben ihrer Musiklehrerin auf sich hat, sind die Tage ohne Musik auch schon vorbei. Die Ordnung ist wiederhergestellt, Montag beginnt die Schule – allerdings nicht für Guzmán, der erfahren hat, dass sein Vater bei den bolivianischen Wanderarbeitern in San Juan zu finden sein wird und sich auf die Suche nach ihm macht. Auf Sebastián warten seine Eltern, auf Email seine Mitschülerin und ihren Freundinnen. So viel kann sich in einigen Tagen ändern.

Das offene Ende entlässt den Zuschauer nicht ohne Hoffnung: dass Guzmán glücklicher sein wird als in der Obhut seiner feindseligen Großmutter. Und dass Freundschaft ewig währt.

Ulrike Seyffarth

 

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KJK-Ausgabe 140/2014

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