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Ausgabe 140-4/2014

DER JUNGE SIYAR

Bild: DER JUNGE SIYAR
© Dualfilm

Produktion: Paradox Film, mîtosfilm; Norwegen / Irak 2013 –Regie: Hisham Zaman – Buch: Hisham Zaman, Kjell Ola Dahl – Kamera: Marius Matzow Gulbrandsen – Schnitt: Sverrir Kristjansson – Musik: David Reyes – Darsteller: Taher Abdullah Taher (Siyar), Suzan Ilir (Evin), Bahar Özen (Nermin), Nazmi Kirik (Karzan), Ahmet Zirek (Miro) u. a. – Länge: 105 Min. – Farbe – FSK: ab 12 – Verleih: Dualfilm – Altersempfehlung: ab 12 J.

Gerade bei Heldenreisen geht es letztlich vor allem darum, dass eine Hauptfigur zu sich selbst findet; das ist bei dem kurdischen Jugenddrama "Der Junge Siyar" nicht anders. Die wichtigere Reise aber spielt sich nicht im Film ab: Weil der Titelheld, ein zunächst recht vierschrötiger und alles andere als sympathischer Junge, im Verlauf seiner Odyssee auch seinen Weg ins Herz des Zuschauers findet. Das kann man sich am Anfang allerdings überhaupt nicht vorstellen, denn Siyar, von Taher Abdullah Taher in seiner ersten Rolle formidabel verkörpert, ist eine Figur von archaischer Strenge.

Da der Vater nicht mehr lebt, ist der 16-jährige Junge das Oberhaupt der Familie, die in einer unwirtlichen Gegend irgendwo im irakischen Teil Kurdistans lebt. Als ein vermögender Mann Siyar um die Hand seiner älteren Schwester Nermin bittet, willigt der Junge ein. Nermin allerdings liebt einen anderen, flieht mit ihm und bringt auf diese Weise Schande über die Familie. Siyar sieht nur eine Möglichkeit, die Ehre wiederherzustellen: Er muss Nermin töten. Als er aufbricht, hat er noch keine Ahnung, dass seine beschwerliche Reise im winterlichen Norwegen enden wird.

Hisham Zaman, ein Norweger mit kurdischen Wurzeln, sorgt zwar dafür, dass der geplante Ehrenmord als Motiv nicht in Vergessenheit gerät, doch angesichts der vielen Abenteuer und Begegnungen wird der eigentliche Anlass immer mehr zur Nebensache. Zunächst wird Siyar über die türkische Grenze geschmuggelt und entdeckt mit staunenden Augen Istanbul. Dort trifft er auch einen Menschen, der großen Anteil an seinem Wandel hat: Als ihm zwei Schuhputzer sein Geld klauen und er einen der Jungs endlich einholt, stellt er verblüfft fest, dass es sich um ein Mädchen handelt. Evin (Suzan Ilir) ist ebenfalls Kurdin und will nach Berlin, wo ihr Vater lebt. Kurz drauf erfährt Siyar, dass seine Schwester und ihr Freund in Norwegen sind. Evin und er schließen sich einem Transport nach Griechenland an, wo sich Siyar zu einem folgenschweren Liebesbeweis durchringt.

Zaman, der einst im Alter von Siyar mit seinen Eltern nach Norwegen geflohen ist, und sein Kameramann Marius Matzow Guldbrandson finden immer wieder großartige stimmige Bilder für die Geschichte. Gerade die Landschaftsaufnahmen sowohl im kargen Kurdistan wie auch später im verschneiten Norwegen sind beeindruckend. Das größere Kunststück, der charakterliche Wandel Siyars, vollzieht sich jedoch mit ganz einfachen Mitteln: Seine Haare wachsen. Anfangs ist er ein Bursche, der zu früh erwachsen werden musste, aber die längeren Haare und der kümmerliche Oberlippenbart lassen ihn jünger und weicher erscheinen; seine mehr spür- als sichtbare Zuneigung zu Evin, die ihrerseits im Verlauf der Reise immer mädchenhafter wird, tut ein Übriges. Zaman hat die beiden Hauptfiguren ausgezeichnet geführt, was wirklich bemerkenswert ist. "Der Junge Siyar", produziert von der Berliner mîtosfilm, ist nach einigen Kurzfilmen sein erster Spielfilm.

Natürlich erzählt Zaman auch vom Konflikt der Kulturen; schon in Istanbul wirkt Siyars Motiv wie ein Relikt aus grauer Vorzeit. Mit zunehmender Dauer jedoch wandelt sich die Geschichte unterschwellig zur Romanze; umso schockierender ist schließlich der Schluss dieses großen bewegenden Films.

Tilmann P. Gangloff

 

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KJK-Ausgabe 140/2014

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