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Ausgabe 140-4/2014

DIE LANGEN HELLEN TAGE

Bild: DIE LANGEN HELLEN TAGE
© BeMovie

GRZELI NATELI DGEEBI

Produktion: Indiz Film / Polare Film / Arizona Films / ZDF/Arte; Georgien / Deutschland / Frankreich 2013 – Regie: Nana Ekvtimishvili, Simon Groß – Buch: Nana Ekvtimishvili – Kamera: Oleg Mutu – Schnitt: Stefan Stabenow – Darsteller: Lika Babluani (Eka), Mariam Bokeria (Natia), Zurab Gogaladze (Kote), Data Zakareishvili (Lado), Ana Nijaradze (Ekas Mutter), Tamar Bukhnikashvili (Natias Mutter) u. a. – Länge: 102 Min. – Farbe – Verleih: BeMovie Medienproduktion und Vertrieb, Berlin – Altersempfehlung: ab 14 J.

Tiflis im Jahre 1992. Das ehemals zur Sowjetunion gehörende, jetzt unabhängige Georgien befindet sich im Bürgerkrieg in Abchasien, einer Teilrepublik Georgiens. Gewalt und Chaos bestimmen den Alltag in dem zerrütteten Land. Während Ehemänner und Söhne eingezogen werden, kämpfen Frauen an der Heimatfront ums tägliche Überleben. Verbittert und feindselig verteidigen sie ihren Platz in der Schlange der Brotausgabe und sind machtlos gegen räuberische Uniformierte.

Vor diesem Hintergrund erzählen die Filmemacher Nana Ekvtimishvili (1978 in Tiflis geboren) und Simon Groß die Geschichte eines Sommers, der das Leben der beiden 14-jährigen Freundinnen Eka und Natia verändern wird. Beide Mädchen, die ernsthafte Eka und die attraktive Natia, leben in kaputten Familien. Natias Vater ist gewalttätig, wenn er betrunken ist, und das ist er meistens, die Großmutter schimpft, die Mutter flucht, der kleine Bruder sucht Schutz bei Natia. Eka hingegen ist eine Einzelgängerin. Mit der älteren Schwester, die von Liebe und Glamour träumt, verbindet sie nichts. Der unglücklichen Mutter, deren Mann wegen Mordes inhaftiert ist, weicht sie aus, verweigert den Gefängnisbesuch. Und doch fühlt Eka sich magisch hingezogen zur Kommode mit dem Kästchen, in dem die Mutter Erinnerungen an ihren Mann aufbewahrt, Briefe, Fotos, eine letzte Zigarette.

Eka interessiert sich nicht für Jungen und auch nicht dafür, was andere über sie denken und reden. Im Gegensatz zur bereits älter wirkenden  Natia. Die flirtet mit Lado, einem sanften Hübschen, der ihr eine Pistole schenkt, damit sie sich in seiner Abwesenheit selbst verteidigen kann. Ein Geschenk, das sie ehrfürchtig in Besitz nimmt. Diese Pistole wird eine entscheidende Rolle spielen in dem Drama, das sich anbahnt. Natia versteckt die Waffe zu Hause und weiht Eka in ihr Geheimnis ein. Doch ehe Natia sich wehren kann, wird sie von Kote, einem rauen Kerl, aus der Brotschlange heraus ins Auto gezerrt – eine fragwürdige, noch im Georgien der 90er-Jahre praktizierte Tradition. Damit ist die Heirat beschlossene Sache und die Katastrophe vorprogrammiert. Während Natia sich scheinbar ihrem Schicksal fügt, verteidigt Eka ihre Freiheit und Unabhängigkeit. Durch konsequentes Handeln durchbricht sie die Spirale der Gewalt. Dieser Sommer mit den langen hellen Tagen ist für sie ein Sommer der Emanzipation.

"Die langen hellen Tage" ist Nana Ekvtimishvilis Spielfilmdebüt mit autobiografischem Hintergrund, denn die Filmemacherin war zu der Zeit, in der ihr Film in Georgien spielt, im gleichen Alter wie ihre Protagonistinnen. Schon als Teenager schrieb sie Kurzgeschichten. Nach einem Philosophiestudium in Tiflis verließ sie ihr Land und studierte Drama und Drehbuch an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg. Dort traf sie Simon Groß (1976 in München geboren, Regie-Studium an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film) und gemeinsam gingen sie nach Tiflis, wo sie 2012 – außer einer Eisdiele neben dem Kino – die Produktionsfirma  "Polare Film" gründeten. Für ihren gemeinsamen Film ließen sie sich Zeit. Sie konnten es sich leisten, da die expandierende Eisdiele ihren Lebensunterhalt sicherte. Die beiden kongenialen Hauptdarstellerinnen fanden die Filmemacher in einer Schule (Eka: Lika Babluani) sowie im Vorübergehen (Natia: Mariam Bokeria). Beide hatten keinerlei Filmerfahrung. Mit Oleg Mutu engagierten sie einen Kameramann, der auch für die Bildgestaltung des in Cannes prämierten rumänischen Beitrags "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" verantwortlich war. Seine geradezu magischen Bilder sind voller Energie und Intensität, stellen eine unmittelbare Nähe zu den Charakteren her. Ekas Blick, in dem sich Traurigkeit, Zorn und Entschlossenheit spiegeln, bleibt lange im Gedächtnis. Ein Höhepunkt des Geschehens ist schließlich ihr in einer einzigen Einstellung gefilmter Tanz auf Natias Hochzeit – ein Tanz, der traditionell Männern vorbehalten ist und der die Zuschauer in Bann zieht.

Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel

 

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KJK-Ausgabe 140/2014

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