( zum Film TASCHENDIEB)
Produktion: Shooting Star Film Company BV; Niederlande 1995 – Regie und Buch: Maria Peters – Kamera: Hein Groot – Schnitt: Ot Louw – Musik: Ad van Dijk – Darsteller: Olivier Tuinier (Alex), Aus Greidanus (Lucas), Mischa Hulshof (Evert), Ingeborg Uyt Den Boogaard (Großmutter) u. a. – 97 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Arsenal (35mm) – Vertrieb: Katholisches Filmwerk Frankfurt/M. (16mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.
Alex und Rose sind gute Freunde. Alex ist zwölf und hat ein Faible für Skelette, und Rose ist seine Großmutter und akzeptiert als Einzige Alex' Vorliebe und geht mit ihm in eine Dinosaurier-Ausstellung – mit dieser Sequenz beginnt der Film, und er endet wiederum mit Oma und Enkel, als sie eine Polizeistation verlassen. Was ist dazwischen passiert?
Alex beobachtet zwei Jungen, wie sie aus dem Haus seiner Oma stürzen, drinnen findet er Rose gefesselt an der Heizung – ihre gesamten Ersparnisse sind gestohlen! Sie verbietet Alex jedoch, mit irgendwem darüber zu sprechen, schon gar nicht mit seiner Mutter, die Rose sonst womöglich ins Altenheim steckt. Die alte Frau weiß nicht, in welchen Konflikt sie ihren Enkel damit stürzt. Die Diebe, zwei Brüder, bedrohen nun Alex ihrerseits, nicht zur Polizei zu gehen und merken sehr schnell, welch leichtes Spiel sie mit ihm haben: Wegen seines Versprechens Rose gegenüber sind ihm die Hände gebunden. So können sie ihn sogar dazu zwingen, alten Damen auf der Straße die Handtaschen zu stehlen. Selber straffällig geworden, kann er sich erst recht niemandem mehr anvertrauen. Der Film steigert den Konflikt bis zum tragischen Höhepunkt, wenn Alex einer blinden, hilflosen Frau viel Geld stiehlt – diesmal ohne von den Brüdern gezwungen worden zu sein. Nun begreift er, wie weit es schon mit ihm gekommen ist, und er beschließt, sich zu wehren. In einem klassischen Showdown, das nach dieser Anspannung wie ein Befreiungsschlag wirkt, lockt er die Jungen in eine Falle. Von seinen Eltern bekommt er anschließend nur Vorhaltungen gemacht, wieder ist es Rose, seine Oma, die bei der Polizei zu ihm hält.
Maria Peters hat ein in den Niederlanden erfolgreiches Kinderbuch verfilmt, ist aber in einem entscheidenden Punkt von der Vorlage abgerückt: Man erfährt jetzt auch etwas über den familiären Hintergrund der Brüder. Ohne Mitleid erwecken zu wollen, konstatiert der Film schlicht, dass sie von einem jähzornigen Stiefvater drangsaliert werden – hier sind sie die Unterlegenen. Der Regisseurin war es ein Anliegen, nicht zu eindimensional zu erzählen.
Aus der Angst um Alex wird man den ganzen Film über nicht einen Moment entlassen. Ohne offensichtliche Gefühlsregungen steht er diesen Konflikt durch, er kann weder lachen noch weinen, alles drückt er mit stoischem Gebaren aus. Olivier Tuinier, den wir schon aus dem Film "Taschenmesser" (1992, von Ben Sombogaart) kennen, ist ein beinahe schon routinierter Kinderdarsteller und macht Alex' Verhalten an jeder Stelle glaubhaft. Da der "Taschendieb" nicht nur in seiner Dramaturgie und Kameraführung ein perfekter Kinderfilm ist, sondern auch ein wichtiges Thema behandelt, wünscht man ihm eine erfolgreiche Auswertung (seit November '96 im deutschen Verleih).
Katrin Hoffmann
Zu diesem Film siehe auch:
KJK 62-1/1995 - Filmbesprechung - TASCHENDIEB
DER TASCHENDIEB im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.
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