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Ausgabe 70-2/1997

"Das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität"

Gespräch mit Christina Schindler anlässlich der Premiere ihres Films "Zugvögel" beim Kinderfilmfest der Berlinale 1997

(Interview zum Film ZUGVÖGEL)

KJK: "Zugvögel" ist nach "Aus-Flug" und "Rinnsteinpiraten" Ihr dritter Film für die ZDF-Reihe "Siebenstein". Gibt es eine stilistische Klammer, unter der alle drei Filme zusammengefasst werden können?
Christina Schindler: "Ja natürlich, denn das übergeordnete Thema in meinen Filmen ist immer das Verhältnis von Fiktion und Realität. 'Aus-Flug' ist ein Film, der zwei Erzählebenen parallel hat. Auf der Tonebene ist die erzählende Großmutter, die den Vogelkindern Angst macht. Wir hören eine Furcht einflößende Geschichte, aber der Betrachter sieht genau das Gegenteil. Damit stellen die Bilder die erzählte Geschichte in Frage. Am Schluss bleibt offen, was Wahrheit und was Fiktion ist.
Bei 'Rinnsteinpiraten' ist allein formal Fiktion und Realität in Form von der Kombination aus Real- und Trickfilm deutlicher voneinander abgehoben. Und doch habe ich bei Vorführungen vor Kindern festgestellt, dass sie im Lauf des Films einfach vergessen, dass das Papierschiff lediglich gezeichnet war. Sie nehmen dieses phantastische Element in dem vergrößerten Rinnstein an. Mich hat speziell interessiert, wie die Welt von ganz unten aussieht. Was wäre da alles möglich im Gully bzw. im Rinnstein.
Bei 'Zugvögel' sieht man im Realfilmteil einen Jungen, der nur sehr oberflächliche Antworten auf seine Fragen bekommt. In seiner Phantasie, und das ist der Trickfilmteil, stellt er sich wortwörtlich vor, dass die Zugvögel in den Süden reisen, um dort Urlaub zu machen."

Hier greifen Sie eine Erfahrung auf, die Kinder sehr häufig machen müssen. Sie stellen Fragen und erhalten kaum eine brauchbare Antwort.
"Ich meine, das ist etwas, was Kindern oft passiert. Ich selbst als Mutter ertappe mich manchmal dabei, dass ich mir nicht die Zeit nehme, wirklich darauf zu hören, was die Kinder eigentlich interessiert. Ich versuche, sie schnell abzuspeisen und merke gar nicht, dass sich in den Köpfen etwas völlig anderes entwickelt. Als ich selbst Kind war, ging es mir auch so. Ich habe mir in der Phantasie alles wesentlich interessanter und bunter ausgemalt, als es dann in Wirklichkeit war. Aber vielleicht steckt auch darin der Ansatz, dass die Phantasie Flügel bekommen kann. Phantasie ist etwas ganz Tolles, aus der man sehr viel schöpfen kann. Ich würde mir wünschen, auch Erwachsene ließen sich mehr von Phantasieflügeln davontragen. Aber vielleicht sind das Dinge, die tatsächlich Kindern vorbehalten sind."

Wann entstand die Geschichte von den Zugvögeln?
"Das war im Winter. Es war lausig kalt draußen, und mein Mann und ich fühlten uns ziemlich urlaubsreif und sonnenhungrig. Meinem Mann gefiel das Wortspiel 'Zugvögel', also Vögel, die mit dem Zug fahren – wohin? Natürlich in den Urlaub, in den Süden. Und schon reihte sich eine Idee an die andere. Und wir hatten unheimlich viel Spaß an der Sache. Ich war in der glücklichen Situation, dass durch 'Rinnsteinpiraten' Referenzgelder aus der Nominierung von dem Bundesfilmpreis und dem Prädikat 'besonders wertvoll' zur Verfügung standen."

Die Referenzgelder haben natürlich nicht ausgereicht, um auch wirklich den Film zu machen.
"Natürlich nicht. Wir haben dann eine praktikable Mischfinanzierung gefunden. Einen großen Teil hat das ZDF übernommen. Damit werden dort auch die deutschen Fernsehrechte ausgewertet. Dann habe ich noch eine Kurzfilmförderung vom BMI bekommen. Matthias-Film hat sich als Verwerter der nichtgewerblichen Rechte bereits an der Produktion beteiligt. Das war das erste Mal, dass ich bereits mit Verleihgeldern produzieren konnte. Ich werte das für mich als großen Erfolg."

Dann ist da ja auch noch das Team, mit dem Sie kontinuierlich zusammenarbeiten.
"Aber unbedingt. Da lege ich besonderen Wert drauf. Unser Verhältnis ist eine Mischung aus Freundschaft und Kollegialität. So, wie wir produzieren, ist das für alle mehr als nur ein Job. Ich denke, den Einsatz, mit dem alle bei der Sache sind – wir haben oft nächtelang gearbeitet – kann ich gar nicht bezahlen. Das kann man nicht mit Leuten machen, die man gerade mal einen Monat vorher angeheuert hat. Für unsere Art zu arbeiten, ist es einfach erforderlich, dass sich alle voll von der Idee mitreißen lassen. Das beruht aber alles auf Gegenseitigkeit. Ich arbeite auch zwischenzeitlich an den Filmen der Freunde mit. Wenn die Großproduzenten im Ausland arbeiten lassen, dann versuchen wir es halt so."

Was heißt das konkret: "Im Ausland arbeiten lassen"?
"Animationsfilm ist so arbeits- und zeitintensiv, das kann man in der Bundesrepublik kaum noch mit Honoraren abgelten. So werden hierzulande zwar noch die Verträge gemacht, die Produktionswege dann allerdings irgendwo im Ausland aufgetan. Meist geht es dann in das östliche Ausland. Für Leute, die Serien produzieren, die dann auch ein richtig großes Volumen haben, geht es fast schon gar nicht mehr anders. Für mich wäre dafür aber schon wieder der Aufwand im Verhältnis zur Produktionsmenge zu groß."

Gibt es denn auch neue Leute, die mit ähnlicher Leidenschaft, wie Ihr sie habt, Trickfilme herstellen möchten?
"Durch meinen Lehrauftrag an der HFF in Potsdam -Babelsberg sehe ich ein ganz großes Potenzial an Nachwuchs heranwachsen. Ob das aber mal Kinderfilmer werden, da bin ich mir nicht so sicher. Aber mit Leidenschaft werden dort auf jeden Fall viele Ideen entwickelt und manche auch verwirklicht."

Und wie wird Ihr nächstes Projekt aussehen?
"Also, da gibt es so eine Idee, aber die ist noch nicht ganz spruchreif. Mein Ehrgeiz ist schon angestachelt. Doch zunächst möchte ich mich erst einmal meinem kleinen Kind zuwenden. Ich möchte es einfach bewusst wachsen sehen. Weiter gibt es noch den Lehrauftrag, und ich möchte den Weg der 'Zugvögel' hin zum Publikum aktiv begleiten. Ich werde in Ruhe nachdenken und dann sehen wir mal ...

Mit Christina Schindler sprach Klaus-Dieter Felsmann

 

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