Produktion: Muss Cinématographie Dakar / ZDF / La Sept-Arte; Senegal / Deutschland / Frankreich 1996 – Regie und Drehbuch: Safi Faye – Kamera: Jürgen Jürges – Schnitt: Andrée Davanture – Musik: Yandé Codou Sène – Darsteller: Magou Seck (Mossane), Isseu Niang (Mutter Mingué Diouf), Moustapha Yade (Samba), Abou Canara (Onkel Baak), Alioune Konaré (Fara) – Laufzeit: 105 Min. – Farbe – Verleih: Freunde der deutschen Kinemathek (35mm, OmU); EZEF (16mm, OmU) – Altersempfehlung: ab 10 J.
Es geschah eines Morgens in Westafrika: Wie Aphrodite entsteigt eine junge Schönheit im Gegenlicht den Wassern des Flusses. Doch schon ertönt aus dem Off eine dramatisch-traurige Ballade, die uns darauf einstimmt, dass es gerade auch ihre Schönheit ist, die der 14-jährigen Mossane (was soviel wie Schönheit bedeutet) zum Verhängnis werden wird. So beginnt der zweite lange Spielfilm der Dokumentaristin Safi Faye, die zu den wenigen afrikanischen Filmemacherinnen gehört, die schon seit mehr als zwei Jahrzehnten kontinuierlich arbeiten können. Nach einigen Dokumentarfilmen über senegalesisches Dorfleben und seine Traditionen (u. a. "Fad Jal, goob na nu" / "Fad Jal – Neuankömmling, arbeite" von 1979) erzählt sie diesmal die Geschichte eines jungen Mädchens, das zum Opfer einer pervertierten Tradition wird.
Mossane lebt in einem Dorf am Meer und soll nach dem Willen ihrer Mutter den in Frankreich lebenden Emigranten Diogoye heiraten, dem sie bei ihrer Geburt versprochen wurde und der Mossanes Familie über die Jahre finanziell unterstützt hat. Forciert wird die mütterliche Entscheidung – der sich der Vater eher desinteressiert fügt – vor allem dadurch, dass Mossanes älterer Bruder dauernd kränkelt, weil er unzulässige Gefühle für seine schöne Schwester hegt. Gefühle, die ihm und auch ihr ausgetrieben werden sollen, indem sie eine Nacht aneinandergefesselt unter dem heiligen Baum des Dorfes verbringen. Doch Mossane liebt einen anderen: Fara, den armen Studenten aus der Stadt, der wegen eines Streiks an der Universität in seinem Heimatdorf weilt. Unterstützt wird die junge Frau allein von einer bereits (glücklich) verheirateten und lebenslustigen Freundin und deren Mutter. Doch aller Widerstand hilft nicht; die Mutter setzt ihren Willen durch und so wird Mossane in einer prächtigen Zeremonie mit dem abwesenden Diogoye verheiratet. In der Nacht danach flieht sie in einem Boot und kommt in den Fluten um, denen sie zu Beginn des Films entstieg. Und wieder ertönt die Ballade von der alten Legende, der zufolge alle 200 Jahre eine junge Frau wegen ihrer Schönheit sterben muss und sie auch die "Pangools" (die Geister der Vorfahren) nicht retten können.
"Wenn die Erde die Menschen nicht mehr ernährt, dann gibt es keine Moral mehr" sagt Fara einmal, und die Tradition wird vom Band, das die Gemeinschaft zusammenhält zur Schlinge, die einzelne (vor allem Frauen) erstickt. Das ist eines der Themen dieses von Jürgen Jürges geradezu betörend fotografierten Films, dessen Bilder allerdings in der 16mm-Fassung – leider – kaum zur Geltung kommen, da sich entscheidende Szenen im Dunkel oder Halbdunkel abspielen. Doch bevor die Geschichte so richtig in Gang kommt, schildert Safi Faye fast dokumentarisch die Sitten und Gebräuche des Dorfes, wie etwa ein Nahrungs- und Tier-Opfer vor der Regenzeit oder die Arbeit des lokalen Heilers. Doch schon in der Opferszene benennt sie eher beiläufig die Differenz zwischen den der Tradition verhafteten Alten und den Jungen: Fara und Mossane nutzen diesen Moment zu einem kleinen Rendezvous. Ähnlich wie Idrissa Ouedraogo in "Tilai" (Gesetz) rechnet sie scharf ab mit einer Tradition, die zum Nutzen der Alten die Jungen tötet.
Dabei steht Safi durchaus nicht im Gegensatz zu afrikanischer Tradition als Ganzes, was ihr unbefangener Umgang mit dörflichem Animismus beweist. Doch auch Tradition ist für sie etwas, das sich verändern sollte; sie darf kein starres Gerüst sein und soll den Menschen ihr Leben ermöglichen und es nicht vernichten. Wobei es hier vor allem Mossanes Mutter ist, die aus rein ökonomischen Gründen auf dem Vollzug einer Tradition besteht, die mit Liebe nichts und mit Schulden alles zu tun hat. Ganz im Gegensatz dazu steht die Familie von Mossanes lebenslustige Freundin, die ihr schon mal ein paar Tipps für ungefährlichen vorehelichen Sex gibt und auch ihre eigene Sexualität sehr frei lebt.
Doch insgesamt scheint der Film – trotz der Brisanz des Frauenthemas für ganz (West-)Afrika – ein wenig zu sehr auf den europäischen Markt zu schielen. Zu stark tritt der ethnographisch-dokumentarische Ansatz im ersten Teil in Erscheinung und wenn in der Szene der Schlachtung des Opfertieres die Kamera diskret auf Distanz geht, scheint das doch eher ein Zugeständnis an westliche Empfindsamkeiten denn eine dramaturgische Notwendigkeit zu sein. Aber es war gerade diese Mischung aus Ethnographie und Drama, die die Jury beim Lucas '98 (Internationales Kinder- und Jugendfilmfestival Frankfurt am Main) für den Film einnahm. Und Safi Faye gelang hier ein Stück westafrikanisches Dorfkino, das eben nicht wie Gaston Kaborés "Buud Yam" die Stagnation dieser Spielart afrikanischen Kinos demonstriert, sondern sich bemüht, realistisch und pointiert die Folgen der Erstarrung der Tradition vor allem für Frauen zu zeigen.
Lutz Gräfe
MOSSANE im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.
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