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Ausgabe 74-2/1998

WO DER ELEFANT SITZT

WHERE THE ELEPHANT SITS

Produktion: Trunk to Tale Productions; USA 1997 – Regie: Mark Lowenthal, Louis Florimonte – Buch: Mark Lowenthal – Kamera: Clyde W. Smith, Mark A. Putnam – Schnitt: Mark Lowenthal – Musik: Bill Purse – Darsteller: Mark Lowenthal (Ben Falk), Elise Caitlin (Sarah), Tone Forrest (Mr. Grant), Michael Cummings (World), Danielle Garner (Octavia) u. a. – Länge: 100 Min. – Farbe – Weltvertrieb: noch offen

Ben Falk, ein ehemaliger Zirkusartist, hat beschlossen, sesshaft zu werden und Kinder in Mathematik zu unterrichten. Er bekommt eine Stelle an einer sogenannten Ghetto-Schule und beginnt voller Elan seinen Unterricht. Schon am ersten Tag merkt er, dass an dieser Schule einiges nicht stimmt. Sicherheitsbeamte bewachen das Schulgelände, der Klassenraum soll auch während des Unterrichts verriegelt werden, die Schüler empfangen ihren neuen Lehrer mit Aggressivität und Gleichgültigkeit. Alle paar Wochen hat der Lehrer bei ihnen gewechselt, nun wollen sie sehen, wie lange es Mr. Fuck – wie sie ihn nennen – aushält. Doch Ben Falk hat nicht so schnell vor, das Feld zu räumen. Im Zirkus ist er mit den Kindern immer gut ausgekommen, konnte sie zum Lachen und zum Staunen bringen. So versucht er, auch hier die Kinder mit allen möglichen Zaubertricks zu verblüffen und für den Unterricht zu interessieren. Doch seine Schüler sind nicht so leicht zu packen. An der Schule herrschen Chaos, Gewalt und Desillusion. Es fehlt an Unterrichtsmaterial, an Papier, an Stiften, in den letzten Jahren ist die Schülerzahl von 1200 auf 2500 gestiegen, während die Zahl der ausgebildeten Lehrer immer mehr sinkt. Der Direktor weiß, dass 60 Prozent seiner Schüler keinen Abschluss machen werden, und von den übrigen 40 Prozent die Hälfte dann gerade mal wie ein Sechstklässler lesen und schreiben wird.

Ben Falk gibt nicht auf, obwohl er eine Niederlage nach der anderen einstecken muss. Seine Schüler können weder multiplizieren noch addieren und haben überhaupt kein Selbstvertrauen, um sich an die Lösung einfachster Aufgaben heranzuwagen. Ihre Probleme überspielen sie durch aggressives Herumtoben und Boykottieren des Unterrichts. Bis eines Tages ein lautes Elefantentrompeten ertönt und die Kinder zur Ruhe bringt. Von nun an steht Ben Falk nicht mehr allein vor der Klasse. Nach und nach gewinnt er das Vertrauen zumindest einiger seiner Schüler. Der Schulbehörde allerdings gefallen seine unkonventionellen Unterrichtsmethoden überhaupt nicht, ständig muss er sich rechtfertigen bzw. gegen bürokratische Entscheidungen kämpfen. Zu Hause kommt er nicht mehr von der Schule los, schläft kaum noch, seine Freundin verlässt ihn, selbst seine Schwester kann ihn nicht mehr verstehen. Zu all den Problemen kommt, dass immer mehr Schüler aus seiner Klasse wegbleiben und sich verschiedenen Straßengangs anschließen. Als dann eines Tages ein Schüler erschossen vor dem Klassenzimmer liegt, verzweifelt Ben Falk. Nun endlich gibt sich die Elefantenfrau zu erkennen und fleht ihn an, an der Schule zu bleiben für die Kinder, die jeden Tag die Mühe auf sich nehmen und versuchen, etwas zu lernen. Sie macht ihm klar, dass sein Platz hier im Klassenraum ist, dass er hier sein Bestes und damit den Kindern eine Chance geben muss, auch wenn es sich nur um 20 Prozent handelt.

Ben Falk macht weiter. Doch er kann nicht die Augen vor der Außenwelt verschließen. Immer wieder fehlt ein Schüler in seiner Klasse und immer wieder nehmen es die anderen Kinder gleichgültig auf. Es gehört zu ihrer Realität. Als dann eines Tages auch sein Lieblingsschüler World von einer Gang ermordet wird, bricht er zusammen und verlässt die Schule ...

"Where the elephant sits" erlebte auf dem diesjährigen KinderFilmfest Berlin seine Weltpremiere. Ursprünglich nicht für Kinder gemacht, fand er besonders bei den Älteren einen großen Zuspruch. Gepackt hatte sie die realitätsbezogene Geschichte, die ungeschönt und nicht extra für sie zurechtgemacht erzählt wird. Selbst, dass der Film an manchen Stellen sehr dialoglastig ist und die Elefantenfrau mitunter recht ungeschickt in den Klassenraum projiziert wurde, konnten sie verschmerzen angesichts der dargestellten Problematik, die ja, wenn vielleicht in etwas abgemilderter Form, auch ihre ist. Die Kinderjury zeichnete diesen Wettbewerbsbeitrag mit dem Gläsernen Bären aus und setzte mit ihrer Entscheidung wieder einmal ein Zeichen, dass Kinder, zumindest ab 10 Jahren, Filme wollen, die sich mit ihren Problemen, Ängsten und Nöten beschäftigen, und zwar in aller Härte und Konsequenz. Übrigens vergab die Kinderjury letztes Jahr in Gera ihren Goldenen Spatzen an einen ähnlichen Film, den Fernsehfilm "Svens Geheimnis". Auch hier geht es um Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, auch dieser Film spielt im Schulmilieu und endet nicht gerade optimistisch, obwohl dort die Lehrerin bleibt. Angesichts solcher Entscheidungen durch die Kinder frage ich mich, warum diese in den Diskussionen um die Zukunft des Kinderfilms eine so geringe Rolle spielen.

Barbara Felsmann

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 74-2/1998 - Interview - "Ich habe einfach nach einem wahrhaftigen Ende gesucht"

 

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