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Ausgabe 79-3/1999

"Für mich haben die Dogma-Regeln etwas Befreiendes"

Gespräch mit Søren Kragh-Jacobsen zu "Mifune"

(Interview zum Film MIFUNE)

Die Dänen kommen: Søren Kragh-Jacobsen (52), der sich bisher vorwiegend als Kinderfilm- und Jugendfilm-Regisseur profilierte, ist der dritte im Dogma-Bunde. "Mifune – Dogma 3" (35mm-Verleih: Concorde) ist ein heiter melancholisches Sommerabenteuer auf dem Lande mit fröhlichem Witz und deftiger Situationskomik. Auf der Berlinale 1999 bekam der Film den Großen Preis der Jury, einen Silbernen Bären.

KJK: Bedeuten der Ghetto-Film "Die Insel in der Vogelstraße", der 1997 auf der Berlinale lief, und jetzt "Mifune" thematisch und künstlerisch einen Wendepunkt in Ihrer Karriere als Filmemacher?
Søren Kragh-Jacobsen: "'Mifune' auf jeden Fall. 'Die Insel in der Vogelstraße' war ein Angebot, weil ich für meine Fähigkeit, Kinder zu inszenieren, bekannt war. Rückblickend möchte ich diese Erfahrung nicht missen, vor allem auch das Drehen in einer fremden Sprache, Englisch. Aber es war die schrecklichste Arbeit unter all meinen Filmen. Der amerikanische Produzent Rudy Cohen wollte, dass ich 'Home Alone 3' drehe."

"Mifune" ist da ein krasses Kontrastprogramm. Sie haben tatsächlich ohne ein lange vorher geschriebenes, detailliertes Drehbuch gefilmt?
"Ja, das ist die Grundidee von Dogma. Als Lars von Trier und Thomas Vinterberg mich aufforderten, bei Dogma mitzumachen, hatte ich die 'Vogelstraße' gerade hinter mir. Ich war an einem Punkt, wo ich mich fragte, warum ich mich als Filmemacher immer so von der Technik tyrannisieren lassen muss. Da kam Lars mit diesen Ideen, dort zu drehen, wo der Film spielt, ohne zusätzliches Licht, mit original synchronem Ton zum Bild, die Darsteller in ihrer eigenen Kleidung – ich fand das amüsant und sehr komisch. Erst später haben wir bemerkt, dass der Begriff Dogma außerhalb Dänemarks viel mehr mit Religion verbunden ist. Und Lars ist katholisch. Ich habe ihm aber gleich zu Anfang gesagt: Dein 'Keuschheitsgelübde' ist mir egal. Aber ich bin gern dabei, weil wir auf diese Weise Gesellschaft hatten."

Funktioniert Dogma als eine bestimmte Form von Zusammenarbeit?
"Ja. Wir diskutieren zu viert – der vierte im Bunde ist Kristian Levering – über das Filmemachen als Kunst und als eine persönliche Sache. Ich hatte eben gerade nach der 'Vogelstraße' das Gefühl, einen Job gemacht zu haben. Und Lars wusste das. Er war mit mir einig, dass wir versuchen sollten, die Spontaneität wieder zu finden. Dogma sollte uns die Freude am Filmemachen zurückbringen, es war nie die Rede von einem kommerziellen Instrument. Cannes hat das alles verdorben. Für mich haben die Dogma-Regeln etwas Befreiendes."

Wie ist Ihre "Mifune"-Story entstanden?
"Ich beschloss, ein Kammerspiel zu drehen, eine Liebesgeschichte, die es lange nicht mehr gegeben hat im dänischen Film. Ich hatte eines Tages die Idee von einem jungen Mann, der seine Familie verschwiegen hat. Und dann begann alles in Lolland, als wir das erste Mal dorthin fuhren und ich dieses ziemlich heruntergekommene Bauernhaus fand, in dem seit zwölf Jahren niemand gelebt hatte. Da entstand die Grundidee: eine exklusive Hure, ein Yuppie mit einem Problem. Beide treffen sich auf dem Lande, und beide lügen über ihr eigenes Leben. Und bald begann das, was so viel Spaß macht bei Dogma: Wie findet man das Spektakuläre in kleinen Dingen?"

Budget und Drehzeit werden bei der Dogma-Methode sicher auch nicht überstrapaziert?
"Wir haben 30 Tage gedreht, bis zu sechs große Szenen am Tag. Das macht die Schauspieler müde, aber auch sehr glücklich. Sie müssen nicht ewig warten, bis ihre Einstellung ausgeleuchtet ist. Es wird auch nicht geprobt, und es ist nicht wichtig, ob der Anschluss immer stimmt, ob das grüne Hemd in der nächsten Szene vielleicht rot ist. Das Budget waren 900.000 Dollar. Auch das Script war ganz heiß – ich hatte es am 4. Juni beendet und begann am 14. Juni zu drehen. Beim Film 'Die Insel in der Vogelstraße' hatte ich ein fertiges Drehbuch, und dann dauerte es zehn Monate, bis die Finanzierung stand – und es stirbt ein bisschen jeden Tag. Bei Dogma ist das anders – egal, ob das Script fertig ist oder nicht, man fängt einfach an zu drehen. Auf 16mm, die auf 35mm aufgeblasen werden. 'Mifune' sieht ziemlich traditionell aus im Vergleich zu den anderen beiden Dogma-Filmen ('Das Fest' und 'Idioten'), die eine eher wackelige Bilderfolge haben. Ich wollte meinen Film ruhiger haben, und wir haben die Handkamera ganz einfach ruhig gehalten."

Wie geht es weiter mit Dogma?
"Kristian Levering macht den vierten Film, und ich habe gelesen, dass Paul Morrissey den fünften macht. Aber das weiß ich nicht so genau, denn um die anderen Filmemacher kümmert sich Thomas Vinterberg. Anfragen sind da aus aller Welt, denn jeder kann mitmachen bei uns. Er muss nur den Film nach Dänemark schicken, um das Siegel für den Titelvorspann zu bekommen. Vielleicht treffen wir auf diese Weise interessante Filmemacher. Sicher ist jedenfalls, dass Harmony Korine einen Dogma-Film macht mit dem 'Mifune'-Kameramann und auch meinem Cutter. Außerdem hat das staatliche Fernsehen gerade verkündet, dass es vier weitere dänische Dogma-Filme mit 65 Prozent mitfinanzieren wird. Es gibt sehr viele talentierte Regisseure bei uns."

Werden Sie weiter in diesem Stil Filme machen?
"Mein nächstes Projekt ist kein Dogma-Film, obwohl ich das Drehbuch zusammen mit dem 'Mifune'-Autor Anders Thomas Jensen geschrieben habe. Wir beiden Männer – er ist 27, ich bin 52 – haben eine gute Story gefunden über eine schwangere Frau. Und die wird 'Mifune'-Hauptdarstellerin Iben Hjejle spielen."

Mit Søren Kragh-Jacobsen sprach Frauke Hanck

 

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