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Ausgabe 13-1/1983

DIE FLIEGENDE WINDMÃœHLE

Produktion: DEFA-Studio für Trickfilme Dresden, DDR 1981 – Nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Günther Feustel – Regie: Günter Rätz – Animation: Günter Rätz, Alexander Reimann – Dramaturgie: Hannelore Holz – Kamera: Helmut May -Musik: Arndt Bause – Gestaltung: Gottfried Reinhardt, Horst Tappert, Alexander Reimann – Ton: Heinz Kaiser – Schnitt: Renate Ritter – Sprecher: Käthe Reichel, Evelyn Opoczanski, Achim Petri, Volkmar Kleinert u. a. – Farbe – 35 mm

Für die zweite lange Produktion des Dresdner Trickfilmstudios – 1961 wurde für den ersten Programmfüller "Die seltsame Historie von den Schildbürgern" verwendet – diente jetzt ein beliebtes Kinderbuch des DDR-Autors Günther Feustel "Die fliegende Windmühle". Der gleichnamige Puppentrickfilm beginnt mit der Enttäuschung einer kessen Göre über ihr schlechtes Schulzeugnis. Olli, mit rot-weißem Ringelpulli, zwei nach oben stehenden Blondzöpfen und runden Kulleraugen lustig anzuschauen, ist über die fünf Vieren ganz sauer und will weder nach Hause zur Großmutter noch je wieder in die verhasste Schule. Am liebsten möchte sie eigentlich gar niemand mehr sehen und akzeptiert deshalb auch nur widerwillig auf ihrem Weg über ländliche Felder die Begleitung von Hund Pinkus und Pferd Alexander. Pinkus ist ein gutmütiges braunes Wollknäuel mit weißem Schnauz, und Alexander trägt auf seinem spärlich behaarten langen dünnen Körper mit den hohen Beinen, die sich manchmal richtig verheddern, einen knautschigen Pferdekopf und gibt gern Anglizismen von sich, mit denen er seine eingebildete Überlegenheit als ehemaliger Sieger in einem Rennen demonstrieren möchte.

Schließlich kommt das Wandertrio in eine einsam auf einem Hügel stehende geheimnisvolle Windmühle. Hier haust ein experimentierfreudiger und erfindungsreicher Professor, ein richtiger bebrillter Eierkopf, mit seiner Haushälterin Susi, und die ist – worüber sich nur ein ganz Trickfilm unerfahrener Zuschauer wundern kann – ein eher rundliches grünes Krokodil, das auch noch manchmal eine weiße Schürze umgebunden hat. Olli freilich interessiert mehr das Laboratorium des Professors mit allerlei Räderwerk, stampfenden Kolben und glitzernden Ampullen. Als das neugierige Mädchen einige bunte Kristallkugeln in eine blubbernde Brühe geworfen hat, bleibt dies nicht ohne Folgen: Die Windmühlenflügel setzen sich wie hubschrauber-ähnliche Propeller in Bewegung und heben die ganze, daran hängende mickrige Bretterbude vom Boden ab. Mitsamt ihren Bewohnern und Besuchern fliegt die bescheidene Behausung durch den Weltraum.

Die dort zu bestehenden Abenteuer sind dann allerdings so wenig aufregend, dass das Interesse daran bald nachlässt. Über lange Strecken kommt schlicht Langeweile auf, und das dürfte ja gerade bei einem Trickfilm, der stets mit Zauberei und Überraschungen ein phantasievolles Spiel in einer ganz eigenen Welt treiben soll, am allerwenigsten passieren. Bei Begegnungen mit fremden Sternen wuchern allenfalls mal, wie in einem amerikanischen Science-Fiction-Film, eklige Schlingpflanzen bis in die Windmühle hinein oder es tun sich auf unsicherem Boden irgendwelche Krater mit Absturzgefahr auf. Erst nachdem ihre Windmühle mal auf einem großen Wasser gelandet ist, treffen die unfreiwilligen Kosmonauten auch noch andere Lebewesen: kleine freundliche froschähnliche grüne Gummifiguren, die auf ihrer Insel dann auch noch wie die Schlümpfe einen quäkenden Gesang anstimmen. Daraus entwickelt sich sogar ein regelrechtes Open-Air-Concert: Pferd Alexander gibt einen heimwehgefühlvollen Song im Country-and-Western-Sound zum besten, und der Professor steuert ein Schlagzeug-Solo auf Muscheln bei. Schon vorher hatten die Animatoren, wenn ihnen einmal nichts anderes mehr einfiel, Hund Pinkus mit Scat-Gesang über Klippen tänzeln lassen, und schließlich lässt Komponist Arndt Bause sogar in etwas verfremdeter Tonart die Melodie des Erfolgsschlagers "Sing, mei Sachse, sing" erklingen. Überhaupt haben sich die Schöpfer dieses Puppentrickfilms offensichtlich bemüht, auch gleich noch die DEFA-Produktionslücken in zwei anderen, vom Publikum immer wieder verlangten Genres zu schließen: Sie bewegen sich zwischen Musical und utopischem Film, und da vor allem Kinder angesprochen werden sollen, gibt's zuletzt auch noch eine pädagogische Pointe: Nach der glücklichen Rückkehr auf die Erde versichert Olli, künftig gut lernen zu wollen, um später einmal – Konsequenz ihrer Kosmoserfahrungen – Vulkaningenieur zu studieren.

Regisseur Günter Rätz hat mit nur drei Helfern drei Jahre lang an diesem Programm füllenden Puppentrickfilm gearbeitet. Daran werden auch die Schwierigkeiten des Dresdner Trickfilmstudios deutlich. Es gibt noch zu wenig Nachwuchs, und wo er vorhanden ist, erfährt er noch zu wenig Förderung. Die Produktion wird im Wesentlichen bis heute von der Gründergeneration des seit 1955 bestehenden DEFA-Trickfilmstudios bestritten. Auch Günter Rätz gehört zu diesen Alt-Animatoren. Einen Namen hat er sich vor allem durch die Entwicklung des Drahtmännchens gemacht. Außer Puppenfilmen entstehen in Dresden auch noch Silhouetten- und Zeichentrickfilme: insgesamt etwa 65 pro Jahr, wobei neben dem Kino auch das Fernsehen und andere Auftraggeber Abnehmer sind. Zunehmend verzeichnet man auch Exporterfolge.

Allerdings äußerte einer der profilierten Regisseure des Studios, Otto Sacher, im vergangenen Jahr einmal die Befürchtung, dass der Anschluss an die durch viele technische Neuerungen gekennzeichnete internationale Entwicklung verloren gehen könne. Hauptadressat der Produktion des Trickfilmstudios ist das jüngste Publikum. Es steht damit in einer Tradition der DEFA, die sich ja seit jeher durch intensive Bemühungen um die kleinen Zuschauer auszeichnet. So gibt es auch eine eigene Produktionsgruppe Kinderfilm im Dokumentarfilmstudio, und aus dem Babelsberger Spielfilmstudio kommen jedes Jahr mindestens drei Programm füllende Produktionen ins Kino. Beim Kinderfilm braucht sich die DDR jedenfalls nicht um Anschluss an die internationale Entwicklung zu sorgen. Auf diesem Gebiet hat sie vor allem der Bundesrepublik sogar eine ganze Menge voraus.

Heinz Kersten

 

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