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Ausgabe 29-1/1987

DER NACHTREITER

NATTERYTTER

Produktion: Preisler Film / Danmarks Radio TV, Dänemark 1986 – Drehbuch: Marie Louise Lefevre, Svend Johansen – Regie: Svend Johansen – Kamera: Manuel Sellner – Schnitt: Edda Urup, Thomas Gammeltoft – Musik: Anders Koppel – Darsteller: Julie Find, Kirsten Rolffes, Martin Rødland, Søren Laenkholm – Laufzeit: 33 Min. – Farbe – Vertrieb: Statens Filmcentral Kopenhagen

Hanne ist wütend auf ihren Vater. Er will, dass sie in den Herbstferien zur Großmutter aufs Land fährt. Seit ihre Mutter tot ist, wacht die Zwölfjährige eifersüchtig darüber, was der Vater tut. Nun will er, denkt sie, ein paar ungestörte Tage mit Else verbringen, seiner neuen Freundin. Hanne fühlt sich abgeschoben und isoliert. Die Situation macht ihr Angst. Außerdem, so erzählt sie ihrer Freundin am Telefon, ist auf dem Land sowieso nichts los, und sie wird sich langweilen. Aber der Empfang bei der Großmutter ist herzlich. Hanne wird verwöhnt und freut sich über das gemütliche Landhaus, in dem die Großmutter lebt. Aber ihre Angst ist geblieben. Nachts ist es unheimlich. Der Wind pfeift ums Haus, die Fensterläden klappern. Der schwarze Nachtreiter spukt in Hannes Kopf herum. Sie hat in einem Buch über ihn gelesen. Hanne erzählt der Großmutter davon und fragt sie, ob sie auch manchmal Angst habe. Ja, ist die Antwort, Ängste gebe es in jedem Alter, das sei ganz normal. Aber Hanne glaubt nicht so recht daran.

Bei der Großmutter lernt Hanne auch Thomas kennen, einen gleichaltrigen Jungen aus der Nachbarschaft, der wie Hanne Pferde liebt und gern reitet. Die Kinder machen zusammen Ausflüge zu Pferde. Dabei merkt Thomas, dass Hanne ängstlich ist. Er zieht sie damit auf und will sie auf die Probe stellen: Er lädt sie ein, mit ihm nachts heimlich zum alten Burggemäuer zu reiten und den kopflosen Nachtreiter zu suchen. Widerstrebend willigt Hanne ein. Der Großmutter bleibt der Plan nicht verborgen, und so treffen sich die drei wie zufällig auf dem Burghof. Bei einem kleinen Lagerfeuer erzählen sie sich vom Nachtreiter.

Der neue dänische Kurzspielfilm greift behutsam ein Thema auf, das viele Kinder beschäftigt: Ängste, und wie man damit fertig wird. Bemerkenswert ist dabei, dass der Film nicht versucht, das Phänomen Angst rational zu erklären oder es abwiegelnd zu verharmlosen. Er hält das Thema vielmehr in der Schwebe und beschreibt die Angst als eine ganz alltägliche, keinesfalls nur bei Kindern vorhandene Erscheinung. Man muss, so die Botschaft des Films, nur lernen, damit umzugehen, dann kann Angst sogar eine stimulierende positive Wirkung auf die Phantasie haben. Diese Erkenntnis vermittelt der Film auf unterhaltsame Weise und ist damit ein weiteres Beispiel für den mutigen Umgang mit heiklen pädagogischen Themen in skandinavischen Kinderfilmen.

Mit sicherer Hand führt der Regisseur Svend Johansen den Handlungsfaden und seine Figuren und setzt dabei unbefangen und eindrucksvoll die Mittel des großen Erzählkinos ein. Hervorzuheben ist das Spiel der Hauptpersonen. Hanne ist zunächst unsicher; die häusliche Situation ist von ihr noch nicht verarbeitet. Wie sie dann aber zunehmend selbstständiger wird und schließlich fröhlich über ihre Ängste spricht, ist überzeugend inszeniert. Thomas dagegen ist ein robuster Junge, der sofort bei Hanne seinen männlichen Instinkt mobilisiert und zugleich neckend und beschützend reagiert. Die Großmutter schließlich ist wie aus dem modernen Bilderbuch: klug, verständnisvoll, voller Humor und Lebensweisheit. Außerdem raucht sie, wie offenbar alle älteren dänischen Damen, Zigarillos, und hat lockere Sprüche drauf. Wehmütig denkt sich der kritische Betrachter, dass viele Probleme sich in nichts auflösen würden, wenn es mehr solche Großmütter gäbe.

Ein schöner Film für Kinder ab acht Jahren und für deren Eltern, der Gespräche aktivieren kann, auch über eigene Ängste, die tief innen sitzen und die sich relativieren lassen, wenn sie herausgelassen werden. Es wäre zu wünschen, dass der Film recht bald in deutsch synchronisierter Fassung bei uns erscheinen würde. – Der Film wurde beim 21. Internationalen Jugendfilmtest 1986 in der Bundesrepublik uraufgeführt.

Bernt Lindner

 

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