Produktion: Mai Zetterling, Großbritannien 1962 – Drehbuch: Mai Zetterling, David Hughes – Regie: Mai Zetterling – Kamera: Brian Probyn, Christopher Menges – Schnitt: Paul Davis – Laufzeit: 15 Min. – schwarz/weiß – Vertrieb: Igelfilm Hamburg, Friedensallee 7, 2000 Hamburg 50 (16mm)
Dieser Film ist eine Wiederentdeckung. Die in Hollywood zu Ruhm gekommene schwedische Schauspielerin und Regisseurin von Spiel- und Dokumentarfilmen, Mai Zetterling, hat ihn, sozusagen als Fingerübung, zusammen mit ihrem Mann David Hughes produziert und dafür 1963 bei den Filmfestspielen in Venedig den Preis für den besten Real-Kurzfilm erhalten. Mit Recht, wie man nun, 24 Jahre später, wieder feststellen kann.
Zwei Freunde, so um die zehn-zwölf Jahre alt, spielen Krieg in einer der typischen, in West und Ost inzwischen gleichermaßen etablierten Hochhaus-Trabantenstädte. Beide haben Spielzeugpistolen, mit denen sie umgehen können wie die "Großen" in einschlägigen Filmen. Aus dem Spiel wird Ernst, als es dem einen Jungen gelingt, seinem Spielgefährten die Pistole wegzureißen und damit davonzurennen wie mit einer wertvollen Beute. Voller Rachgefühl rennt der andere hinterher und es beginnt eine wilde Jagd durch das endlose Treppenhaus eines Wohn-Wolkenkratzers. Immer weiter hinauf geht die Verfolgung, durch eine Feuertür hinaus auf das Dach, wo es keine schützenden Gitter und Brüstungen mehr gibt. Gefährlich tief geht der Blick senkrecht hinunter auf die belebte Straße, auf der die Autos wie Spielzeuge dahin gleiten. Nur gedämpft dringt ihr Dröhnen bis in diese Höhe herauf. Schließlich gibt es keinen Ausweg mehr, und beide stehen sich Auge in Auge gegenüber – wie Feinde.
In atemberaubendem meisterhaftem Schnitttempo wechseln die Kameraeinstellungen und ziehen den Betrachter in den Sog des gefährlichen wortlosen Spiels – bis der Film auf seinem entscheidenden Höhepunkt abrupt abbricht und den Zuschauer zurücklässt mit der bedrückenden Frage, wie die Geschichte wohl ausgeht. Und diese auf den Punkt gebrachte Open-End-Frage wird die Zuschauer, Kinder wie Erwachsene, im zwangsläufig sieh ergebenden Gespräch beschäftigen. Eine Fülle von Inhalten bietet sich dafür an, von der entseelten Monotonie der Schlafstädte über die konfliktträchtige Magie von Kriegsspielzeug bis hin zu den prägenden Kräften der Massenmedien. Gerade weil der Film sich jeden wertenden Kommentars und jeder direkt geäußerten Kritik enthält und seine Botschaft allein über die beeindruckende Bildsprache formuliert, wird der Zuschauergruppe, je nach Alterszugehörigkeit, schließlich die Möglichkeit zu unbeeinflussten, sicher auch kontroversen Meinungsäußerungen über weiterreichende wichtige Fragestellungen wie Konfliktentstehung und -bewältigung oder die elementaren Ansätze zur Friedenserziehung gegeben.
Der Film eignet sich hervorragend als Einstiegsmedium für Unterrichtseinheiten und Seminare, die sich, unter Verwendung weiterer AV-Medien, mit der Entstehung von Kriegen und deren Auswirkungen beschäftigen. Dem Kinder- und Jugendfilmzentrum und dem Igelfilm-Medienvertrieb ist zu danken, dass sie diesen für die Bildungsarbeit wichtigen Film in 16mm wieder verfügbar machen. Leider haben sie nicht bedacht, dass sein Titel in den Verleihstellen zu Verwechslungen mit bereits vorhandenen Langfilmen gleichen oder ähnlichen Titels führen kann: 'Kriegsspiel' ('The War Game") von Peter Watkins (1968) und "Kriegsspiele" ("War Games") von John Badham (1982). Vielleicht kann der Zusatz "Kurzfilm" bei dem Zetterling-Film in den Verleihlisten solche Verwechslungen vermeiden helfen.
Der Film wird von der Filmauswahlkommission der obersten Landesjugendbehörden empfohlen.
Bernt Lindner
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