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Ausgabe 32-4/1987

MIO, MEIN MIO

Produktion: Nordisk Tonefilm International / Gorki Film Studio / NorWayFilm Dev. / Swedish Film Institute / Sovinfilm, Schweden / Sowjetunion / Norwegen 1987 – Regie: Vladimir Grammatikov – Drehbuch: William Aldridge, nach dem Buch "Mio, mein Mio" von Astrid Lindgren – Kamera: Alexander Antipenko, Kjell Vassdal – Musik: Anders Eljas, Benny Andersson – Darsteller: Nicholas Pickard (Mio), Christian Bale (Jum-Jum), Timothy Bottoms (König), Christopher Lee (Kato) u. a. – Laufzeit: 104 Min. – Farbe

Eines der weniger bekannten Bücher von Astrid Lindgren, die 1954 erschienene Geschichte 'Mio, mein Mio' – 1956 mit dem zum ersten Mal verliehenen Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet – war Vorlage für die erste skandinavisch-sowjetische Koproduktion im Kinderfilmbereich. Gedreht wurde in Schweden, Schottland und auf der Insel Krim. Regie führte Vladimir Grammatikov (ehemaliger Vorsitzender der Kommission für Kinderfilm im Verband der Filmschaffenden der UdSSR). Sein erklärtes Ziel war, das Märchen aus zeitgenössischer Sicht zu verfilmen und den Film "in den guten Traditionen alter Märchen zu gestalten, ohne auf den modernen Rhythmus der Handlung zu verzichten". Er wollte keine Übermenschen, keine Horrorszenen und keine unglaublichen Tricks, da seiner Meinung nach die Köpfe der Kinder vollgestopft sind mit oberflächlichen Reizen, vordergründiger Action und inhaltslosen Geschichten; mit seinem Film wollte er "in die Gefühlswelt der Kinder vordringen". Astrid Lindgren verfasste – entgegen bisheriger Verfilmungen – diesmal nicht das gesamte Drehbuch, sondern beschränkte ihre Mitarbeit auf die Dialoge. Das Szenarium für "Mio, mein Mio" schrieb der schwedische Dramatiker William Aldrych, der die Fakultät für Drehbuchautoren an der Moskauer Filmhochschule absolviert hat. An den Dreharbeiten waren Schauspieler aus vier Ländern beteiligt: Großbritannien, Norwegen, Schweden und Sowjetunion. Gedreht wurde in Englisch.

"Mio, mein Mio" erzählt von dem neunjährigen Jungen Bo Wilhelm Olsson, genannt Bosse, der bei lieblosen Pflegeeltern in Stockholm aufwächst, dort nur einen guten Freund hat, den gleichaltrigen Benka – und eine große Sehnsucht nach seinem Vater. Etwas Besonderes verbindet ihn mit Frau Lundin, der freundlichen Verkäuferin, die ihm eines Tages einen Apfel schenkt und mit einer geheimnisvollen Botschaft "an den König im Land der Ferne" zum Briefkasten schickt. Kurz darauf findet Bosse eine Flasche, und darin einen weißbärtigen Geist, den er befreit. Es stellt sich heraus, dass dieser in das trübe Stockholm gekommen ist, um den Besitzer des Zauber-Apfels zu seinem König in das Land der Ferne zu bringen. Nach dem abenteuerlichen Flug durchs Weltall dort angekommen, begrüßt der König den Jungen als "Mio, mein Mio" – und Bosse erkennt in ihm seinen ersehnten Vater. Zusammen mit dem kraftvollen weißen Pferd Miramis, das ihm sein Vater, der König, schenkt, und mit Jum-Jum, dem Sohn des Gärtners, der seinem Erdenfreund Benka ähnelt, beginnt für Mio ein neues Leben voller Wunder und Abenteuer im Land der Ferne – und im Land Außerhalb. Denn dort regiert der grausame Ritter Kato. Um die dauernde Bedrohung, die von seinem Regiment ausgeht, zu bannen, ist Mio vom Schicksal auserkoren, Kato zu vernichten. Mit seinem treuen Freund Jum-Jum und dem Pferd Miramis macht er sich auf den gefahrenvollen Weg, an dessen Ende der Kampf auf Leben und Tod und schließlich der Untergang von Katos finsterem Reich und die Befreiung der von ihm Verzauberten und Unterdrückten steht.

Die Geschichte enthält eine Vielfalt an märchenhaften Gleichnissen und spannenden Abenteuern. Geht das Buch jedoch stärker auf die psychische Dimension der Hauptfigur ein, greift der Film hauptsächlich die Abenteuer-Ebene auf, die mit opulent und perfekt gestalteten Tricks ausgespielt wird. Hervorzuheben ist das Spiel der beiden englischen Jungen, Nicholas Pickard (Mio) und Christian Bale (Jum-Jum), sowie Christopher Lee als Inkarnation des Bösen in Gestalt des Ritters Kato. Die Figur des Königs allerdings wirkt zu blass, um die starke emotionale Vater-Sohn-Beziehung zu vermitteln.

"Mio, mein Mio" ist als ästhetisch sorgfältig und anspruchsvoll gemachter Abenteuerfilm, der auch dramatische Elemente enthält, sehenswert. Insgesamt bietet die neue Astrid-Lindgren-Verfilmung jedoch wenig Identifikationsmöglichkeiten und hat nicht die bewegende, mitreißende Kraft, wie sie "Die Brüder Löwenherz" – wo es um ein ähnliches Thema geht – oder "Ronja Räubertochter" auszeichnen. Ein Grund dürfte in den Bedingungen derartiger internationaler Großproduktionen zu sehen sein, unter denen jetzt "Mio, mein Mio" entstanden ist. Besonders deutlich zeigt sich das bei der englischen Originalfassung, die in ihrem "Schulenglisch" eigenartig synthetisch wirkt, so dass schon die Sprache für den Zuschauer zur Barriere wird. Einfühlsame, "lebendige" Synchronisationen in den einzelnen Ländern können diesen Nachteil ausgleichen.

Christel Strobel

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 32-4/1987 - Interview - Gespräch mit Vladimir Grammatikov

 

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