(Interview zum Film ASCHENPUTTEL – 1989)
KJK: "Aschenputtel" ist Ihr erster Film für Kinder, gleichzeitig Ihre erste Märchenadaption. Sie haben dafür ein sehr populäres Märchen gewählt. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Karin Brandauer: "Dass 'Aschenputtel' ein oft schon verfilmtes und adaptiertes Märchen ist, war gewissermaßen ein Reiz für mich, denn meine erste Frage war schon: Warum denn gerade Aschenputtel, das hat man doch schon so oft gemacht. Da hieß es: Wir wollen es noch einmal machen, das letzte ist doch schon so alt. Dann habe ich mich dafür zu interessieren begonnen, ich versuchte mich zu erinnern, welche Märchen ich gern hatte und woran ich mich beim Aschenputtel erinnere. Mir sind ganz bestimmte Dinge eingefallen: Das 'Rucke di guck', das war mir immer noch im Ohr, und das Mädchen und das Blut, das Erwachsenwerden, das immer schöner Werden – irgendwie hatte ich das Gefühl, das hat sehr viel mit mir und vielen jungen Mädchen zu tun."
Man hat Ihnen also nicht mehrere Märchen zur Auswahl gegeben?
"Wenn man mich hätte wählen lassen, dann hätte ich mir wahrscheinlich ein anderes ausgesucht. Die Vorgabe war: Hier ist 'Aschenputtel', wollen Sie's machen? Ich überlegte es mir und dachte, wenn ich das einbringen kann, was mich an Aschenputtel erinnert, will ich es machen."
Hat es Sie zunächst erstaunt, dass man auf Sie mit einem Märchen zukam, da Sie bislang eher politische und historische Vorlagen filmisch bearbeitet haben, ich denke besonders an "Einstweilen wird es Mittag".
"Ja, gerade da müsste noch mein letzter Film genannt werden, den ich mit Felix Mitterer gedreht habe: 'Die verkaufte Heimat' über das Problem in Südtirol, ein hochpolitischer, dramatischer Film. Also, wenn man meine Filmgeschichte kennt, ist es ungewöhnlich, und es gab auch viele, die gesagt haben: Was, S i e machen jetzt ein Märchen? Aber das war gerade der Reiz für mich, noch einmal meine Kindheit aus der Tasche zu ziehen und mit Emotionen, Gefühlen und Symbolen arbeiten zu können, mehr Freiraum für Phantasie zu haben, denn bei meinen bisherigen Themen musste man immer mit einer unglaublichen Genauigkeit die Zeit beschreiben. Also, die Phantasie zu haben, freier mit Zeit, Kostümen und Ambiente umzugehen, hat mich schon sehr gereizt."
Aber ist Ihre Herangehensweise an die Umsetzung des Märchens dennoch eine sehr intellektuelle?
"Das stimmt. Man kann aus seiner Haut nicht heraus. Ich habe auch hier, bei einem Film für Kinder – wobei ich jetzt nicht sagen kann, Kinder beliebigen Alters und beliebigen Geschlechts – versucht, so heranzugehen. Ich glaube, es ist ein Film für Mädchen. Ich wäre glücklich, wenn auch Buben ihn sich anschauen würden, aber grundsätzlich glaube ich, ist es eher ein Film für Mädchen. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das zur Frau wird, und das betrifft uns alle, die wir Mädchen waren."
Haben Sie sich vorher mit Bruno Bettelheim beschäftigt?
"Natürlich kannte ich Bettelheim schon und nahm ihn mir wieder vor, aber ob man anthroposophische oder philosophische oder was für wissenschaftliche Auseinandersetzungen auch immer mit Märchen nimmt – die ich mir alle vorgenommen habe – es kommt letztlich schon sehr viel auf einen Nenner heraus: dass Symbolik bei Kindern etwas bewirkt. Ein Märchen ist eine Mär, das heißt die Brüder Grimm haben Altes zusammengesucht, es ist ja glaube ich nichts von ihnen selbst erfunden, sondern das sind traditionelle Geschichten, die Hass, Liebe, Eifersucht, Einsamkeit, Angst, Tod, also all diese archaischen Begriffe beinhalten, die sie eben zum Märchen verkleinert haben für Kinder, die aber eine ganz erwachsene Basis haben.
Ich kann mich erinnern, als ich Kind war – und ich habe bei der Arbeit an diesem Film sehr viel wieder in meiner Kindheit geschürft – war es immer mein Vater, der mir die Märchen vorgelesen hat, wochenlang, und wenn er mir ein anderes Märchen erzählen wollte, wollte ich es nicht, und wenn er zwei Sätze ausgelassen hat, habe ich ihn korrigiert, da ich das ganze Märchen ohnehin schon auswendig kannte. Das heißt, ich war sicher mit einem bestimmten Problem beschäftigt – und das sind viele Kinder – bei dem gerade ein bestimmtes Märchen Befriedigung verschafft hat oder Katalysator war. Danach suchte ich mir ein anderes Märchen aus, das dann wieder wochenlang erzählt werden musste. Ich denke, dass das bei allen Kindern so ist, dass sie etwas haben, mit dem sie sich ganz vertraut machen und mit dem leben sie dann, bis sie es verarbeitet haben, und dann kommt ein anderes Problem."
Sind Sie deshalb auch ganz wortwörtlich an dem Grimmschen Text geblieben, so dass Kinder beim Schauen das Erlebnis des Wiedererkennens haben?
"Ganz richtig, sie erleben einen Aha-Effekt. Ich denke, Literaturverfilmungen, und ich sage jetzt Literatur, weil Märchen selbstverständlich auch zur Literatur gehören, sind das Schwerste überhaupt, denn mehr noch als jeder Erwachsene bei einem Roman macht sich jedes Kind bei dem, was es liest oder vorgelesen bekommt, sein Märchen, seine Gesichter, seine Figuren, seine Kostüme, seine Landschaft, sein Schloss."
Hatten Sie bei den Dreharbeiten Kinder als Adressaten im Kopf?
"Ich versuchte, meine Psychologie, meine Erkenntnis und einiges von dem, was ich über Märchen – nicht nur über 'Aschenputtel' – gelesen hatte, hineinzubringen, immer mit der Rückfrage, wie weit das Kinder noch begreifen können. Ich hatte immer bestimmte Themen für bestimmte Zuschauer. Hier sind es die Kinder, aber auch nicht Kinder aller Altersgruppen. Es war für mich auch ein Versuch. Ich hoffe, ich bin einmal dabei, wenn Kinder sich den Film anschauen, ich möchte mich ihrer Kritik stellen. Ich war in letzter Zeit öfters in Kindervorstellungen im Kino, vermisste aber immer, dass Kinder auch nachher über den Film reden können. Dem würde ich mich aber gerne aussetzen, denn nur so fühlen Kinder sich ernst genommen."
Sie haben die Figuren in Ihrer Adaption nicht einfach schwarz-weiß gezeichnet, sondern sie durchaus ambivalent dargestellt, z. B. die Mutter.
"Ja, wir haben sehr darauf geachtet, dass die Stiefmutter nicht hässlich, dick und doof ist, sondern sehr erotisch. Das war mir ein großes Anliegen, denn die Wurzel der Eifersucht ist das Aschenputtel, das ja eine Frau wird. An einer Stelle habe ich schon eingegriffen in das Märchen, denn ich verwehre mich gegen dieses 'Was reißt uns heraus aus dem Alltag? – Der Mann!': Das Aschenputtel erkennt rechtzeitig, dass es nicht nur um den Mann und das Sich-ihm-Anbieten in der schönsten Pracht gehen kann, denn eine Beziehung, die nur auf Äußerlichkeiten beruht, ist schlecht."
Wie sind Sie darauf gekommen, alle Figuren, besonders aber Vater und Schwestern, an bestimmten Stellen in die Kamera blicken zu lassen?
"Ich will auf diese Weise die Kinder mitspielen lassen – die Stiefmutter versucht zum Beispiel die Kinder aufzustacheln, auf ihrer Seite zu sein. Für mich hat das ein bisschen den Kasperltheater-Effekt, den ich selbst immer sehr gern hatte. Die Kinder sollen etwas mehr einbezogen werden und nicht das Gefühl haben: Das hat mit mir nichts zu tun. Rund um das Aschenputtel versuchen alle, die Sympathien und das Verständnis der Kinder zu erreichen, die aber zwangsweise dem Aschenputtel gehören, weil sich alle nur mit ihm identifizieren."
Wie haben Sie diese erstaunliche Hauptdarstellerin gefunden?
"Ich habe fast 100 Mädchen gecastet, und das Erschreckende ist, dass so viele ausschauen, als wären sie gerade aus 'Denver' oder 'Dallas' entsprungen, ich muss es leider so sagen. Das scheint so ein Zeitgeist-Outfit zu sein. Und ich dachte immer, das passt nicht, das kriegen wir nicht hin, mit falschen Locken und allem. Wie kriege ich Natur pur? Und dann kam ganz spät – bei einem letzten Casting in Berlin – dieses Mädchen, Petra Vigna, und ich wusste, sie ist keine Schauspielerin, aber sie ist es. Sie hat einen Zauber. Ich fand dann auch die Sprache – dass alles nicht so gekonnt, nicht so perfekt war – gerade passend."
Wo fanden die Dreharbeiten statt?
"Wir haben hauptsächlich in Berlin gedreht und außerdem im Schloss Moritzburg bei Dresden/DDR. Die Anfangssequenz entstand in Lübars (Berlin)."
Möchten Sie weiterhin Filme für Kinder oder Märchenadaptionen machen?
"Ja, ich würde sehr gern für Kinder arbeiten, weil es für mich so ein reines, so ein klares, so ein authentisches Publikum ist, und ich bin damit eigentlich noch nie umgegangen. Ich glaube auch, dass für Kinder sehr wenig Gutes gemacht wird, und ich würde gerne für Kinder etwas erfinden, nicht nur Märchen, denn ich glaube, dass Kinder ein tolles Publikum sind. Es ist sicher schwieriger geworden im Zeitalter des Videoclips, wo alles so schnell gehen muss, so kurzatmig ist und alles so kurz abgehandelt wird, aber es ist auch reizvoll, jetzt einen Weg zu finden, die Kinder von dieser Schnelllebigkeit des Videoclip wieder wegzubringen. Fritz Kortner hat einmal gesagt: 'Auch das Gute hat eine Chance', und ich glaube, dass Kinder das letztendlich merken, genauso wie es Erwachsene auch merken."
Mit Karin Brandauer sprach Dagmar Ungureit
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