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Ausgabe 56-4/1993

MEIN NAME IST VICTOR

JE M'APPELLE VICTOR

Produktion: Les Productions Dussart /France 2 Cinéma /Spica Productions /PDG et Partners /Fidibus Film GmbH in Zusammenarbeit mit dem WDR, Frankreich / Belgien / Bundesrepublik Deutschland 1993 – Regie: Guy Jacques – Buch: Guy Jacques, Emmanuel List – Kamera: Jerome Robert – Schnitt: Susana Rossberg – Musik: Jean Claude Vannier – Darsteller: Jeanne Moreau, Claudio Bucella, Micheline Presle, Dominique Pinon u. a. – Länge: 100 Minuten – Farbe – Weltvertrieb: Mainstream, Alexandre Heylen, Rue Poncelet, F-75017 Paris, Fax (...) 47630762 – Altersempfehlung: ab 8 J.

Sommer 1978. Der elfjährige Basile lebt bei seinen Großeltern in einem kleinen französischen Dorf. Seine alleinstehende Mutter, die in der nahe gelegenen Stadt arbeitet, kommt nur gelegentlich zu Besuch. Regelmäßig sorgt der Großvater für Aufregung, wenn das Wasser für seine Krokodile in einem Kellerverlies bis in die Küche schwappt. Basile kümmert sich liebevoll um die alte Rose, die seit dem Zweiten Weltkrieg an den Rollstuhl gefesselt ist und zurückgezogen im ersten Stock des Hauses wohnt. Rose ist die Halbschwester von Basiles Großmutter und war einst eine schöne Tänzerin. Jetzt lebt sie fast nur noch in der Welt ihrer Erinnerungen, in deren Mittelpunkt der einstige Geliebte Victor steht. Victor war vor dem Krieg Rennfahrer und starb als Widerstandskämpfer einen Heldentod.

Fasziniert von Roses spannenden Geschichten und ihrer wunderlichen Foto- und Plattensammlung steigert sich Basile in die Vorstellung hinein, eine Reinkarnation von Victor zu sein. Da die von ihm angehimmelte sechzehnjährige Cécile zunächst nichts von ihm wissen will, versucht er sie mit der Behauptung zu beeindrucken, Victor lebe nun in der Gestalt Basiles ein zweites Leben. Mit viel Phantasie schmückt Basile die Episoden aus, die er von Rose über Victor hört, und gewinnt allmählich das Vertrauen Céciles. Als er ihr die Legende von der Insel der Verliebten erzählt, willigt sie sogar ein, mit ihm dorthin zu rudern. Zwar endet das Unternehmen anders als erhofft, doch dafür liefert Cécile ihm unfreiwillig den Schlüssel zur Auflösung eines bislang ungeklärten Rätsels im Leben von Rose.

Der Debütspielfilm des 1958 in Paris geborenen Regisseurs Guy Jacques steht unübersehbar in der Tradition des französischen "cinéma de qualité". Die französisch-belgisch-deutsche Koproduktion wurde mit großem Aufwand hergestellt und kann mit einer Riege prominenter Schauspieler aufwarten. Neben Jeanne Moreau als Rose treten Dominique Pinon, Micheline Presle, Maria Schrader und Ernst Jacobi auf. Vor allem mit Jeanne Moreau steht und fällt die anspruchsvolle Geschichte um den zentralen "Machttransfer", wie der Regisseur die poetische Verknüpfung der beiden Liebesgeschichten zu umschreiben versucht. Als Grundidee bezeichnete Jacques, "dass ein Junge sich der Erinnerungen einer alten Frau bemächtigt, um eine junge Frau, in die er verliebt ist, zu verführen und ihr weiszumachen, dass er reinkarniert sei". Zur überzeugenden Wirkung der sorgfältigen Inszenierung trägt neben der glänzenden Moreau auch der junge Hauptdarsteller Claudio Bucella bei, den der Regisseur aus sechzig Bewerbern auswählte.

Obwohl das Familiendrama von einem melancholischen Grundton bestimmt wird, fehlt es keinesfalls an humoristischen Szenen. Dagegen dürften die langen Sequenzen, in denen Rose aus ihrem Leben erzählt oder in denen Basile das Gehörte imaginativ umsetzt, die Geduld jüngerer Kinobesucher auf eine harte Probe stellen. Eher störend wirkt im Hinblick auf die atmosphärische Dichte der Filmerzählung die kurz vor Schluss eingeschobene Rückblende mit einem Luftangriff im Krieg, bei dem Roses Mutter ums Leben kam. Statt diese Szene der Imaginationskraft der Zuschauer zu überlassen, nutzte der Regisseur die Gelegenheit vor allem dazu, visuelle "productions values" zu schaffen.

Die von zahlreichen Fördereinrichtungen unterstützte Produktion wurde für die französische Reihe beim diesjährigen Filmfestival von Cannes ausgewählt. Der Film erhielt beim Festival von Angers im Januar 1993 den Publikumspreis für das beste Drehbuch. In Frankreich ist er bereits im Kino angelaufen. Da eine deutsche Synchronfassung beim Frankfurter Kinderfilmfestival zu sehen war, dürfte sich in Kürze auch ein deutscher Verleih finden.

Reinhard Kleber

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 57-4/1994 - Interview - Die Verwertungskette vorher planen

 

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