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Ausgabe 47-3/1991

DAS PONY VOM ERSTEN STOCK

Produktion: Nordisk Film Production / Danmarks Radio / Det Danske Filminstitut, Dänemark 1989 – Regie und Drehbuch: Erik Clausen – Kamera: Morten Bruus –Schnitt: Leif Axel Kjeldsen – Darsteller: Christina Haagensen (Rikke), Michael Falch (Rikkes Vater), Tammi Øst (Charlotte), Leif Sylvester Petersen (Ludvig), Erik Clausen (Uhrmacher) u. a. – Laufzeit: 85 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: atlas film + av / Cinekid – Altersempfehlung: ab 6 J.

Der dänische Film von Erik Clausen hat seit seiner Erstaufführung im September 1989 eine wahre Titel-Odyssee hinter sich. Die Geschichte der Bemühungen von Produzenten und Verleih, den amüsanten Familienfilm mit einem attraktiven Titel zu schmücken, ist selbst schon fast eine Kabarettnummer wert. Bei den Nordischen Filmtagen 1989 wurde Clausens sechster Film unter dem Titel "Tarzan Mama Mia" präsentiert. Als die Rechteinhaber der amerikanischen Tarzan-Filme Einspruch gegen diesen Titel erhoben, wurde der Film für das Kinderfilmfest der Berlinale 1990 in "Mig og Mama Mia" (zu deutsch: "Ich und Mama Mia") umbenannt. Die Duisburger Verleihfirma Atlas kündigte den Kinostart des Films unter dem Titel "Ein Pony für zwei" für den 11. April 1991 an. Auch dieser Name erwies sich als vorläufig – Atlas entschied sich für den neuen, klamaukigen Titel "Das Pony vom ersten Stock" mit dem Untertitel "Im Galopp durchs Treppenhaus" und verschob den Bundesstart auf den 6. Juni, der dann auf den 30. Mai vorgezogen wurde. Es bleibt für die armen Filmemacher nur zu hoffen, dass das lächerliche Gezerre damit beendet ist!

Doch worum gehts in dem Film, dessen Vertrieb im Rahmen des Media-Programmes der EG-Kommission von efdo gefördert wird, eigentlich? Die elfjährige Rikke lebt zusammen mit ihrem Vater in einem ärmlichen Viertel Kopenhagens. Seit ihre Mutter gestorben ist, versorgt Rikke einen großen Teil des Haushalts. In ihren Tagträumen sehnt sie sich immer wieder nach der Verstorbenen. Als die neue Lehrerin im Unterricht die griechische Sage vom geflügelten Pferd Pegasus erzählt, das angeblich Tote vom Himmel auf die Erde holen kann, macht sie auf eigene Faust bei einem Preisausschreiben mit und gewinnt dabei ein Pony. Der gutmütige Vater, der ihr unvorsichtigerweise beim Fernsehen versprochen hat, sie dürfe das Tier zu Hause halten, macht gute Miene zum bösen Spiel. Zum Glück stellt ein freundlicher Nachbar eine provisorische Unterkunft zur Verfügung, bis der tierliebende Stadtstreicher Ludvig eine bessere Lösung gefunden hat. Das Pony mit dem seltsamen Namen "Donald" wird in der Großstadt schnell zu einer Attraktion für Nachbarkinder und Schulfreunde. Bei einem Reitertreffen erfährt Rikke von einem Mädchen, dem das Pony früher gehörte, dass "Donald" eigentlich "Mama Mia" heißt. Als das Tier eines Nachts ausreißt und für einigen Trubel sorgt, beginnt Rikke zu verstehen, dass das Pony sich auf den ländlichen Wiesen bei der früheren Besitzerin wohler fühlen würde als auf den engen Hinterhöfen in ihrem Viertel. Doch dafür stellt sie erfreut fest, dass ihr Vater und die hübsche Lehrerin sich verliebt haben. Nun bekommt auch Rikke endlich wieder eine Mutter.

Der Regisseur erzählt die selbst geschriebene Geschichte geradlinig und ohne überflüssige Schnörkel. Die unterhaltsame Komödie ist gefällig inszeniert, ohne sich zu Spannungshöhepunkten aufzuschwingen. Clausen, der zugleich Drehbuchautor, Schauspieler und Maler ist, ließ sich zu der Geschichte von seiner Tochter anregen, die ihn eines Tages fragte, warum er nicht einmal einen Film über ein Pferd mache. Bei den Dreharbeiten, so berichtet er im Presseheft des Verleihs, gab er den kleinen Darstellern viel Freiraum für spontanes Spielen. Diese improvisierende Arbeitsweise hat sich offensichtlich ausgezahlt: Gerade die Kinder wirken stets unbekümmert und natürlich. Einige Ungereimtheiten in der Fabel hat Clausen dabei allerdings in Kauf genommen – so fragt man sich etwas verwundert: Wieso kann Rikke plötzlich so toll reiten?

Im Gegensatz dazu sind Anfang und Schluss des Films präzise überlegt und liebevoll ausgearbeitet. Zu Beginn verwandelt sich nämlich ein gemaltes Pferd per Stopptrick in ein gefilmtes galoppierendes Pony, während am Schluss ein Pferde-Foto in ein Pegasus-Gemälde überblendet wird.

Bei allem Humor verzichtet der Film nicht auf nachdenklich stimmende Aspekte. So bringt erst das Pony das Mädchen und ihren Vater, die sich im Alltag weitgehend auseinander gelebt haben, wieder einander näher. Auch die vereinsamten Großstadtmenschen in der Nachbarschaft finden durch das Tier neue Kontaktmöglichkeiten. Das Pony wirkt allerdings nicht bloß als Katalysator für verarmte zwischenmenschliche Beziehungen, sondern bringt sogar den trinkfreudigen Stadtstreicher von der Flasche weg.

Reinhard Kleber

 

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