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Ausgabe 58-2/1994

KAHLSCHLAG

Produktion: WDR/ARTE, Bundesrepublik Deutschland 1993 – Regie: Hanno Brühl – Buch: Dieter Bongartz – Kamera: Reinhard Gossmann – Schnitt: Margot Löhlein – Musik: Piet Klocke – Darsteller: Björn Jung, Natascha Bonnermann, Willi Herren, Miriam Rosenstiel, Roman Rien, Boris Ciszewski, Norman Matt – Länge: 105 Minuten – Farbe – FSK: ab 12 – Verleih: Kinder- und Jugendfilmzentrum in der BRD (16 mm) – Altersempfehlung: ab 14 J.

Robin hat den Kahlschlag gemacht: Er lässt sich eine Glatze schneiden, seine Jeans tauscht er gegen die Uniform der Skins. Anfangs will der 16-Jährige seine Umwelt nur provozieren: Lehrer und Mitschüler, seine geschiedene Mutter, mit der er sich nur noch streitet, den karrierebewussten Vater, den er nur selten sieht. Als ihm türkische Jugendliche seine Jacke klauen, ist das Maß voll. Er haut von zuhause ab und schließt sich seinen neuen Freunden aus der rechten Szene an. Der ideologische Kopf der Gruppe, der 40-jährige Bernd Joppen, nimmt den neuen Mitstreiter väterlich auf, und auch die 18-jährige Skinfrau Mascha scheint an ihm Gefallen gefunden zu haben. In der Gruppe fühlt sich Robin stark, wenn er mit den Kumpels Passanten erschreckt, Wände beschmiert und türkische Mitschüler bedroht. Erst als bei einem Überfall auf ein Jugendzentrum ein kleines türkisches Mädchen verletzt wird, das ihn an seine Schwester Marie erinnert, wird Robin klar, worauf er sich eingelassen hat. Er geht auf Distanz. Doch seine "Kameraden" lassen Abtrünnige nicht ungeschoren davonziehen. Am Ende wird Robin selbst Opfer der rechten Gewaltideologie.

"Kahlschlag" zeigt den Ausbruch eines Jugendlichen und seine Flucht in die rechte Gewalt von "innen" heraus, aus der Perspektive des 16-jährigen Robin, der mit sich und seiner Umwelt nicht mehr klarkommt. Mehrere Jahre recherchierte der Drehbuchautor Dieter Bongartz im rechtsradikalen Milieu. Erzählt wird eine realistische Geschichte, in der Skinheads nicht als Monster abgetan werden, sondern als "Kinder unserer Gesellschaft" auftreten – und das nicht als Entschuldigung.

Robins Unerfahrenheit und Unsicherheit entspricht die Hilflosigkeit seiner Umgebung: die gut gemeinte, aber wirkungslose Toleranz, mit der die Lehrerin über das Verhältnis von Deutschen und Ausländern diskutieren lässt; die Bereitschaft der Mutter, sich allzu schnell damit abzufinden, dass ihr "verirrter" Sohn wieder zurückkommen wird. Dass die Rückkehr aus dem rechten Sumpf allerdings gar nicht so leicht ist, zeigt Hanno Brühl mit beklemmender Schärfe. Wer sich dem Würgegriff der Gruppe entzieht, gilt als Abtrünniger, als Verräter, der nun selbst verfolgt wird.

Die Hauptrollen sind mit jugendlichen Laien besetzt, was zur Authentizität des Films beiträgt und gelegentlich auftretende schauspielerische Mängel aufhebt. Es ist vor allem das glaubwürdige Spiel des jugendlichen Laiendarstellers Björn Jung, das den Zuschauer in seinen Bann zieht und nachvollziehen lässt, wie Robin immer tiefer in die rechte Szene abrutschen kann. Im Spannungsverhältnis zwischen trotziger Rebellion und schüchterner Suche nach Anschluss und Anerkennung bietet er vor allem dem jugendlichen Publikum Identifikationsmöglichkeiten.

Irene Schoor

 

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KJK-Ausgabe 58/1994

 

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