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Ausgabe 90-2/2002

ON THE EDGE

Produktion: Hell's Kitchen / Universal International Films; Irland 2000 – Regie: John Carney – Buch: John Carney, Daniel James – Kamera: – Schnitt: – Musik: – Darsteller: Cillian Murphy (Jonathan), Tricia Vessey (Rachel), Jonathan Jackson (Toby), Stephen Rea (Dr. Figure) – Länge: 80 Min. – Farbe – FSK: Verleih: UIP (35mm) – Altersempfehlung: ab 14 J.

Es gibt wenige Filme, denen es gelingt, junge Menschen, die in seelische Not geraten sind, so vorzustellen und zu interpretieren, dass auch der anspruchsvolle Zuschauer sagt: Ja, hier stimmt eigentlich alles. "On the Edge" ist ein solcher Film. Seine Szenerie ist die Küstenlandschaft Irlands, seine Menschen sind junge Iren, unverkennbar, doch rasch aus dem Klischee genommen und vorgestellt als gefährdete Wesen. Zentraler Ort der Handlung: eine Klinik für suizidgefährdete Jugendliche.

Jonathan hat versucht, mit einem Auto über die Klippen ins Meer zu stürzen, aber er hat überlebt. Als er dem Psychiater der Anstalt gegenüber sitzt, verschließt er sich, er will hier nicht Patient sein. Aufbegehrend und scheinbar selbstbewusst, lässt er sein Gegenüber ins Leere laufen. Doch dieser Arzt versteht es, ihn anzunehmen. In stets bewahrter, fast unglaublicher Ruhe lässt er seine Patienten an sich herankommen, hört ihnen zu, gibt keine Anweisungen und führt sie allmählich auf die Ebene des Vertrauens, des Sich-Öffnen-Könnens. Jonathan hatte den üblichen Weg über Drogen genommen, um zu verdrängen und wollte abrupt sein Leben beenden. Nun also ist er in dieser Klinik. Bald trifft er auf Rachel, auch sie hat – wie Jonathan – ein Elternteil verloren, zum Vater besteht ein gestörtes Verhältnis. Allmählich versuchen die Beiden das anzuwenden, was sie von der Begegnung mit dem anderen Geschlecht zu wissen glauben. Sex rangiert vor Zärtlichkeit. Er soll sich auf sie legen, sie will begehrt sein, aber keine Küsse. Dabei fügt sie sich eine blutige Selbstverletzung zu. Lieber das als Gefühle zeigen. Und da ist Toby. Er kann erzählen, ist eher schüchtern, auch allein geblieben. Das gefällt Rachel mehr. Toby hatte seinem Vater noch viel sagen wollen, doch auf einmal war es zu spät, er starb. Wie beiläufig sagt er zu Rachel, er könnte ein perfekter Selbstmörder sein. Bei einem der schon üblich gewordenen Ausbrüche in Kneipen – es ist der Silvesterabend – passiert es dann fast unbemerkt: Toby, der sanfte Junge, rast mit einem Mercedes über die Klippen ins Meer.

Rachel und Jonathan beginnen langsam ihre Gefühle zu entwickeln, gemeinsam überstehen sie auch Rückschläge. Doch als Rachel gegen ihren Willen vom Vater abgeholt wird, will auch sie in den Tod. Jonathan kommt rechtzeitig mit einem gestohlenen Fahrrad, "ich will doch wissen, was aus dir wird". Nun endlich vermag sie zu weinen, sich zu lösen.

Jede Inhaltsangabe zu diesem Film muss lapidar wirken. sie kann nicht vermitteln, was in diesem feinfühligen Prozess von Selbstfindungsversuchen abläuft. Es war wohl Absicht, gerade die Schwierigkeiten nachvollziehbar zu machen, in die junge Menschen geraten können und aus denen sie nur mit großer Mühe, mit Geduld und in vorsichtiger Öffnung für einen anderen herausfinden können. Ein Film, der zu einem ernsten wie auch diffizilen Thema Signale setzt, er versteht sich wohl als ein Angebot für den Mut zum Leben. In subtiler Weise und unspektakulär sind junge Menschen in Krisensituationen dargestellt, ihre – nicht immer erfolgreichen – Versuche, Gefühlen wieder Raum und Worte zu verleihen. Mit einiger Sicherheit dürften auch schon die Jüngeren diese analytische, zum Nachdenken auffordernde Sicht annehmen, um die eigene Position in der Gesellschaft, die sie umgibt, zu reflektieren und vielleicht kann dies sogar hilfreich sein, wenn sie einem Freund in einer Krise begegnen. John Carney, der hier für Buch und Regie firmiert, gelang eine Studie, der man über die Kinoauswertung hinaus auch den Weg in die Archive von immer verfügbaren Lehr- und Motivationsfilmen wünscht.

Wolfgang Brudny

 

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