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Ausgabe 91-3/2002

YELLOW CARD

Produktion: Media For Development Trust; Zimbabwe / GB / USA 2000 – Regie: John Riber – Drehbuch: Andrew Waley, John Riber – Kamera: Sandi Sissel – Schnitt: Louise Riber – Musik: Steve Dyer – Darsteller: Leroy Gopal (Tiyane Tsumba), Kasamba Mkumba (Juliet), Ratidzo Mambo (Linda), Sibangani Collin Dube – Laufzeit: 90 Min. – 35mm – Weltvertrieb und Verleih: Media For Development Trust PO Box 6755, Harare, Zimbabwe Tel +263 4 701323/4 Fax +263 4 729066, e-mail: mfdvrc@web.co.zw, Internet: www.mweb.co.zw/mfd – Internet zum Film: www.yellow-card.com – Altersempfehlung: ab 14 J.

Afrikanisches Kino wird nicht unbedingt mit Genres assoziiert. Und so ist die Vorstellung einer afrikanischen Teeniekomödie zunächst einmal etwas befremdlich. Das hat jedoch mehr mit dem westlichen Blick auf die Vielfalt des afrikanischen Filmschaffens zu tun als mit der realen Situation. Alle Jahre wieder ermöglicht die rührige Kölner Gruppe "filminitiativ" interessierten Cinephilen und solchen die es werden wollen, einen Blick auf aktuelles afrikanisches Filmschaffen. Diesmal mit dabei war eine Fußball-Teenie-Komödie aus Zimbabwe:

Tiyane ist 17, ein begabter Fußballer des lokalen Teams der "Hyänen" und sein großer Traum ist es einmal für ManU (Manchester United) zu spielen. Er lebt in bescheidenen, aber nicht ärmlichen Verhältnissen in Zimbabwes Hauptstadt Harare und geht noch zur Schule. So wie seine Sandkastenfreundin Linda und seine Kumpels Skido und Nocks. Genau vor einem wichtigen Spiel verletzt sich Tiyanes Vater bei einem Unfall und nun muss der Junge die Familie bei der Hochzeit des Onkels repräsentieren. Verärgert und enttäuscht verlebt er eine Liebesnacht mit Linda, die nicht ohne Folgen bleibt. Doch die Hochzeitsfeier entpuppt sich als gar nicht so langweilig, vor allem, weil er dort Juliet kennen lernt, ein Mädchen aus der Oberschicht, der er sofort verfällt. Tiyanes Leben gerät fortan zum reinen Chaos. Linda wird schwanger, doch er will sich nicht mit der Situation und seiner Verantwortung auseinander setzen. Skido kommt mit Lungenentzündung ins Krankenhaus und alsbald wird bei ihm AIDS diagnostiziert. Dagegen scheinen Tiyane seine eigenen Probleme recht klein. Doch gerade als er anfängt, sich mit Juliet einzulassen und es auch mit seiner Fußballkarriere weiter geht, tut Linda etwas sehr Ungewöhnliches: Da ihr neuer Freund das Kind nicht akzeptiert, legt sie es Tiyane auf die Türschwelle. Der Moment der Wahrheit ist gekommen. Er muss es jetzt allen sagen, seiner Familie, in der Schule und vor allem der angebeteten Juliet.

Fußball ist in Afrika schon immer ein dankbares Thema gewesen. Doch im Gegensatz zu Filmen wie "Mr. Foot" von Jean-Marie Teno oder "Bando und der goldene Fußball" von Cheik Doukouré aus den frühen 90ern, steht der Sport hier – trotz des Titels – weniger im Mittelpunkt als das Schicksal des 17-jährigen Tiyane. Natürlich zeigt auch John Riber Bilder, die von der Begeisterung von Spielern wie Zuschauern dieses Sportes in Afrika zeugen. Vor allem aber geht es ihm in seinem Film um die Situation, in die sich Tiyane selber bringt. Denn was wie eine unbekümmert locker-flockige Teenie-Komödie mit peppiger Musik beginnt, wird schon alsbald vom Ernst afrikanischen Alltags eingeholt: AIDS, ungewollte Schwangerschaft und eine versuchte Abtreibung, die fast mit Lindas Tod endet. All das sind Themen, die zwar afrikanische Realität sind, im Kino des Kontinents aber selten so entwaffnend offen und frech angegangen wurden. Es ist ein Verdienst der – wenn auch zuweilen etwas zögerlichen – Regie und der frisch aufspielenden Darsteller, dass daraus trotzdem kein moralinsaurer Belehrungsfilm wurde. Klassen- und Rassenunterschiede spielen hingegen keine Rolle: So kommen die gemischtrassige Juliet aus reichem Hause und der schwarze Tiyane fast selbstverständlich zusammen, was angesichts der realen Zustände in Zimbabwe – zumindest für europäische Augen – etwas geschönt erscheint. Allerdings sollten Klassen- und Rassenfragen auch nie Thema sein; und niemand kann von nur einem Film die umfassende Wahrheit erwarten.

Den Filmemachern ging es vor allem um Fragen von ungeschütztem Sex, AIDS und ungewollter Schwangerschaft. So ist auch die Wendung zu verstehen, dass Linda das Baby auf Tiyanes Türschwelle ablegt. Sie soll den männlichen Jugendlichen, die dieser Film anspricht, klarmachen: "Auch Jungs kriegen Babys" (so eine Überschrift auf der ebenso flotten wie informativen Web-Site des Films). Und bei all dem Ernst, der unseren Helden umgibt, gelang es Riber, daraus eine Teenie-Komödie zu machen, die diesen Namen verdient. Mit frecher Situationskomik und angereichert mit ebenso lebendigen wie witzigen Nebenfiguren. Es ist genau diese Mischung aus Ernst und Komik, die ihr Publikum ernst nimmt und dabei dennoch unterhält, die man bei den meisten Hollywood-Teeniefilmen der letzten Jahre schmerzlich vermisst.

Lutz Gräfe

 

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