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Ausgabe 61-1/1995

IN DICH HABE ICH VERTRAUEN

NA TEBJA UPOWAJU

Produktion: "12 A" Film Studios Moskau in Zusammenarbeit mit "Studio One" Belorussland, 1992 – Regie: Elena Tsiplakova – Buch: Nadezhda Pokornaya – Kamera: Ilia Diomin – Schnitt: Natalia Volchek – Musik: Valery Miagkikh – Darsteller: Evguenia Dobrovolskaya, Irina Rozanova, Natascha Sokoreva, Vladimir Ilyn – Länge: 81 Min. – Farbe – Vertrieb: "12 A" Film Studios, A.Mikhail pv, Moskau, Fax 0070 95 2003203 – Altersempfehlung: ab 14 J.

Einer der beeindruckendsten Filme des Internationalen Kinder- und Jugendfilmfetivals in Bellinzona 1994 war der Beitrag der russischen Filmemacherin Elena Tsiplakova. Sie setzt sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in ihrem Land nach dem Ende des Kommunismus auseinander, indem sie das Schicksal eines 17-jährigen Mädchens schildert, das einen neuen Anfang in einem Heim für Sozialwaisen sucht.

Alla, 17 Jahre, allein stehend und ohne Existenzminimum, ist schwanger. Psychisch am Ende, entbindet sie in einem Bahnhofswartesaal und verlässt das Neugeborene, da sie sich in ihrer hoffnungslosen Situation nicht in der Lage sieht, noch für ein Kind sorgen zu müssen. Aber das Gefühl der Schuld verfolgt sie so sehr, dass sie versucht, sich das Leben zu nehmen. Sie wird gerettet und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Doch erst in einem Kinderheim, dessen geldgierige Leiterin sie besticht, um dort arbeiten zu können, beginnt Alla wieder zu leben. Nach und nach bekommt sie auch seelisch die Kraft, um sich der ihr anvertrauten Kinder aus zumeist gestörten Familienverhältnissen anzunehmen. Je mehr Engagement sie in ihrer Arbeit entwickelt, umso öfter gerät sie in Konflikt mit der Heimleitung und mit einigen Mitarbeitern, die nur an sich denken. Nicht nur, dass sie im Umgang mit den Kindern lieblos sind, sondern sie lassen zudem Essensvorräte, wie Fleisch, was für die Kinder gedacht war, mitgehen. Während Alla lernt, im Interesse der Kinder zu handeln, wächst ihr selber Lebensmut zu. Als sie in der Nähe des Bahnhofs einen streunenden hungrigen Jungen sieht, ist sie fähig, auf ihn zuzugehen und ihn in die Arme zu nehmen.

Der Film schildert realistisch und ohne Diffamierung des Einzelnen eine egoistische und kaltherzige Gesellschaft. Unpathetisch wird vermittelt, dass unter solchen Verhältnissen Kinder die Leidtragenden sind. Auch wenn sie durch Adoption dem Heim enthoben werden, heißt das noch lange nicht, dass es ihnen in den neuen Familien besser gehen wird. Beklemmende Szenen – wie gut betuchte Leute sich das beste Stück "Kind" aussuchen – machen die Zwiespältigkeit dieser Adoptionen deutlich. Noch lange im Gedächtnis bleiben die Kindergesichter, die offensichtlich selbst erfahren haben, was sie im Film darstellen. Zur Glaubwürdigkeit des Films trägt bei, dass er nicht in das Klischee vom "tristen Heim" verfällt, sondern die Geschichte in einem normalen, gut ausgestatteten Heim spielt. Umso deutlicher tritt die kalte Atmosphäre, die von dem dort beschäftigten Personal ausgeht, hervor, wobei hinter der Kaputtheit der Einzelnen immer ein sehr persönliches Schicksal steht.

Elena Tsiplakovas Film ist auch ein beeindruckendes Beispiel für einen Neuanfang in der russischen Kinder- und Jugendfilmproduktion. Hergestellt wurde er im Studio "12 A", das zur Rolan-Bykov-Stiftung, einer internationalen Institution zur Förderung von Kino und Fernsehen für Kinder und Jugendliche, gehört. Der Initiator, dessen Namen diese Stiftung trägt, machte sich auch bei uns einen Namen als Schauspieler in dem Film "Die Kommissarin" von Alexander Askoldov und als Regisseur der "Vogelscheuche" ("Tschutschelo"), einem der ersten sog. Perestroika-Filme. In dem gleichen Studio entstand auch der Film "Oblako-Rai" ("Luftschloss") von Nikolai Dostal (Beitrag u. a. beim Intern. Kinderfilmfestival Frankfurt 1991). Elena Tsiplakova machte nach dem Studium an der Moskauer Filmhochschule VGIK zunächst Karriere als Schauspielerin, bevor sie 1989 als Regisseurin debütierte. "In Dich habe ich Vertrauen" ist ein Film über Kindheit, der einen tiefen Eindruck hinterlässt.

Hans Strobel

 

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